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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Unterschätzt man die Weltkonjunktur?

21. Juni, 2008 · 1 Kommentar

Mit diesem Beitrag möchte ich an meine (augenzwinkernde) Aufforderung anknüpfen, die großen Sorgen um die Zukunft der Menschheit und konkret um die Zukunft der Wirtschaft einmal (um der Ãœbung halber) zu überprüfen… Und vielleicht noch an die Äußerung “Im Moment gewinnt man den Eindruck (?), die Rezessionsangst war doch ein bisschen übertrieben — ich meine: ein Soft Landing scheint noch machbar und auch wahrscheinlich…”

Die Rede ist von der globalen Konjunktur, die sich noch ganz, ganz robust präsentiert. Einen lebhaften Eindruck von ihrer Dynamik hat der Autor von weissgarnix.de an einer Industriekonferenz gewonnen.

Von einer Rezession haben die teilnehmenden Unternehmen so gut wie gar nichts gespürt, vielmehr berichten sie von knappen Ressourcen und Auftragsbüchern, die für das nächste und gar für das übernächste Jahr gut gefüllt seien. Die Umsätze konnten spektakulär gesteigert werden, die Gewinne wachsen mit zweistelligen Raten… Noch bemerkenswerter: Die Finanzierung bricht nicht ab, die Banken vergeben Kredite und/oder die Finanzlage sowie die niedrigen Verschuldungsquoten erlauben es sogar, über Aktienrückkaufprogramme (weiter) nachzudenken…

Die dort vertretenen Unternehmen seien international tätige Konzerne, darunter viele aus den USA. Diese spürten natürlich den Soft Spot in ihrem Heimatland, ihre internationalen Geschäfte würden aber die schwächelnde Entwicklung “Zuhause” überkompensieren.

Die Rezession erscheine somit, zumindest im Kontext der Weltwirtschaft und der weltweit operierenden Unternehmen, ziemlich entfernt… Was bereits einen Mix aus Sorgen und Faszination verursacht, ist die Inflation, die man überall – von den Löhnen in den Schwellenländern bis hin zu den Rohstoffpreisen – sieht.

Warum ein “Mix” und warum “Faszination”? — Folgendes Zitat aus dem ersten Kommentar zum Artikel (von Quadrillion) erklärt es:

Um Jens O. Parsson (von Jim Puplava zu zitieren):

“Jeder liebt die Anfangsphase einer Inflation. Die Effekte am Anfang sind alle gut.

Es gibt einen starken Anstieg der Geldmenge, steigende Ausgaben der Regierung, Haushaltsdefizite, boomende Aktienmärkte, unglaubliche Prosperität; alles bei noch stabilen Preisen. Alle profitieren, keiner muss draufzahlen. Das ist der erste Teil des Zyklus.

Später im Zyklus sind die Effekte andererseits alle schlecht. Die Regierung wird wohl weiterhin die Geldmenge erhöhen, aber die anderen Effekte stellen sich nicht mehr ein. In der Schlussphase gibt es abnehmenden Wohlstand, Geldknappheit, fallende Aktienkurse, steigende Steuern, und schwindelerregende Geldmengenexpansion, sich ausweitende Defizite, jetzt aber begleitet von steigenden Preisen und der Wirkungslosigkeit herkömmlicher Bekämpfungsmethoden. Jeder zahlt drauf und niemand profitiert. Das ist der Gesamtzyklus einer jeden Inflation.”

Mit einem ähnlichen Mix aus Sorge und Faszination beobachten auch die Börsianer das Geschehen an den Aktienmärkten und in der Wirtschaft.

Die Inflation verursacht zusehends einen Anstieg der Zinsen sowohl am kurzen als auch am langen Ende. Das ist für die Aktien nicht gut. Die steigenden Energiepreise entziehen den Konsumenten Kaufkraft und werden auch als gestiegene Kosten in den Bilanzen der Unternehmen mit Sicherheit sichtbar. Das ist für die Aktien auch nicht gut.

Jedoch: Die Dynamik der Weltkonjunktur ist beachtlich, das Finanzsystem könnte sogar standhalten (stellen Sie sich nur vor! ;-) ), die Notenbanken stehen Wache und vor allem die Unternehmen bleiben dabei, Umsätze und Gewinne zu generieren, zu steigern und produktiv(er) zu sein… (Die steigenden Preise findet man auch in den Bilanzen der Unternehmen wieder — bei den Umsätzen).

Wie soll man nicht hin- und her gerissen sein?

Trotzdem: Es ist schön zu hören, dass die Konjunktur und der Business gut laufen. Die Weltkonjunktur sollte man wahrscheinlich bloß nicht “unterschätzen” (ähnlich wie man den amerikanischen Verbraucher in den vergangenen ein paar Jahren – und womöglich heute noch – bloß nicht unterschätzen sollte). Aber dieses Inflations- und Zinsumfeld (steigende Zinsen!) gefallen mir nicht. Bald steigen die Renditen der Festverzinslichen auf attraktive bzw. schmerzhafte Niveaus. Auf die schöne, aber sehr zyklische Dynamik etwa in der Investitionsgüterbranche (von der es in erster Linie oben die Rede war) kann man nicht alleine setzen. Nach den ersten stimulierenden (aufpuschenden) Wirkungen der Inflation dürfen wir auch die nicht so angenehmen Folgen erwarten.

Ich glaube, die Börsen spüren das bereits, sie wollen scheinbar den zweiten Test (der Tiefstände) bzw. etwas mehr Risiko-Puffer. Die Börsen reagieren in der Regel viel sensibler auf die Zinsentwicklung und auf Frühindikatoren… Mit gemischten Gefühlen warten wir also ab. Anfälligkeiten und Aktienverluste sind trotz guten Geschäften wahrscheinlich; Zusammenbruch und große Verwerfungen an den Börsen sind wegen guter Geschäfte (und solide Bewertungen) wohl eher unwahrscheinlich. Wie meinte einmal Robert von Heusinger? — “Wellblechbörse“…

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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