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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Im Zeichen der Inflation

16. Juni, 2008 · 4 Kommentare

Lange Zeit war ich einfach zu beschäftigt, um hier die Notizen weiterführen zu können. In der letzten Woche ist aber Einiges passiert, was unbedingt Erwähnung finden soll.

Mit das wichtigste Ereignis war das Statement von Jean-Claude Trichet, Präsident der EZB, bezüglich der geldpolitischen Aussichten in der EU. Es ist einfach ziemlich eindeutig — die EZB bereitet die Märkte auf eine Zinsanhebung beim nächsten Meeting im Juli vor. Der andauernde Inflationsdruck, die Ausweitung der Geldmenge sowie die noch ziemlich robuste Verfassung der europäischen Wirtschaft machen es, nach Ansicht der EZB, notwendig, keine “Zweitrundeneffekte” durch den Inflationsanstieg zuzulassen sowie die mittelfristigen Inflationserwartungen fest im Griff und niedrig zu halten. Die Schlüsselpassage aus dem EZB-Statement war wohl diese:

On the basis of our regular economic and monetary analyses, we decided at today’s meeting to leave the key ECB interest rates unchanged. At the same time, we noted that risks to price stability over the medium term have increased further. Inflation rates have risen significantly since the autumn of last year, owing mainly to strong increases in energy and food prices. HICP inflation is now expected to remain high for a more protracted period than previously thought. Upside risks to price stability over the medium term are also confirmed by the continuing very vigorous money and credit growth and the absence of significant constraints on bank loan supply up to now. At the same time, the economic fundamentals of the euro area are sound. Against this background, we emphasise that maintaining price stability in the medium term is our primary objective in accordance with our mandate. The Governing Council is monitoring very closely all developments. It is in a state of heightened alertness. By acting in a firm and timely manner, we will prevent second-round effects and ensure that risks to price stability over the medium term do not materialise. It is our strong determination to secure a firm anchoring of medium and long-term inflation expectations in line with price stability.

EZB.eu, Introductory statement with Q&A, 5 June 2008

Und auch insgesamt, weltweit, rückt die Inflationsprblematik (wie vorauszusehen war) immer stärker in den Fokus von Anlegern und Notenbankern. Die letzteren unternehmen (zusehends) entschiedenere Schritte gegen die Geldentwertung: kleinere und auch etwas größere Notenbanken im asiatischen und lateinamerikanischen Raum (Vietnam, Indonesien, Indien, die Philippinen, Chile, Brasilien etc.) haben in dieser und voriger Woche die Zinsen nochmals angehoben, die Bank of China hat den Mindestreservesatz erneut heraufgesetzt. Bank of Canda überraschte die Märkte, in dem sie den Leitzins nicht wie erwartet senkte, sondern bei 3 Prozent beließ.

Inflation und steigende Zinsen sind eng verknüpft mit der wohl letzten großen Blase, die wir zurzeit an den Finanzmärkten beobachten können — der starken Verteuerung der Rohstoffe, allen voran vom Öl.

Dies werden, bin ich mir sicher, auch die Themen sein, die wir in – hoffentlich – gewohnter Regelmäßigkeit in den nächsten Tagen detaillierter besprechen werden. Vorher noch einige Links zu Meinungen aus dem Web (vielleicht ist eine dabei, die Sie übersehen haben):

Ein kleiner Auszug aus “Die EZB wird die Zinsen erhöhen” von Uwe Richter:

Wenn die EZB jetzt voreilig Härte zeigt und die Zinsen erhöht, um die Inflationserwartungen zu zähmen, dann schießt sie über das Ziel hinaus, denn die längerfristigen Erwartungen (über zwei und fünf Jahre) liegen genau auf ihrer Zielmarke. Ein Glaubwürdigkeitsproblem hat die EZB also nicht. Und sie hat es in den 10 Jahren ihres Bestehens nie gehabt. Hier scheint es einigen Herren in Frankfurt an Selbstvertrauen zu mangeln. Das Mittel mit dem die moderne Geldpolitik die Inflation zu steuern versucht, nämlich über höhere Zinsen die Nachfrage zu dämpfe, wird die Glaubwürdigkeit der EZB in der jetzigen Lage nicht erhöhen. Es ist viel eher geeignet ihrer Reputation zu schaden.

Die FTD sieht es etwas anders:

Viele Ökonomen fressen der Fed immer noch aus der Hand. Daher kommt die Ankündigung der EZB einer Zinserhöhung nahezu einer Revolution gleich. Es ist höchste Zeit dafür.

… und beschreibt mit (vernehmbarer) Genugtuung die Verdutzung der Analysten:

Die Volkswirte sind verdutzt. Ãœblicherweise laufen im elektronischen Postfach dieser Zeitung rund drei Sekunden nach Ende der Zins-Pressekonferenzen der EZB circa 400 Einschätzungen von Bankvolkswirten rund um die Welt ein, die quasi alle dasselbe sagen. Nachdem die EZB vergangene Woche eine Zinserhöhung von 25 Basispunkten auf der nächsten Sitzung angekündigt hatte, blieb das Postfach lange leer. Am besten hat es später Goldman Sachs auf den Punkt gebracht: “Wir sind ebenso bestürzt wie alle anderen.”

Und wieder beim Herdentrieb — Dieter Wermuth zur Frage “Was höhere Zinsen für die Märkte bedeuten“.

Und da uns dies alles unweigerlich auch an die unangenehme Stagflation der 70er erinnert — Ein Blick zurück in die 70er von weissgarnix.de.

Und letztendlich zur Geldpolitik der Fed, die sich womöglich auch wieder ein bisschen mehr an die Inflatiosentwicklung anpassen wird — Real Time Economics, Fed Should Seek to Manage Risks on the Way Up, Too:

The Federal Reserve seems in recent months to have taken a risk-management approach to fighting economic weakness, cutting rates sharply to avoid a worst-case scenario of what officials have referred to as a possibly “severe” downturn.

They should take the same approach to raising rates now that those risks have receded and the sooner the better — at least when it comes to articulating that strategy.

Bis bald…

Kategorien: Frontpage · Inflation · Zinsen

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