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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Inflation ist für die Aktien günstig

20. November, 2007 · 6 Kommentare

Eigentlich etwas ärgerlich, dass Thomas Müller auf boerse.de gerade das schreibt, was ich hier auch ansprechen wollte: Inflationäre Notenbank-Geschenke.

Andererseits habe ich es im Blog öfters erwähnt: Die Inflation ist für die Aktien eigentlich günstig. Denn Aktien bieten als (Fast-)Sachwerte einen guten Inflationsschutz. Das Preisniveau (woran sich letztendlich die Inflation misst, egal ob die eine oder andere statistische Methode) sind die Preise, die die Unternehmen für ihre Produkte und Dienstleistungen setzen und einnehmen. Steigen diese, steigt auch die nominelle Bewertung der Unternehmen, die eben diese Produkte und Dienstleistungen erstellen (können). Das ist sicher nichts Überraschendes für die Leser.

Die negativen Folgen für den Aktienmarkt, die bei inflationären Tendenzen impliziert werden, kommen durch die Maßnahmen der Notenbanken, die Inflation zu begrenzen.

Das ist vielleicht auch die richtige Stelle, deutlich zu machen, dass sich eine zu hohe Inflation – gar keine Frage -negativ auf die Wirtschaft auswirkt (daher kümmern sich die Zentralbanken um eine relative Preisstabilität). Die Inflation “bestraft” die Gläubiger und begünstigt die Schuldner. Wenn sie zu hoch ist, wird der Kreditmechanismus gestört, die Gläubiger verlangen immer höhere Kompensation für ihr Geld (sprich: Zinsen). Die Inflation kann auch zu einer Hysterie ausufern, so dass sogar die völlige Verweigerung, Kapital zur Verfügung zu stellen, eintritt. In unserem kreditfinanzierten Wirtschaftssystem ist die Folge klar — Stillstand der Wirtschaftsaktivität. Darüber hinaus fördert eine zu hohe Inflation “ungesunde” Verhaltensweisen bei den Konsumenten (ohne hier zu vertiefen, ich erwähne es nur).

So, bevor ich wirklich zu langweilig werde, nur noch dies: eine zu hohe Inflation ist schlimm für die Wirtschaft, so dass auch bei einer positiven nominellen Auswirkung auf die Börsenkurse, die realen Effekte unterm Strich wohl negativ ausfallen. Die Frage ist aber, was ist zu hoch.

Nun, Inflationsraten von etwa 3 Prozent sind nicht besonders hoch. Von solchen Inflationszahlen wird die Wirtschaft wohl kaum zusammenbrechen, und die Kapitalgeber werden ihr Geld sicher nicht verstreckt zurückhalten. Aber die Investoren haben sich anscheinend in den letzten Jahren daran gewöhnt, dass in der Welt ein desinflationäres Umfeld vorherrscht, die Zinsen entsprechend niedrig sind und – by the way – der Vertrauen in der Fähigkeiten und dem Willen der Notenbanken, die Inflation niedrig zu halten, groß.

Thomas Müller meint hierzu, dass die Notenbanken (allen voran natürlich die Fed) die Inflation etwas stärker laufen lassen werden, als von den Marktteilnehmern eigentlich erwartet. Vielleicht hat die Fed auch keine andere Chance, würde sie eine harte Landung der US-Konjunktur vermeiden wollen. Die schnelle und sehr entschiedene Reaktion auf die Kreditkrise (50 BP Zinssenkung im September und 25 BP gleich darauf im Oktober) deuten darauf hin, dass die “Rettung” der Konjunktur (vielleicht auch der großen Akteure) im Vordergrund steht, und die Inflation (solange sie sich im “bescheidenden” unteren einstelligen Bereich bewegt) die kleinere Sorge ist.

Thomas Müller verweist daher ganz zurecht darauf, dass – gegeben die aktuellen Zinsen am Kapitalmarkt – der Werterhalt der (gängigen) nominellen Produkte massiv in Gefahr gerät (festverzinsliche Papiere mit “Investment-Status”, also jetzt nicht gerade die Junk Bonds oder die hintersten Dritte-Welt-Anleihen). Selbst anhand der offiziellen Inflationsstatistik, geschweige denn anhand der nicht-hedonischen Inflationsrechnung oder der “gefühlten Inflation”.

Thoms Müller sieht also die Fed “inflationieren”, und bezeichnet das als “Blankoscheck” für die Fortsetzung der Hausse. Wenn man dieser Logik folgt (was ich tue), könnte man bald erwarten, dass das Kapital den Inflationsschutz der Aktien suchen wird und die Kurse entsprechend in die Höhe treibt.

Die Alternative wäre – keine Inflation (vielleicht aufgrund rezessiver Tendenzen oder regelrechter Rezession). Nur, das würde bedeuten, dass die Fed die Zinsen noch offensiver senken kann. Die mittel- und langfristigen festverzinslichen Anlagen können für eine gewisse Zeit etwas mehr Wert bieten (reale Verzinsung und evtl. Kurssteigerungen). Das Zinsniveau würde sich aber bald grotesk verbilligen. Natürlich können die Gewinne der Unternehmen verschwinden, aber in einem insgesamt ungestörten globalen Wirtschaftsumfeld (schauen sie doch auf die langfristige Entwicklung, nicht die kurzfristigen Probleme!) ist das einerseits nicht sehr wahrscheinlich, und andererseits werden die Unternehmen langfristig doch locker mehr verdienen als die Kapitalkosten.

Kategorien: Frontpage · Inflation

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6 Kommentare bis jetzt ↓

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