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Börsennotizbuch

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Ein lauer Aktiensommer?

17. Juni, 2008 · 2 Kommentare

Thomas Müller von boerse.de verbreitet weiter Optimismus. In seiner neuen Kolumne wiederholt er die relative Unterbewertung der Aktien: Er hebt die hohen Dividendenrenditen hervor, die dicht an die Verzinsung von festverzinslichen Staatsanleihen heranreichen. Wie jeder weiß, sind die Dividenden zwar nicht sicher (kein Zahlungsversprechen), dafür glänzen die Unternehmensanteile noch mit einer dicken Aktienrendite (Gewinn pro Aktie). Alles zusammen ergibt deutliche Vorteile gegenüber den langlaufenden Festverzinslichen, die nur einen mageren, wenn überhaupt einen nennenswerten realen Wertzuwachs versprechen können.

Erwähnenswert ist auch die Beobachtung (die ich auch des öfteren gebracht habe), dass sich die Aktien trotz massiver Hindernisse, Beunruhigung und Liquiditätssorgen insgesamt sehr tapfer halten. Spricht dies nicht dafür, dass ein Großteil der Papiere in starken Händen untergebracht ist, die voll bezahlt haben und warten können?

Die Subprime-Krise ist zwar noch nicht beendet, aber die Börsen-Panik liegt hinter uns. Dabei muss berücksichtigt werden, mit welch ungewöhnlich heftigen Trendbewegungen die Aktienbörsen konfrontiert waren. Der Euro kostete im August noch 1,35, im Mai aber 1,60 Dollar. Und der Rohölpreis ist von 88 Dollar im Februar um 52% bis 133 im Mai explodiert. Sobald aus diesem Hype die Luft rausgeht, bekommen die Märkte eine erhebliche psychologische Unterstützung.

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Generell bin ich auch zuversichtlich, erwarte aber eine eher langsamere Entwicklung.

Das globale Zinsumfeld gestaltet sich zurzeit für die Aktien nicht gerade vorteilhaft. Die Zinsen steigen vielerorts — angefangen von den US-Bonds über die Unternehmensanleihen und Hypothekenzinsen bis hin zu den Spreads der wichtigen Liquiditätsindikatoren (und “Vertrauensindikatoren”) wie LIBOR und EURIBOR, die noch ungewöhnlich hoch über den entsprechenden Zentralbanksätzen liegen. Die Subprime-Krise scheint in der Tat weitestgehend ausgestanden zu sein, Spannung ist allerdings noch da (eine “Rest-Spannung”). Ganz ruhig schlafen können wir also nicht — die Banken (mit ihren Liquiditäts- und Eigenkapitalsorgen) stellen immer noch einen ziemlich fragilen Teil des Finanzsystems dar — Gott behüte, ein erneuter Stress käme auf sie…

Die insgesamt anziehenden Zinsen (die Bewegung ist – wohl bemerkt – keine dramatische, sondern eine schleichende) dürfen die Weltwirtschaft bald spürbarer abkühlen, aber vielleicht wichtiger: sie haben das Zeug, die Blase beim Öl platzen zu lassen. Im Moment gewinnt man den Eindruck (?), die Rezessionsangst war doch ein bisschen übertrieben — ich meine: ein Soft Landing scheint noch machbar und auch wahrscheinlich, wie ich eigentlich die ganze Zeit vermutet habe (daher bin ich die “Rezessionswetteeingegangen). Man kann hoffen, dass das Wachstum über die – nunmehr – global etwas restriktivere Geldpolitik geordneter heruntergefahren werden kann. Gleichzeitig verteuert man die Spekulation (mein Augenmerk liegt auf die Rohstoffe)…

Und hier irgendwo schließt sich der Kreis: Den tendenziell günstigen Aktien stehen jetzt anziehende Zinsen, Rest-Spannung aus der Banken-Krise und teurere Rohstoffe (inflations- und zinstreibend) im Weg. Die Wirtschaft (vor allem USA, aber auch Europa und global) scheint aber eher geordnet zu konsolidieren. In diesem Spannungsfeld würde ich etwas länger und etwas mehr Druck auf die Dividendentitel (im Vergleich zu Thomas Müller) erwarten. Das Umfeld bremst — das muss man, denke ich, einfach feststellen. Daher habe ich vor einem Monat Soros zitiert und einen erneuten Test der Tiefstände aus März in Aussicht gestellt.

Kräftigen Impuls können jetzt noch (massiv) fallende Ölpreise liefern. Das ist drin — aber wann? Bis es soweit ist, konterkarieren sich in meinen Augen die unterstützenden und die bremsenden Faktoren, so dass wir uns auf einen lauen Börsensommer einstellen dürfen (eher verlustanfällig, es sei denn das Öl kippt).

Ob es nun punktgenau so ablaufen wird — wer könnte das sagen!? In jedem Fall — den Abwägungen von Thomas Müller werde ich mich grundsätzlich anschließen. Nur, etwas mehr Zeit und etwas dickere Nerven darf man gern einplanen bzw. voraussetzen.

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