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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Das Geschäftsklima kühlt sich weiter ab. Die deutliche Divergenz zwischen Erwartungen und Lagebeurteilung bleibt.

24. Juli, 2008 · 1 Kommentar

Das Geschäftsklima in Deutschland hat sich nach den Berechnungen des Münchener ifo-Instituts im Juli erneut deutlich abgekühlt. Der ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 97,5 Indexpunkte (von 101,2 im Vormonat). Verschlechtert haben sich beide Komponenten — sowohl die Geschäftserwartungen als auch die Beurteilung der aktuellen Lage.

Insgesamt zeigten sich die deutschen Unternehmen in diesem Konjunkturzyklus sehr früh vorsichtig. Eine Stimmungstrendwende, am ausgeprägtesten bei den Erwartungen, konnte man noch im zweiten Halbjahr 2006 ausmachen. Seit Dezember 2006 begannen auch die Geschäftsbeurteilung sowie der Gesamtindex zu fallen. Dies stand insgesamt in gewissem Widerspruch zu den weiterhin guten Nachrichten aus den Unternehmen und der Konjunktur sowohl in Deutschland als auch in der Welt (selbst in den USA bleib das Wachstum bis zum Sommer 2007 robust).

Trotz Zurückhaltung bei den Erwartungen stieg der Geschäftsklimaindex in den vergangenen Jahren im Zuge eines kräftigen globalen Aufschwungs und guter Geschäfte auf historisch hohe Niveaus, so dass er selbst nach der scharfen Korrektur “nur” in die Nähe des langfristigen Durchschnitts zurückgefallen ist.

Das Untypische an den momentanen Werten ist die sehr große Diskrepanz zwischen Beurteilung der Lage und Erwartungen (zugunsten der Ersteren). Eine vergleichbare Konstellation gab es zuletzt erst 1991, damals jedoch auf etwas höherem Niveau.

Hier ist die Entwicklung der letzten 10 Jahre (für die langfristige Ansicht klicken Sie bitte auf die Grafik).

ifo Geschäftsklimaindex Juli 2008


Die geradezu pessimistischen Erwartungen sprechen gegen eine intensivere Investitionstätigkeit der Unternehmen, genau wie die bereits ausgewiesene Verlangsamung der Auftragseingänge und der Industrieproduktion. Allgemein wird geschätzt, dass das BIP im zweiten Quartal 2008 gegenüber dem Vorquartal zwischen -0,4 und -1 Prozent sinken wird. Alles in allem deutliche Zeichen, dass die deutsche Wirtschaft abkühlt.

Bis jetzt lieferte der Export die wesentlichen Impulse, doch, wie es scheint, beginnt sich die amerikanische Krise auszubreiten, was die Nachfrage aus dem Ausland langsam zurückgehen lässt. Indes blieb der heimische Konsum auch während der (zwei) guten Jahre eigentlich nur eine (leere) Hoffnung. Jetzt, wie auch Uwe Richter beim Herdentrieb bemerkt, ist es umso unwahrscheinlicher, von dieser Seite Unterstützung zu erwarten. Die Verbraucher, die bereits mit steigenden Lebenshaltungskosten und real sinkenden Einkommen konfrontiert sind, werden sich jetzt noch mit höherer Job-Unsicherheit auseinandersetzen müssen.

Wie ich bereits im Kommentar geschrieben habe, rechne ich mit einer allgemeinen Verlangsamung der Weltkonjunktur. Klares Decoupling kann ich mir nicht richtig vorstellen. Auch wenn die Emerging Markets bestimmt noch hohes Wachstumspotenzial haben, wachsen die Bäume nicht … hm … in Asien. Ohne die westlichen Verbraucher (und Kapital) wird der Aufschwung dort auf jeden Fall leiden. Mehrere Börsen, ehemalige (?) Lieblinge, sind bereits ziemlich eingestürzt (hier jedoch: Die Börsenverluste werden wohl nicht die ganze außerordentlich gute Performance zunichte machen; die Fortschritte in den letzten Jahren sind ganz real und werden ein entsprechend hohes Niveau rechtfertigen).

Vor diesem Hintergrund ist es nach wie vor spannend, inwieweit die Rohstoffpreise ihre Reise (nach oben) fortsetzen können. Das Öl ist schon etwas zurückgegangen, aber ich erwarte eigentlich einen regelrechten Sturz. Ob ich nicht irre? Gut, sehr gut möglich… aber …

Von den Unternehmen dürften in diesem und auch (mindestens) im nächsten Quartal eher durchwachsene Zahlen kommen. Die Börse wird dies nervös aufnehmen; schwache Wochen sind nicht ausgeschlossen. Ich meine, so schwach, dass das ohnehin – wie ich finde – attraktive Niveau noch mal unterboten wird.

Ja, der Sommer zeichnet sich nicht nur wettertechnisch als schwierig ab…

Kategorien: Frontpage · Wirtschaftsdaten

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