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Volkswirtschaftliche Nachfrageschwäche als großes Risiko für die Welt-Konjunktur

20. Mai, 2008 · 1 Kommentar

Wer eine gute, aber wenig aufmunternde Analyse wichtiger makroökonomischer Zusammenhänge der aktuellen Wirtschaftslage lesen möchte, dem kann man den neuen Artikel von Dieter Wermuth empfehlen: Geschockte Verbraucher.

Wie der Titel bereits verrät, wendet Dieter Wermuth den Blick auf die Nachfrageseite der Volkswirtschft(en), und was er da sieht, spricht – seiner Auffassung nach – leider nicht für ein glimpfliches Ende der konjunkturellen Schwierigkeiten, wie sie sich in den USA bereits deutlich abgezeichnet haben.

Ich weiß nicht, ob ich alle lehrreichen Details ansprechen kann und soll, aber ein paar Gedanken zum Text möchte ich zum Besten geben (zumal ich hier im Blog nicht gerade “zum Trübsal blase” und eine eher verträgliche Abwicklung der Krise und tendenziell stabile Aktienkruse erwarte).


Im Artikel dreht sich einiges um die Verteilung des Volkseinkommens, und da wir immer mehr von einer quasi globalen Volkswirtschaft ausgehen sollen — um die Verteilung des globalen Einkommens. Wie bereits seit einigen Jahren von den Volkswirten bemerkt, beobachtet man in den industrialisierten Staaten ein deutliches Absinken der Arbeitseinkommen am Gesamtvolkseinkommen. (Mehr dazu vielleicht hier: Lohnquote in Deutschland: Weiter im Sinkflug… oder auch Wirtschaft und Statistik: Einkommensentwicklung in Deutschland — wobei unter dem ersten Link ein Zitat von den Nachdenkseiten zu finden ist, wonach die Lohnquote in den USA seit Jahren konstant geblieben ist; übrigens, es scheint, dass diese Entwicklung auch in den Schwellenländern stattfindet).

Auf globaler Ebene beobachtet man zum Teil eine Umverteilung in Richtung rohstoffexporierende Länder und Emerging Markets.

Es ist schon richtig, dass ohne den Konsumausgaben der privaten Haushalte kein neuer Aufschwung zustande kommen kann, und noch viel schlimmer — die etwaige Verschlechterung ihrer Einkommenssituation wird die Weltwirtschaft bald in eine noch schärfere Konjunkturkrise führen.

Die Verschlechterung ist leider ganz greifbar — auf der einen Seite ist die höhere Energie- und Nahrungsmittelrechnung zu bezahlen, auf der anderen steht der zyklische Abschwung, der in den USA begonnen hat; und auf einer dritten vielleicht — die Kreditkrise, die die Fähigkeit und die Bereitschaft der Banken, Kredite zu gewähren, geschmälert hat (um nur diesen Punkt, den Wermuth anführt, zu erwähnen).

Ähnlich wie in einer Volkswirtschaft die zahlenmäßig wenigen Gewinner der Umverteilung die Nachfrageverluste der breiten Massen nicht ausgleichen können, so ist es unwahrscheinlich, dass die wenigen Gewinner der globalen Umverteilung — darunter etwa die Rohstoffexporteure und die Binnennachfrage der aufstrebenden (und noch stark wachsenden) Schwellenländer — die Nachfrageverluste der entwickelten Staaten werden kompensieren können.

Das Bild, das sich somit abzeichnet, ist: schwächelnde globale Nachfrage, ausgehend von den USA und dem Westen, die zu einer globalen Konjunkturschwäche führen wird.

Ist es so düster? Kann man nicht die Nachfrageseite irgendwie stimulieren?

Dieter Wermuth meint ernüchternd, dass die wichtigsten Konsumenten der Welt — die US-Bürger — es dieses Mal nicht schaffen werden: Sie haben kaum Ersparnisse, sie kommen schwieriger an Kredite (wirklich so?) und immer mehr Haushalte haben mit zu hohen Hypothekenbelastungen relativ zum Immobilienwert zu tun…

Gut, ich vermute, dieses Bild ist richtig umrissen, jedoch weiß keiner genau, wie die Mechanismen ineinander greifen werden. Es sind eigentlich zwei Bilder, die uns näher interessieren: Die Konjunkturentwicklung (samt Gewinn- und Einkommensentwicklung) und die (mittelfristige) Reaktion der Börse (ich wiederhole mich noch einmal: diese beiden verlaufen nicht parallel).

In einer ähnlichen Situation habe ich geschrieben: Vergessen Sie die Konjunktur!

In diesem Post (achten Sie bitte auf das Datum — 8. März 2007) heißt es noch:

Geld ist hier kein Problem [gemeint war das Aufkaufen von schlechten Hypotheken bzw. Hypothkenanbietern durch stärkere, vor allem staatlich unterstützte Institute] … es sei denn, wir haben Inflation zu bekämpfen. Sie kennen meine Ansichten hierzu: die Chancen stehen gut, dass die globalen Kräfte und Produktivitätswachstum die Inflation in Schach halten können, so dass wir glimpflich mit einer Konjunkturdelle davon kommen und genügend Geld in das System pumpen können, um eben credit crunches zu vermeiden.

Die Krise hat uns, 6 Monate später, etwas stärker durchgeschüttelt, aber die Dämme scheinen noch zu halten. Der andere Punkt ist wichtiger — die Inflation. Die verdammten globalen Kräfte haben schlapp gemacht. Aber, noch ist es nicht vorbei. Ich glaube, in der Analyse von Wermuth kommt gerade der Aspekt sinkender Inflation, vor allem bei einem (starken) Rückgang der Rohstoffpreise, etwas zu kurz. Dies wäre eine substanzielle Stimulation (auch psychologische)…

Nicht zu vergessen — die Produktivität ist in den USA zuletzt wieder angesprungen, die Kapazitäten nicht stark ausgelastet, und (um auf die Analyse zurückzukommen) die Unternehmen haben noch fette Margen, von denen sie gern etwas an die Verbraucher abgeben könnten. Es ist nicht gerade förderlich für die Gewinne, aber es ist ökonomisch sinnvoll (so dass sie es wahrscheinlich tun werden).

Zur Konjunktur — ich möchte keinem Wunschdenken verfallen, aber man kann im Hinterkopf behalten, dass sich die amerikanischen Verbraucher im Zweifel stets als robuster erwiesen haben als von den Volkswirten gedacht.

Die ersten Steuer-Checks sind, soweit ich weiß, bereits in den Briefkästen. Weitere stimulierende Maßnahmen werden wohl folgen. Die US-Notenbank hat mit Zinssenkungen der Krise entgegengewirkt, und zwar ziemlich rechtzeitig und ziemlich entschieden. Zunächst und immer noch galten die Zinssenkungen und die sonstigen Liquiditätsbeschaffungsmassnahmen (LBM ;-) ), den angeschlagenen Banken und den Finanzmärkten unter die Arme zu greifen, sollte sich die Krise da etwas beruhigen, stünden wir mit einer – meiner Meinung nach – ziemlich üppigen Liquidität da. Und sollte die Zinskurve steil bleiben, hätten die Banken auch Anreize, die Kreditvergabe zu intensivieren…

Es ist sicher so, dass in einem Konjunkturabschwung die Sparquote ansteigt. Da die Ersparnisse nicht sofort investiert werden (sonst — Aufschwung), werden sie an die Finanzmärkte wandern — zum Teil, um Schulden zu bezahlen (was die Banken und Gläubiger entlastet und sie wiederum zur Kreditvergabe ermuntert), zum Teil in die Festverzinslichen (weil alle so unsicher sind), aber auch zum Teil in die Aktienmärkte (wo sie unter Umständen auf wenig Angebot stoßen).

Uh, es ist etwas spät geworden… ich werde gern die Notizen morgen fortsetzen…

Kategorien: Analysen · Frontpage · Gesamtmarkt

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