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Die Inflationsrate in Deutschland geht etwas zurück, BIP-Wachstum überraschend kräftig

18. Mai, 2008 · 2 Kommentare

Das Statistische Bundesamt (Destatis) teilt mit, dass die Verbraucher­preisinflation in Deutschland im April 2008 bei 2,4% ggü. dem Vorjahresmonat lag. Zum Vormonat März 2008 verzeichneten die Preise einen Rückgang von 0,2% — damals lag die Jahresveränderungsrate bei + 3,1%.

Das Statistische Bundesamt schreibt hierzu in der Pressemitteilung:

Die vergleichsweise niedrige Teuerungsrate im April 2008 ist auf zwei Sondereinflüsse zurückzuführen: Im Jahresvergleich sanken insbesondere die Preise für Pauschalreisen (− 7,4%) und Beherbergungsdienstleistungen (− 0,4%). Dieses Ergebnis ist wesentlich bestimmt durch die frühen Osterferientage im März 2008; im Jahr 2007 war Ostern erst im April (Kalendereffekt). Im Bildungswesen wirkt sich die Einführung der Studien­gebühren in einigen Bundesländern vor einem Jahr (April 2007) erstmals nicht mehr auf die Teuerungsrate aus (Basiseffekt). Die Jahresteuerungsrate verringert sich durch diese beiden Effekte um jeweils 0,2%-Punkte.

Nach wie vor sind die stärksten Inflationstreiber die Energiepreise und die Preise für Nachrungsmittel. Die Jahresteuerungsrate ist vor allem durch gestiegene Preise für Mineralölprodukte geprägt.

Ohne Einrechnung der Preisentwicklung für Mineralölprodukte hätte die Teuerungsrate nur bei 1,7% gelegen. Kraftstoffe kosteten 8,8% mehr als ein Jahr zuvor (darunter Super: + 5,8% und Diesel: + 17,2%). Leichtes Heizöl verteuerte sich gegenüber dem Vorjahr mit 38,9% am stärksten. Auch die Preise für die anderen Haushaltsenergien stiegen binnen Jahresfrist deutlich (darunter Strom: + 7,3%; Gas: + 3,6%; Umlagen für Zentralheizung und Fernwärme: + 3,4%).

Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke erhöhten sich im April 2008 gegenüber April 2007 im Schnitt um 7,1% (davon Nahrungsmittel: + 7,3% und alkoholfreie Getränke: + 6,0%).

Auch die Euro-Inflationsrate ist im April etwas gesunken:

Die jährliche Inflationsrate der Eurozone1 lag im April 20082 bei 3,3%, gegenüber 3,6% im März. Ein Jahr zuvor hatte sie 1,9% betragen. Die monatliche Inflationsrate betrug im April 2008 0,3%.

Die jährliche Inflationsrate der EU3 lag im April 2008 bei 3,6%, gegenüber 3,8% im März. Ein Jahr zuvor hatte sie 2,2% betragen. Die monatliche Inflationsrate betrug im April 2008 0,4%.

Eurostat, Jährliche Inflationsrate der Eurozone auf 3,3% gesunken. In der EU auf 3,6% gesunken (PDF)

Im verlinkten Dokument (Eurostat) sind die Schlüsselinformationen und Tabellen mit der Inflationsentwicklung der Europäischen Länder (Eurozone und EU) enthalten. Deutschland befindet sich unter den 3 Ländern mit den niedrigsten Inflationsraten (nach den Niederlanden und Portugal [!]).

Unterdessen meldet man aus Deutschland überraschend positive Konjunkturdaten: Das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal legte um 1,5 Prozent zu und sei so stark wie seit 12 Jahren nicht mehr. Aus der Faz.net:

Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal trotz der Finanzkrise so kräftig gewachsen wie seit fast zwölf Jahren nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März um 1,5 Prozent im Vergleich zum Schlussquartal 2007 zu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Das ist das stärkste Wachstum seit Frühjahr 1996. „Die deutsche Wirtschaft hat sich am Anfang des Jahres 2008 auch bei zunehmenden Belastungsfaktoren als sehr robust erwiesen“, schrieben die Statistiker. „Über das gesamte erste Quartal gesehen, hat sich der wirtschaftliche Aufschwung des vergangenen Jahres damit unvermindert fortgesetzt.“

Dieser kräftige Anstieg freut uns alle natürlich, er könnte sich aber insofern als problematisch darstellen, als die Quartalszahlen des deutschen BIP seit einigen Jahren ein weniger verlässlicher Indikator für die “Gesundheit” der Konjunktur geworden sind. Hierzu schreibt Robert von Heusinger bei Herdentrieb, dass die Lagerkomponente einen zunehmend volatilen Einfluss (positiv wie negativ) auf die BIP-Entwicklung hat:

Der Konjunkturchef der französischen Investmentbank Natixis stellt folgende These auf: An der Basarökonomie des Hans-Werner Sinns ist was dran! Deutschland wird immer mehr zum Umschlagplatz der Weltwirtschaft. Seit 2003 haben die starken Schwankungen angefangen. Inzwischen beeinflusst die Lagerhaltung die deutschen Quartals-BIP-Zahlen drei- bis viermal so stark wie in Amerika oder Japan.

Aus Sicht von Broyer spricht mehr dafür, dass es sich um einen realen und nicht einen rein statistischen Effekt handelt. Weil die deutsche Wirtschaft viel Produktion ins Ausland verlagert habe, komme es zu hohen Importen, die, nach etwas Veredlung, gleich wieder re-exportiert werden. Deshalb bestimme der Auftragseingang aus dem Ausland maßgeblich die Lagerhaltungskomponente des deutschen BIP. Über die wahre Wachstumskraft des Inlandes sage das Quartals-BIP immer weniger aus.

Herdentrieb, Auf dem Weg zur Basarökonomie?

Auf diese Weise könnte die deutsche Konjunktur auch “falsche” Signale an die EZB liefern und eine stützende Geldpolitik weiter hinauszögern. Das BIP-Wachstum in der Eurozone und in der EU fällt nicht so überzeugend aus: Eurostat, BIP in der Eurozone und in der EU27 um 0,7% gestiegen (PDF)

Kategorien: Frontpage · Inflation

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2 Kommentare bis jetzt ↓

  • herbert // 18. Mai, 2008

    Irgendwie kann man rechnerisch wohl alles so hinrechnen wie man es gerne hätte. Ich glaube für den täglichen Verbrauch liegt die Teuerungsrate mehr als doppelt so hoch.

  • Saviano // 18. Mai, 2008

    Stimmt schon. Einerseits — die offizielle Statistik, der man auch mal misstrauen kann, andererseits — das, was man alltäglich als Inflation erlebt (da allerdings muss man sich auch “wahrnehmungspsychologischer” Verzerrungen bewusst sein).

    Aus “Investitionssicht” fragt man sich, was wohl die “Betroffenen” (sprich die Menschen) dagegen unternehmen können? Normalerweise: die nominellen Werte meiden, Sachwerte erwerben.

    Allerdings bezweifle ich, dass 3% Teuerungsrate oder selbst viel höhere Teuerungsrate von Nahrungsmitteln und Sprit hier massiv was beeinflussen wird, zumal die Unsicherheit bzw. die Wahrnehmung von Unsicherheit (spätestens bei einer deutlicheren Konjunkturabkühlung) auch die Neigung in … hm … etwas anderes als Sparbuch anzulegen, reduzieren wird.

    Die Reaktion dürfte vielleicht eher durch die Gewerkschaften in Form von höheren Lohnforderungen kommen. Ob diese entsprechende Lohnerhöhungen werden durchsetzen können? Bleibt abzuwarten (noch bleiben die Erhöhungen nur unter oder nah an der Geldentwertung).

    Und natürlich (ich sollte eigentlich damit anfangen): Die offizielle Statistik – gut oder nicht gut – ist die wichtigste Grundlage für die EZB-Geldpolitik. Daher ist eine nachlassende offizielle Inflation wichtig für die Wirtschaft und die Börse. Die EZB ist der Geldwertstabilität verpflichtet, also ist im weitesten Sinne die gesamte Inflation das Ziel, die wichtigsten Treiber scheinen jedoch Nahrungsmittel und Energie zu sein, die sich schon ziemlich dem direkten Einfluss der EZB entziehen. Das wissen die Damen und Herren dort und werden ein Tickchen mehr auf die Kerninflation aufpassen. Hoffentlich zumindest…

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