An den Finanzmärkten beschäftigt man sich häufig, sehr häufig (wenn Sie mich fragen — zu häufig) mit Statistiken. Und es gibt wohl kein Land der Welt, das besser statistisch erfasst ist als die USA. Dort wird alles gemessen, ausgewiesen, in Datenbanken gefüllt und über die Nachrichten-Ticker täglich präsentiert. Für die Finanzmärkte spielen diese Daten eine sehr wichtige Rolle.
Nur, kann man der Statistik vertrauen? Ist die Inflation so hoch wie uns die Behörden sagen? Ist die Wirtschaft im ersten Quartal nun tatsächlich gewachsen, und zwar um exakt 0,6 Prozent (annualisiert!)?
Ich habe hier ein paar Mal die Diskussionen rund um die Verlässlichkeit der statistischen Zahlen aufgegriffen (interessant könnten folgende Beiträge sein: unterschiedliche Inflationsmessungen über die Jahre, hedonische Inflation).
Heute will ich auf weitere Artikel verweisen, die den “Statistik-Skeptikern” viel neue (alte?) Nahrung bieten.
Gleich an dieser Stelle — ich möchte mich ungern in die komplizierte statistische Welt hineinwagen und die offiziellen Zahlen einfach kritisieren. Die Zusammenhänge sind manchmal etwas komplexer und verlangen ein viel solideres Experten-Wissen.
Aber die Menschen stellen Fragen: Zum Beispiel egghat, der sich aktuell die statistischen Kapriolen rund um die wichtigen Inflationskomponenten Miete bzw. kalkulatorische Miete genauer anschaut sowie die komisch-peinliche Meldung “Benzinpreise sinken in April” (der US-Warenkorb sehr schön grafisch dargestellt). Die US-Autofahrer (und nebenbei auch die deutschen) dürfen erstaunt sein — sie haben doch an der Zapfsäule mehr bezahlt. Ganz korrekt — mehr, nicht weniger! Das “Sinken” kommt durch den statistischen Zauber “Saisonbereinigung”: Die Benzinpreise steigen gewöhnlich (was rede ich — immer!) im April; dieser Anstieg ist dieses Jahr etwas weniger kräftig ausgefallen, also – sagen die Statistiker – saisonbereinigt sind die Preise zum Vormonat gesunken.
Die Mieten werden detaillierter bei eggaht und im FTD-Artikel “Gratulation zur Preisstabilität” behandelt.
Ãœberhaupt liegt die Arbeit der US-Statistiker der FTD ziemlich auf dem Herzen. Vor wenigen Tagen wurde die Berechnung des US-BIP kritisch auseinandergenommen: Der US-Datenglaube wird teuer.
Nochmal, ich will es ohne Wertung erwähnen. Leider ist es aber meistens so, dass, würde man die gewissen Punkte, die kritisiert werden, im Sinne der Kritik berichtigen, ergeben sich andere, auch berechtigte Fragen, neue Kritik und neue Ungenauigkeiten. In den Artikeln, die sich mit den Unzulänglichkeiten des statistischen Materials auseinandersetzen, wird dieser Schritt natürlich nicht gemacht, so entsteht der Eindruck einer sehr mangelhaften Statistik und – man will es kaum glauben! – absichtlicher Manipulation. Man lobt ja nicht die Ansätze dort, wo sie auch bestimmte Gegebenheiten besser darstellen.
Insgesamt dürfte aber weniger Statistik-Glauben im Zweifel von Nutzen sein…
2 Kommentare bis jetzt ↓
Wirtschaftsstatistik: Mangel an Verlässlichkeit • Börsennotizbuch // 27. Mai, 2008
[...] habe auch Einiges zu dem Thema geschrieben (zuletzt hier). Bei der Inflation wird zum Beispiel am häufigsten die hedonische Berechnung kritisiert. Die [...]
Entwicklung am Arbeitsmarkt in Deutschland: Positiv, verliert aber an Dynamik • Börsennotizbuch // 29. Mai, 2008
[...] scheinen doch noch eine Wirkung auf den deutschen Arbeitsmarkt auszuüben — hier kommt der Trick mit der Saisonbereinigung der statistischen Reihe: Berücksichtigt man den saisonalen Verlauf, bleibt die positive [...]
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