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Börsennotizbuch

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“Epizentrum der Krise” ist nur ein abstrakter Begriff

17. Juni, 2009 ·

EpizentrumGerade habe ich bei Each Trading Day kommentiert: Wenn die US-Wirtschaft “glimpflicher” und schneller aus der Rezession rauskommen soll, dann hauptsächlich deswegen, weil die Amerikaner mehr für die Konjunktur machen. Nicht nur, aber hauptsächlich.

Dass das Epizentrum der Krise in den USA lag, ist eine tückische Sache, die die europäischen Politiker irgendwie dazu “verführt”, zu wenig und zu spät gegenzusteuern. Und jetzt – scheint es – will der eine oder andere es auch noch bei dem Wenigen belassen, wo sich die Konjunktur (wohlgemerkt: in den USA) wieder “fangen” soll…

Aber noch mal zum “Epizentrum”…

Es stimmt, dass der amerikanische Immobilienmarkt die notwendige Größe hatte und die “notwendigen Finanzinnovationen” hervorbrachte, um eine Vermögensblase von weltwirtschaftsbedrohenden Ausmassen entstehen zu lassen. Aber die Blasenbildung war erst dadurch ermöglicht, dass internationales Kapital “mobilisiert” werden konnte. Die Europäer (Großbanken, Landesbanken, Immobilienfonds, auch Privatinvestoren) spielten dabei ganz vorne mit.

Denn wenn es irgendwo eine “echte” Globalisierung gibt, dann im Finanzsektor. Die toxischen Papiere wanderten schnell über den Globus und in die Bücher der europäischen Finanzinstitute, deren Bilanzen und Risikokennzahlen keinesfalls viel besser aussehen als bei ihren US-Kollegen.

Riskante Hypotheken im Ausland zu finanzieren ist kein “Auslands-Problem” und keine “fremde Angelegenheit”. Die geografischen Grenzen sind hier nur eine Formalie. Ganz zu schweigen, dass Europa auch “eigene” Immobilienblasen hat(te): Im Süden und im Osten sowie auf den britischen Inseln stiegen die Immobilienpreise sogar noch schneller als in den USA…

Das Problem als “amerikanisch” zu sehen, ist leider nicht mehr als eine bequeme Ausrede für die europäischen Regierungen, sich weniger Mühe zu geben. Die Amerikaner sind währenddessen viel weiter: Die Konjunkturmaßnahmen drüben sind deutlich größer und kommen schneller. Ihre Auswirkungen dürften erst in den kommenden Quartalen richtig zu spüren sein. Leider wird ein solcher Impuls in Europa weitestgehend fehlen. Der Alte Kontinent bleibt fast ausschließlich auf die Zugwirkung aus Amerika und auf eine Entspannung am Finanzmarkt angewiesen. Ob dies ausreichend sein wird, darf bezweifelt werden. In Europa zeichnet sich wiedereinmal ein längerer und steinigerer Weg aus der Rezession ab.

Und was die Ausweitung der Staatsschulden betrifft — dies wird eher eine Sorge für den nächsten Konjunkturzyklus sein, denn die Schulden (die uns angeblich in diese Situation gebracht haben) werden von schwächeren auf stärkere Schuldner (im Einzelnen auf den Staat) umverteilt und können auf diese Weise wenigstens “prolongiert” werden — hoffentlich ausreichend lange, bis die Wirtschaft kräftig genug ist, sie zu tragen.

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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