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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Wir hatten keinen Boom, also werden wir auch keinen Krach haben…

19. Juni, 2006 · 1 Kommentar

Die Aktienentwicklung innerhalb eines Hausse- oder Baisse-Zyklus verläuft gewöhnlich in drei Phasen: Korrektur der Übertreibung bis zu einem angemessenerem Niveau, mehr oder weniger stetiger Verlauf in die Richtung des fundamentalen Trends und schließlich (falls es durch ein günstiges/ungünstiges Zusammenspiel der Faktoren dazu kommt) erneute Übertreibung nach oben oder nach unten.

Ich möchte jetzt nicht „buchstäblich“ verstanden werden im Sinne von Wellen, die man an der Grafik abzählen kann, mit Nummern und Buchstaben versieht und blindlings darauf los wettet, dass die nächste Reihe von Wellen folgen muss…

Diese Überlegung ist eher grundsätzlicher und viel mehr psychologisch-abstrakter Natur. Aber vielleicht doch nützlich.

Das Thema kann man besonders ausführlich behandeln, jetzt wollte ich nur einige kurze Gedanken äußern:

Seit dem Frühjahr 2003 haben wir eindrucksvoll zunächst die Korrektur der Übertreibung nach unten gesehen (vorher, um auch diese „Übereinstimmung“ mit den oberen Phasen zu zeigen, kam es im Baisse-Zyklus zu einer besonderen Ansammlung von negativen Faktoren wie Irak-Krieg, Enron-Skandale, Stress-Test für die Versicherer etc. etc., die den letztendlichen und wohl irrationalen Ausverkauf verursachte). Ich erinnere mich noch ganz gut, wie es hieß, die Rally (nicht Hausse) sei nicht fundamental untermauert, die Wirtschaftsdaten und Unternehmenszahlen lieferten keinen Grund für die steigenden Kurse etc. Mit einem Wort: wie es so typisch ist für die Korrekturphase. Es dauerte mindestens ein halbes Jahr, bis die ersten positiven Zahlen aus Wirtschaft und Unternehmen langsam gemeldet und noch mit viel Skepsis aufgenommen wurden. Irgendwo in 2004 und 2005 sind wir wohl in die „Begleitungsphase“ angekommen – die Finanzen der Unternehmen haben sich prächtig entwickelt, die Weltwirtschaft wuchs (und übrigens wächst noch) mit starkem Tempo und die Kurse „begleiteten“ diese Entwicklung: In Deutschland und Europa dynamischer (hier waren die Verluste zuvor auch viel größer), in den USA – eher verhalten.

Mein subjektiver Eindruck ist es, dass die Kursentwicklungen in dieser Phase nicht die fundamentale Bewertung (nach etlichen klassischen Kriterien) verlassen haben (an den etablierten Börsen). Vielleicht waren wir kurz davor, in die Übertreibungsphase überzugehen, vorausgesetzt, es gäbe irgendwelche besondere begünstigende Konstellation an den Finanzmärkten, in der Politik und/oder im technologischen Bereich.

Ich denke dazu ist es nicht gekommen: der Funken, der die Übertreibung entfachen konnte, ist nicht gekommen. Somit haben wir keine Übertreibungsphase erlebt, keine heißen Bewertungen, keine Flut von Börsengängen und Wertpapieren, keine massiven Investitionen in Fonds und Aktien seitens des großen Publikums.

Ohne die Übertreibungsphase ist die Börse deutlich ungefährlicher (relative Aussage!). Eigentlich ist es am besten und vernünftigsten, wenn sich keine Übertreibungsphasen abspielen. Und ich glaube, diesmal sind wir in dem Rahmen des Vernünftigen geblieben. Vorerst.

Und bezüglich der Baisse-Sorgen zitiere ich Kostolany: Kein Börsenboom, der nicht mit einem Krach endet. Und kein Börsenkrach, dem nicht ein Boom vorausgegangen ist.

Wir hatten keinen Boom, also werden wir auch keinen Krach haben…

Kategorien: Analysen · Gesamtmarkt · Sentiment · Wirtschaftsdaten

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1 Kommentar bis jetzt ↓

  • Analysten werden (endlich) optimistisch • Börsennotizbuch // 25. Mai, 2007

    [...] Ich bleibe noch dabei: wir sind in einer sog. Begleitungsphase (vgl: die Überlegungen zu den Börsenphasen der letzten Jahre oder auch der Vergleich der aktuellen Börsensituation mit der Lage von 1994 – 1995). In der Begleitungsphase gilt der ansonsten “rettende” Ansatz des antizyklischen Investierens – vorübergehend – nicht. Es ist ja die Masse, die allgemeine Erkenntnis, Einschätzung und anschließend Investitionsverhalten des Publikums, die die Preise steigen lassen sollen. Nur mit Antizyklikern ist “keine Börse zu machen”. [...]

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