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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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“Jede Generation erhält nur einmal die Chance an der Börse ein Vermögen zu erzielen, bevor der Zyklus von “Boom and Bust” wieder gnadenlos zuschlägt”

3. Februar, 2009 · 3 Kommentare

Generation

Es ist vielleicht was Wahres dran… Im Blog MasterTrader.de lese ich wieder über die – kann ich es so formulieren – “Generationsfrage” der Börse.

Irgendwann habe ich gemutmaßt, dass wir für einen Börsen-Crash einen Generationswechsel bräuchten. Heute erweist sich dies (schlicht) als falsch. Der ursprüngliche Gedanke war vielleicht doch nicht so krass daneben — die jetzige Generation hat schon einen exorbitanten Boom und einen desaströsen Crash erlebt, folglich war sie — wie das sprichwörtliche gebrannte Kind — vorsichtiger und klüger geworden. Ich vermutete (und diverse Indikationen untermauerten diese Vermutung), dass sich die Aktienkurse nicht sehr leicht von der Realität entfernen würden.

Angesichts ca. 50%-iger Verluste in den großen Indizes der etablierten Börsen klingt es irgendwie komisch, noch zu behaupten, dass die Aktien damals tatsächlich nicht so sehr die vertretbaren Rahmen einer fundamentalen Bewertung verlassen haben. Ja, die Banken… hier war viel vom Gewinnwachstum bloß heiße Luft … aber die übrigen Industrieunternehmen?… Kann man noch auf ein “unentschieden” hoffen?

Der größere Fehler war es wohl, die Entwicklung in anderen spekulativen Märkten zu vernachlässigen.

Die Börsianer (deren Zahl nach der 2000er Baisse auch signifikant gesunken war) waren vielleicht mit den Aktien vorsichtiger geworden, aber die Spekulation an sich blühte in anderen Segmenten auf. Sie sagen es — Immobilienkäufe, die ach so in Mode gekommene Property Ladder, die synthetischen Kredit-Konstruktionen und sonstigen Kunststücke der Banker … alles Felder eines neuen extremen spekulativen Treibens und einer neuen Blase.

Ein Pech, dass im Strudel der Krise das komplette Finanzsystem ums Ãœberleben kämpft und die Aktienmärkte entsprechend — und unweigerlich — mit in die Tiefe gezogen wurden…

Nun, die Bewertungen scheinen von nicht überteuerten zurück auf sehr günstige Niveaus gekommen zu sein. Hier allerdings muss man eine Klammer aufmachen und eine Reflexivität im Sinne von George Soros berücksichtigen (Lesetipp zur Reflexivität).

[An dieser Stelle vielleicht nur diese Simplifizierung: Der "fundamentale" Wert, den ein Aktienkurs berücksichtigen soll, hängt (auch) vom Aktienkurs selbst ab, deswegen "reflexiv". Die Klammer sollte meinen: Der Kursverfall in dieser Höhe beeinflußt schon den fundamentalen Wert der Aktien -- etwa im Sinne ihrer Fähigkeit, Gewinne zu erwirtschaften...]

Um zurück auf den erwähnten Artikel zu kommen:

Die jetzt aktive Börsengeneration hat die leidige Erfahrung gemacht, gleich zwei große Baissen innerhalb von 10 Jahren mitzumachen. Während die erste Boom-Bust-Phase eindeutig von einer technologischen Entwicklung (und Euphorie) getragen wurde, war der Börsenaufschwung 2003-2007 auf keinen eindeutigen neuen (technologischen) Fortschritt zurückzuführen. MasterTreder.de schreibt dazu:

Das Problem des Aufschwungs von 2003 bis 2008 war, dass es keine neue Technologie gab, in die es sich für Firmen lohnte massiv zu investieren. Die Folge waren Aktienrückkaufprogramme auf Rekordniveau, Firmenübernahmen und Spekulationsblasen in verschiedenen Assetklassen wie Immobilien. Wo auch sonst sollen 10 Milliarden Euro eines Großinvestors hinfließen – um eine willkürliche Größe zu nennen – wenn es in der Realwirtschaft keinen großen Investitionsbedarf für renditestarke Projekte gibt?

Dies ist natürlich nicht so abwegig. Ich glaube auch, dass ein richtig großer Bullenmarkt tatsächlich “heiße Fantasie” benötigt, und kaum etwas eignet sich dafür besser als eine neue, vielversprechende, das Leben revolutionierende Technologie.

Die insgesamt schwachen Investitionen, die im letzten Aufschwung getätigt sein sollen, halte ich im Moment für einen eher unterstützenden Faktor. Die großen Bear Markets in der Vergangenheit hatten stets etwas mit (unproduktiven) Ãœberinvestitionen und immensen Kosten/Schulden zu tun. Jetzt haben wir dieses Muster eher am Immobilienmarkt, aber weniger in den Unternehmen aus der “breiten Wirtschaft” (von der Autoindustrie mal abgesehen).

Ich vermute, dass die Unternehmen etwas besser die Kosten unter Kontrolle halten können und dass sie nicht so stark unter kreditfinanzierten Investitionen leiden, die plötzlich sehr unprofitabel geworden sind.

Die Generationsfrage klärt sich somit eigentlich nicht. Auch zwei Mal kann eine Generation Boom und Bust durchmachen. Ob es ein drittes Mal ginge, erledigt sich fast durch die typische Generationslänge. Zu hoffen ist nur, dass diese an der Börse eher bei 10-15 Jahren liegt; dass die schmerzliche Erfahrung eine stabile Basis geschaffen hat; und dass sich die Ingenieure bald was Tolles einfallen lassen…

Ach ja, MasterTrader.de meint, dass diejenigen Börsianer, die die beiden großen Haussen- und Baissen-Zyklen der letzten 10 Jahre “überlebt” haben, die besten Chancen besitzen, von einem zukünftigen Aufschwung zu profitieren. Von seinem Mund in Gottes Ohren… ;-)

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3 Kommentare bis jetzt ↓

  • Olaf // 3. Feb, 2009

    Es gibt immer irgendwo einen Bullenmarkt, es gibt immer irgendwo einen Bärenmarkt. Schon seit längerem lautet mein Vorschlag für die jetzige Generation: Staatsanleihen short, Gold long.

  • Saviano // 3. Feb, 2009

    Äh, seit wie lange?

    Die Staatsanleihen waren in den letzten 10 Jahren gar nicht übel… Im letzten Jahr auch nicht (Gold machte 2008 netto nix)…

    Gold war stark, aber stark waren auch die Aktien (solange man rechtzeitig ein- und ausstieg bzw. Risiko hoch- und runterfahren konnte).

    (In einem gebe ich dir Recht — man sollte eher Inflation antizipieren als Deflation).

  • BVI-Fondsmittelaufkommen: Aktienfonds ziehen Gelder an • Börsennotizbuch // 24. Sep, 2009

    [...] 2007 wurden, im Gegenzug, große Beträge in Geldmarktfonds geparkt und Aktienfonds abgebaut. Auf dieser Ebene bestimmt ein hervorragendes Timing. Haben die deutschen Fondsanleger dazugelernt!? Prinzipiell wäre das was Neues, es sei denn … und ich habe hier eine “fragende” Vermutung … wir haben es noch mit einer “alten” und “gebrannten” Generation zu tun. Das heißt: mit der Generation, die Erfahrungen noch aus den 90er hat und nach dem großen Dot-Com-Bear-Market nun umsichtiger reagierte. Eine neue Generation Anleger hat sich währenddessen nicht entwickelt (vgl. hierzu diese Notizen). [...]

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