Henrik Enderlein skizziert aus seiner Sicht die Lage in der US-Wirtschaft (Kommt die US-Rezession? bei WitschaftsWunder). Seine Schlussfolgerung: “Es sieht nicht gut aus.”
Die Experten werden zunehmend sicher, die Rezession in den USA kommt. Es reihen sich Fakten, die dies unterstützen sollen. Die Kommentare z.B. zum oberen Beitrag sind durchweg pessimistisch.
Welche Punkte führt Herr Enderlein an?
A. Jobs werden nicht mehr so schnell geschaffen, dass die Erwerbsquote konstant bleibt. Dies werde die Löhne drücken.
B. Die Zinsen sind gestiegen und ihre Struktur signalisiere zweierlei:
“Erstens: der Markt rechnet mit einer baldigen Rezession, die die kurzfristigen Zinsen wieder deutlich unter die mittelfristigen Zinsen drücken würde. Zweitens: der Markt rechnet mit einem baldigen Anstieg der langfristigen Zinsen – etwa wenn die asiatischen Zentralbanken ihr großes Fressen von US-Anleihen beenden. Natürlich könnten auch beide Effekte parallel eintreten…”
C. Der Immobilienmarkt — ist klar — wird kollabieren … oder so ähnlich.
D. Der Konsum wird sich abschwächen, erste Anzeichen seien bereits zu erkennen.
Eigentlich am besten “gefällt” mir die Einleitung:
Wer sich die aktuellen US-Konjunkturdaten zu Gemüte führt, muss schon viel Phantasie mitbringen, um darin eine rosige Zukunft zu sehen. Die Indikatoren sehen immer schlechter aus und scheinen sich zu einem explosiven Ökonomiegemisch zusammenzubrauen, das nur auf den zündenden Funken zu warten scheint, ehe der Laden hochgeht.
So was mag ich: man kann sich nicht oder kaum vorstellen, dass es gut ausgeht … Beste Voraussetzungen für Kauf! Natürlich bin ich noch nicht so taub und blind: der Markt ist noch nicht voll dieser Ansicht. Mittelfristige Optimisten gibt es noch genug. Es passierte noch kein großes Shake-Off. Doch der Pessimismus verdichtet sich.
Aber zu den Punkten: Wall Street reagiert im Moment nervöser auf steigende Löhne als auf fallende. Die Inflation ist schließlich die wichtigste Richtgröße der Fed, und die Liquidität die größte Sorge der Wall Street. Und mal beiseite: gibt es mehr Jobs? – Ja, die Zahl der Jobs steigt…
Abkühlung in der Wirtschaft wird auch mehrere inflationsmindernde Auswirkungen haben – wie gestern noch einmal angedeutet: hoffentlich zusätzlich über den Ölpreis.
Die inverse Renditekruve signalisiert Rezession schon ziemlich lange und dieses “der Markt denkt dieses … der Markt denkt jenes” provoziert natürlich auch zu sagen “dies ist eingepreist … jenes auch”. Außerdem wer weiß schon, was der Markt denkt?
Die Konsumlust der Amerikaner würde ich nicht unterschätzen. Auch ihre Schuldenquote ist in vielem eine statistische Illusion. Die gefährlichste Komponente bleibt der Credit-Crunch (Augen auf die Zinsen!).
Wird das ausreichen? Ich denke nicht – weder die Konjunktur in die Rezession zu schicken noch die Aktienmärkte tief nach unten zu drücken. Die letzteren sind nicht überbewertet, die Zinsen sind doch niedrig (auch wenn ein Liquiditätsschock kurzfristig zu spüren ist / sein wird), auf rezessive Tendenzen wird eine schnelle Medizin abgereicht…
Wir werden sehen…
3 Kommentare bis jetzt ↓
marktschreier // 8. Aug, 2007
Möglicherweise sind die Aktienmärkte zum jetzigen Zeitpunkt nicht überbewertet, da Gewinne vorhanden sind. Aber wie das mit den Gewinnen so ist, sie können geringer ausfallen (derzeit öfter zu sehen) als von Analysten erwartet oder vom Unternehmen vorhergesagt. Sollte das passieren, sind die Aktien nach jetzigen Kursen übergewertet, sie werden also fallen bis sie wieder eine einigermaßen faire Bewertung haben.
Und mit den niedrigen Zinsen ist das immer so eine Sache: Die 1%-Mini-Zinsen der Vergangenheit in den USA, sogar weniger in Japan und der Schweiz ermöglichen Finanzierungen von Unternehmungen (gewerblicher wie privater Natur), die unter derzeitigen Zinssätzen nicht rentabel sind. Bsp. kann ich bei 1% Zinsen durchaus gute Geschäfte machen, wenn meine Unternehmung 3% abwirft… Führe ich diese Geschäfte bei Zinssätzen von 5,25% und mehr weiter, sieht es dagegen sehr schlecht aus, ich werde also die Unternehmung einstellen, ggf Arbeitskräfte freisetzen, die dann nichts mehr verdienen.. and so on and so on.
Das gilt natürlich auch für den Hausbau: während ich möglicherweise noch in der Lage bin, bei einem Zinssatz von unter 3% die Raten (Tilgung und Zinsenabtrag) zu stemmen, sieht das anders aus, wenn meine Hypothekenbank die Konditionen aufgrund sich verschlechternder Lage ändert, die Zinsen hochstuft und statt 1% eine deutlich höhere Tilgungsrate verlangt (ja, das können die durchaus bei sich verschlechternder wirtschaftlicher Situation des Schuldners).
Das kann mir dann finanziell das Genick brechen, auf jedenfall werde ich meinen Konsum zurückfahren müssen… was dann in einen rezessionären Teufelskreis führen kann…
Aber wie du schon treffend schlussfolgerst – man wird sehen.
Vielleicht fällt der FED ein, wie sie es schaffen kann, die US-Wirtschaft mit billigem Geld zu versorgen, und gleichzeitig, den Dollar auf einem Niveau zu halten, das den Export nicht belastet und die Importe nicht zu teuer macht.
Vielleicht tapst auch morgen der Osterhase durch meinen Garten.
Man wird sehen. Wer weiß, vielleicht leben wir ja doch irgendwie inzwischen in der besten aller Welten..
Liebe Grüße und Danke für die interessante Lektüre!
Saviano // 9. Aug, 2007
Ich bin mit einigen Punkten nicht einverstanden:
Da bin ich mir nicht so sicher vgl. Unternehmensgewinne über Schätzungen.
Mit den niedrigen Zinsen haben die Unternehmen nicht wirklich viel investiert, sie haben Schulden restrukturiert, die Kassen sind meines Wissens mehrheitlich auch nicht schlecht gefüllt. Mit der Konzentration auf das Kerngeschäft sollten die Investments tendenziell besser abschätzbar sein.
Die Immo-Krise: hier ist es klar – Schlammassel! Hat mit viel etwas zu tun, indirekt auch mit der Unternehmensbewertung, aber eben indirekt.
Man wird sehen – ich versuche auch nur irgendwie Antworten zu finden …
Komplexe Kapitalmärkte: Keiner weiß, was los ist • Börsennotizbuch // 9. Aug, 2007
[...] In der Washington Post schreibt Robert Samuelson ein Op-ed zu den oberen Themen. Als ich es durchlas, dachte ich “Sind denn wirklich alle Experten pessimistisch?“. [...]
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