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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Die bevorstehenden Wechsel in den obersten Etagen der Notenbanken

19. Januar, 2006 ·

Erinnern Sie sich – noch früh in diesem Jahr fingen eine Reihe von Börsenbeobachter an, darauf aufmerksam zu machen, dass zu Beginn 2006 Alan Greenspan nicht mehr Chef der Fed sein wird. Damals war der Nachfolger noch nicht bestimmt. Mit etwas Unruhe blickten sie dann aufs Jahr 2006, denn es ist bekannt, dass ein Wechsel an der Spitzenposition bei der Fed sehr häufig von einem turbulenten Börsenjahr gefolgt wird. Und da die Börse Ereignisse vorwegnimmt, wurde zur Vorsicht noch zum Jahreswechsel gemahnt.

Diese Haltung, und überhaupt das Thema Fed-Nachfolger, geriet etwas in Vergessenheit. Der neue Chef – Ben Bernanke – wurde bekannt gegeben, die Wahl als quasi die beste mögliche eingeordnet und nichts weiteres passierte. Getrieben von womöglich ganz anderen Nachrichten, Stimmungen und Wirtschaftsdaten konnten sich die amerikanischen Börsen dann durch einen starken Endspurt in den moderat positiven Bereich „retten“; die internationalen Börsen – darunter ganz prominent der DAX – hatten einen noch viel besseres Jahr. Von der Verunsicherung wegen des Wechsels war – für mich mindestens – erstmal keine Spur. An der Börse liebt man es irgendwie, sich um entfernte Ereignisse zu sorgen, „vorausschauend“ irgendwelche Handlungen zu unternehmen, dann alles wieder zu vergessen, um letztendlich vom Ereignis „überrascht“ zu werden.

Denn die Termine für die Wechsel bei der Fed und auch bei der EZB (hier wird der Chef Ökonom Ottmar Issing „vererbt“) stehen jetzt unmittelbar bevor. In der Zeit ist hierzu ein guter Artikel veröffentlicht: Bitte anschnallen! Die Situation und das Meinungsbild rund um diese Ereignisse wird passend vermittelt und durch einige empirische Beobachtungen unterstützt. Demnach ist mit deutlich höherer Volatilität und schwierigerem Börsen- und auch Finanzumfeld zu rechnen. Oder zumindest – zeigen die historischen Daten – war es sehr häufig so. Nun, jeder, der sich ein wenig mit Statistik beschäftigt hat, wird eine GANZE Menge kritische Punkte in solcher Auslegung der empirischen Daten finden. Zum Beispiel – alleine der Datenumfang ist viel zu klein (es sind zu wenig Fälle vorhanden) und reicht nicht aus, um verlässliche Aussagen machen zu können. Die zusammenwirkenden und sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren an der Börse sind so zahlreich und veränderlich, dass – und dies ist meine feste Überzeugung – die Kursentwicklungen statistisch nicht erfassbar sind. Trotzdem, könnte es wieder einmal passen: das Jahr des Wechsels könnte ein volatiles und herausforderndes Jahr werden.

Der Artikel ist jedenfalls interessant und informativ wertvoll, obwohl zum Ende – als die Prognosen zur Entwicklung an der Börse und den Finanzmärkten kommen – ich mit vielem nicht einverstanden bin.

Meine kurze Bemerkung: Dass Ottmar Issing geht, könnte durchaus positiv für die Börsen sein. Seine rigidere und auf die Preisstabilität zu sehr fixierte Sichtweise hat wahrscheinlich etwas an Wirtschaftsdynamik und Wachstum gekostet. In Euroland ist die Inflation sehr moderat und insbesondere die großen Länder wie Deutschland leiden unter Deflationstendenzen. Etwas mehr angelsächsische Herangehensweise – mit mehr Feingefühl für die Bedürfnisse der Wirtschaft – könnte nicht schädlich sein. Europa braucht vor allem Dynamik, Wachstum und mehr Beschäftigung, auch wenn mit etwas mehr Inflation.

Da die Konjunkturzyklen in USA und Europa nicht parallel verlaufen, können wir im Lauf des Jahres die Situation haben, dass die Fed-Zinsen in den USA stabil bleiben (bei entsprechender Entwicklung sogar gesenkt werden) und in Europa – steigen. Durch etwaige europäische Wirtschaftsbelebung dürften die amerikanischen Importe zunehmen und zusammen mit einer Zinsdifferenz (und -tendenz) zum allgemeinen Erstaunen zu einem festeren Dollarkurs führen. Die europäischen Exporteure haben sich ja vermutlich sogar übermäßig gegen fallenden Dollar abgesichert und die Kapitalmärkte werden wahrscheinlich ein Ende der Liquiditätseinschränkung in den USA positiv aufnehmen. Vergessen Sie also Amerika bitte nicht…

Nochmal der Link: Bitte anschnallen!

Kategorien: Analysen · Gesamtmarkt · Wirtschaftsdaten · Zinsen

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