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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Traumatisierte Investoren!

13. März, 2006 ·

Wieder einmal ein Kommentar von Th. Grüner in einem schon bekannten Tenor (für ihn und für diesen Blog): die Anleger haben noch tiefe und schmerzende Narben von der großen Baisse.

Obwohl wir mittlerweile ein sehr gutes Stück davon entfernt sind, waren die Verluste und die bitteren Erfahrungen dieser Zeit offensichtlich so groß, dass sie noch lange nicht überwunden sind.

Auch kein Wunder nachdem wir von 2000 bis Anfang 2003 nicht nur die längste Baisse der Börsengeschichte hatten (in Deutschland – tatsächlich, und in den USA nur formal nicht die längste, weil der Tiefstpunkt bereits in Oktober 2002 erreicht, und Ende März 2003 beim nochmaligen Einsturz “nur” knapp verfehlt wurde), sondern auch (soweit ich richtig erinnere) die zweitstärkste (-tiefste) in der “moderneren” Geschichte, d.h. nur übertroffen von der Großen Depression mit ihrer Börsen- und Weltwirtschaftskrise der 30er Jahren.

(Lassen Sie sich dabei nicht vom relativ “stabilen” Dow Jones täuschen (ein Wertverlust von “nur” etwas über 30 Prozent) – der bessere und repräsentativere Index (volumenmäßig und analytisch, da kapitalisierungsgewichtet) ist der S&P500, der etwa 50% seines Wertes verlor, und, letztendlich, fand die größte Spekulation im Technologiesektor – Nasdaq – der über 75 Prozent einbüßte. Das sind Zahlen, die ganz nah an die der Großen Depression kommen. In Deutschland war die Situation, im Ãœbrigen, noch dramatischer).

Nach solchen schweren Verlustphasen ist es nicht untypisch, dass das Publikum eine lange Zeit braucht, um sich von den Ereignissen materiell und vor allem psychisch zu “erholen”. Bei großen Spekulationskrisen, berichten die “alten Bücher”, hat es mitunter Jahrzehnte gedauert, bis der Vertrauen wiederhergestellt werden konnte und die Börse und die Spekulation zu neuer Zuversicht und gar Begeisterung fähig war.

Die Narben also nicht geheilt, die “gebrannten Investoren scheuen das Feuer”. Grüner schreibt zum Beispiel folgendes:

“Wir haben uns nur geringfügig von den Mehrjahreshochs entfernt und ich lese fast nur noch negative Kommentare. Alle meinen, noch schnell eine Warnung abgeben zu müssen und vor bevorstehenden Einbrüchen zu warnen. Auch nach drei Jahren Bullenmarkt gilt es noch immer als intellektuell, ein Bär zu sein und die Aktienmärkte zu meiden”.

Und aus der Verlustphase, konstatiert Grüner, sind natürlich Schlüße gezogen, aber im Sinne von “Verhaltensschlüßen”, die wiederum sehr emotional sind – vielleicht der eigentliche Fehler der Investition zum Höhepunkt der Hausse – und nicht mit tatsächlichem Wissensaufbau oder Fehleranalyse verbunden sind:

“Man könnte meinen, die Anleger hätten aus dieser Situation und ihren Erfahrungen etwas gelernt und ihre Strategie einer Prüfung unterzogen bzw. ihr eigenes – oft stark emotional geprägtes – Handeln kritisch und schonungslos hinterfragt. Meine klare Meinung: Eine Fehleranalyse fand überwiegend nicht statt. Es wurden sicher Schlüsse aus den Erfahrungen der Jahre 2000 bis 2002 gezogen. Aber: Das Gegenteil einer vernünftigen Handlungsweise hat sich in den Köpfen vieler Investoren breit gemacht. Seit den Tiefs im Oktober 2002 und im März 2003 fuhren und fahren viele Investoren eine viel zu defensive Strategie. Während Aktien immer noch sehr günstig sind, ist die Aktienquote vieler Anleger auch heute noch unterdurchschnittlich. Die Stimmung ist weiter von extremer Nervosität und Unsicherheit geprägt. Ohne die Erfahrungen der Jahre 2000 bis 2002 sähe die Bewertung der heutigen Situation sicher anders aus. Der “emotionale Filter” vernebelt vielen Investoren einen klaren Blick”.

Der gesamte Artikel: Traumatisierte Investoren!

Ich habe bereits geschrieben, dass die Zuversicht an die Börsen zurückkehrt. Dies, glaube ich, kann man mittlerweile auch einfach am Chart ablesen. Aber, ähnlich wie Grüner, halte ich die Geschichten vom Optimisums, geschweige denn dem übermäßigen Optimismus und entsprechendem Ivestitionsverhalten, für völlig überzogen. Das Stückchen Optimismus (oder eher mildernd – “Zuversicht”) ist noch sehr empfindlich und immer noch “erzwungen” quasi vom Chart-Verlauf. Mich verläßt (noch) nicht das Gefühl, dass viele viel lieber pessimistisch wären und ins Lager der “intellektuellen Bären” wechseln würden als auf der Bullen-Seite zu stehen.

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