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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Konsolidierung an den B̦rsen? РMeinungen, Stimmungen

22. Januar, 2006 · 1 Kommentar

Die schärferen Korrekturen an den internationalen Aktienbörsen in der ablaufenden Woche waren und sind Thema vieler Kommentare und Börsen-Kolumnen. Die deutschen sowie ausländischen Börsenbeobachter äußern sich bisher zuversichtlich oder beschreiben die Lage zumindest mit einer „beruhigenden“ Rationalität.

Nach meinem Eindruck sind die angeblichen Verantwortlichen für die schwache Performance in der letzten Woche schnell ausgemacht:

Zum einen sind das die Unternehmenszahlen aus den USA, die, zum Teil enttäuschend, auf jeden Fall die Befürchtung zu bestätigen scheinen, die Gewinn- und Konjunkturentwicklung verlieren eindeutig an Dynamik.

Zum anderen ist insbesondere der erneut gestiegene Ölpreis (auch oder vor allem durch die politische Spannung um Iran) eine weitere Quelle der Verunsicherung.

Natürlich bietet auch die Zinspolitik einige offene Fragen und auch eine Reihe von „offenen“ Interpretationsmöglichkeiten. Aus der EZB waren einige verunsichernde Stimmen in dieser Woche zu vernehmen (EZB-Mitglied verwirrt die Märkte); seitens der Fed ist die Problematik eher altbekannt: wird die Fed durch weitere Zinsschritte die US-Konjunktur womöglich abwürgen? Da hat auch ein positives Ausblick im Beige Book nicht unbedingt geholfen: die robuste Entwicklung könnte da eher die Fed dazu veranlassen, die Zinsen auf ein Niveau anzuheben, das im Falle von Konjunkturschwäche auf einmal zu hoch wäre.

Also – allesamt alte Bekannten… Der Kurseinbruch in Japan erscheint hierzu eher als Anlass für die ganze Konsolidierungswelle (aber auch als Anlass signalisiert er, dass die Börsen etwas zu viel Spekulation und Gewinn angehäuft haben könnten).

Ein paar Stimmen aus der Presse…

Ein Gespenst geht um

Nach einem kräftigen Kursrutsch an der Börse Tokio haben auch die europäischen und amerikanischen Aktienindizes stärker korrigiert. Das Manager Magazin fragt in dem Artikel „Ein Gespenst geht um“ besorgt: „War es das schon wieder? Geht die Zeit steigender Kurse an den bedeutendsten Börsen der Welt schon wieder zu Ende?“

Der Tenor des Artikels ist dennoch zuversichtlich – insbesondere die deutschen Aktienunternehmen seien ausgesprochen fair bewertet und mit einem deutlichen Bewertungsabschlag gegenüber der internationalen Konkurrenz gehandelt. Dies solle dem hiesigen Aktienmarkt genügend Stabilität und Potenzial verleihen. Nicht nur dass die deutschen Firmen in den letzten Jahren sehr ansehnlich verdient haben, sie können (und wahrscheinlich wollen) durch Ãœbernahmen im Ausland expandieren und gleichzeitig ihre Gewinne und Rentabilität noch aufbessern.

Dennoch sind die Anleger verunsichert. Joachim Goldberg, Geschäftsführer der Firma Cognitrend, formuliert die Lage aus sentimenttechnischer Sicht treffend wie folgt:

“Sehr viele Anleger haben sich nach dem Crash Anfang des Jahrtausends geschworen, nie mehr vom schnellen Gewinn an der Börse verführt zu werden. Deshalb halten sie in jeder Ecke der Finanzmärkte nach Spekulationsblasen Ausschau – und der Kursanstieg an Deutschlands Aktienmarkt schien ihnen dafür nur ein weiteres Beispiel zu sein…Aber weit und breit ist keine Blase zu sehen.”

Der vollständige Artikel: Ein Gespenst geht um


Aktionäre schöpfen wieder Hoffnung

Ähnlich beruhigend klingt die Financial Times Deutschland in dem entsprechenden Marktausblick. Eigentlich war diese Zeitung nach meinem Eindruck notorisch skeptisch (um nicht bearish zu sagen) bezüglich der Börsenentwicklung in den vergangenen Jahren – aber seit einiger Zeit hat man auch hier unter dem Druck der Realität in der Form des DAX-Charts zu (etwas mehr) Optimismus übergegangen. Aus sentiment-technischer Sicht ein eher ungünstiges Signal?

Die Essenz des Marktausblicks ist auch kurz wiederzugeben:

Trotz herber Rückschläge in der vergangenen Woche bleiben die Anleger an den Aktienmärkten optimistisch. Aktienstrategen rechnen trotz des schwachen Wochenschlusses nicht mit einer Wende.

Woher genau die Journalisten zu wissen glauben, dass die Anleger weiterhin optimistisch sind, ist aus dem Artikel nicht ersichtlich. Aber, auch wenn es um eine subjektive Wahrnehmung handeln mag, scheint die große Nervosität noch nicht im Markt angekommen zu sein.

Der vollständige Artikel: Aktionäre schöpfen wieder Hoffnung

Dax-Ausblick: Tendenz unklar

Ziemlich nach dem Motto: die Märkte können steigen, aber auch fallen, präsentiert das Handelsblatt einen „Ausblick“, der nichts anderes ist als die häufigsten Argumente der Bulls und der Bears noch mal aufzuführen.

Genauso in einem weiteren Artikel: Wall Street am Scheideweg.

Wirklich schlau wird man von den Kommentaren also nicht. Ich könnte für mich festhalten, dass sich sowohl die Nervosität als auch der Optimismus ziemlich in Grenzen halten. Die bedeutende Rally in den großen Indizes musste logischerweise irgendwann korrigieren und dies wurde auch allerseits erwartet. Als die Korrektur jetzt ansetzt, kann es natürlich nicht wirklich überraschen. Noch geht es mehr oder weniger um „schrumpfende Gewinne“ (auf dem Papier) als um wirkliche (und viel schmerzhaftere) Verluste.

Ich vermute, dass die Anleger noch einiges an Gewinnen sichern werden, sodass in der nächsten Zeit eher mit leichteren Börsen zu rechnen wäre. Seitens Wirtschaftsnachrichten würde mich überraschen, wenn wir großartig Unterstützung bekämen – einfach robuste Wirtschaftsdaten haben meiner Meinung nach nicht das Potenzial, deutliche Impulse zu geben. Die Situation an der Zinsfront wird in den kommenden Wochen wohl ungeklärt bleiben. Die politischen Entwicklungen werden sich womöglich nicht in Luft auflösen. Aus (irgendeiner) fundamentalen Sicht sind die Märkte für mich nicht überbewertet, und obwohl sich Spekulation und etwas zu hohe Gewinne angehäuft haben, konnte ich dabei noch keine exzessive Umschichtung von Kapital in die Aktienmärkte (vor allem USA und Europa) feststellen. Daher auch im Falle ungünstiger Entwicklung dürften sich die Verluste in Grenzen halten. Bliebe man bei den „rationalen“ Ãœberlegungen, sind die Börsen zumindest ein „Halten“. In den Emerging Markets waren die Kurssteigerungen viel zu steil und die Emotionen wahrscheinlich viel zu euphorisch. Meine reservierte Meinung gegenüber exotischen Börsen habe ich schon mitgeteilt. Hier drohen im Falle ungünstiger Entwicklung – in meinen Augen – herbere Verluste.

Kategorien: Gesamtmarkt

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1 Kommentar bis jetzt ↓

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    [...] Diese Stimmen sind nach meiner subjektiven Wahrnehmung etwas leiser geworden. Dafür richten sich die Blicke vermehrt auf Themen wie Rohstoffpreise und Inflation, woher nun wieder “Gefahren” drohen würden. Eigentlich, könnte man halb-ironisch meinen, ist dies eine beruhigende Beobachtung: die Investoren suchen nach Gefahren, “halten in jeder Ecke des Finanzmarktes Ausschau nach Spekulationsblasen“, wie ich schon mal Joachim Goldberg zitiert habe. [...]

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