Börsennotizbuch

Ich stütze mich gewöhnlich nicht auf Analysten-Meinungen und Aussagen von Fondsmanagern. Und wie soll das auch gehen? – Entweder sind die Meinungen genau so unterschiedlich wie die Anlagemöglichkeiten und Anlagestrategien ohnehin (ob man nun „Menschen“ auszuwählen sucht oder Börsen-Investments, wo ist die Entlastung?) oder aber sind sich die Analysten auf einmal zu einig, und dann sollte man eher in die andere Richtung gehen… Mit einem Wort kann man selten und sehr bedingt Zitate und Positionen anderer als Argument anbringen.

Trotzdem nutze ich jetzt die Worte von Hendrik Leber von Acatis in einem Interview für Fundresearch, einfach um meine Positionen zu „erfrischen“:

FundResearch: Herr Leber, Aktien haben im Mai einen Mini-Crash hingelegt. Wie geht es weiter an den Finanzmärkten?

Leber: Ich vermute, daß die Lage bald wieder sonniger aussieht. Denn die Fundamentaldaten haben sich nicht geändert, nur die Stimmung ist plötzlich schlechter geworden. Wann die Märkte wieder nach oben drehen – ob in einem Monat oder in einem Jahr – weiß ich allerdings auch nicht.

FundResearch: Wie kommen Sie zu Ihrer Einschätzung?

Leber: Man muß sich die Fundamentaldaten anschauen. Die Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht und verhalten sich weiter vernünftig. Das heißt, sie investieren zum Beispiel in keine neuen Technologien, die nicht funktionieren. Zudem steigern sie ihren Gewinn pro Jahr im Schnitt um 20 Prozent. Kursrückschläge bei Aktien bereiten uns daher keine Sorgen. Aus unserer Sicht sind Aktien sogar deutlich unterbewertet.

Die erste Antwort würde ich noch nicht so „leicht“ sehen – die Stimmung hat gedreht, das stimmt, doch was sich auch negativ auswirkt, ist immer noch die Belastung von der Zins-Front. Diese Belastung ist wahrlich (noch) nicht so groß wie in früheren Phasen, denn die langfristigen Kredit- und Anleihekonditionen auf einem fast unverändert niedrigen und relativ günstigen Niveau liegen. Die kurzfristige Kreditierung verteuert sich und macht uns Probleme, aber die Möglichkeiten für die Unternehmen sich mittelfristig zu günstigen Konditionen zu verschulden (und zu investieren) sind ziemlich gut.

…

Daher, wenn es irgendwelche Logik gibt – und an der Börse kann sie nur wenigstens mittelfristiger Natur sein – , sollten sich die Aktienkurse wohl nach oben orientieren. Und hier muss man tatsächlich seriöse genug bleiben und die Frage „wann“ offen lassen. Da kann man nur mehr oder weniger vage Schätzungen äußern: ich sehe die Märkte noch in diesem Jahr (vermutlich, aber unsicherer, noch in diesem Sommer) den Weg nach oben wieder aufnehmen.

Den zweiten Punkt habe ich hier auch aufgeführt und irgendwie hänge ich noch an ihm (zuerst geäußert unter „Euphorie und Enttäuschung“ in engem Zusammenhang mit den Gedanken rund um die Un-Wichtigkeit der KGVs):

Die Unternehmen haben sich schlank und produktiv gemacht, verhalten sich ziemlich vernünftig und haben ihr Geschäft auf Kernaufgaben konzentriert, wo sie große Erfahrung, bessere Planungssicherheit und vorteilhaftere Marktposition besitzen. Es waren keine Abenteuer da und die Kassen sind voll mit Cash. Diese weniger greifbare „Bewertung“ ist mir wichtiger als die ganzen KGVs und Kennzahlen. Lassen Sie die Börse zappeln, oder wie Graham es mal beschrieben hatte: wenn Mr. Market – ein recht unbeständiger Geschäftspartner von Ihnen – tagtäglich irgendwelchen Preis für Ihren Business anbietet, werden Sie dann verkaufen, wenn der Preis mal unverschämt hoch ist, nicht wenn’s ok ist, und schon gar nicht wenn der Herr schlecht geschlafen hat, und wenig bietet…

Sind die Aktien unverschämt hoch? – Ich muss mich aber recht stark irren, wenn dies der Fall wäre…

Mr. Market hat gerade etwas mürrische Stimmung (weil er etwas knapper bei Kasse geworden ist), aber das letzte worauf ich wetten würde, ist die Beständigkeit seiner Launen.