Ich beobachte immer gern die Entwicklungen an den Anleihemärkten. Das Zinsniveau ist im Allgemeinen die wichtigste Messlatte für die Bewertung der Assets, mittelfristig einer der wichtigsten Treiber für Investition und Konsum und auch (etwas kurzfristiger) für die Allokation des Anlagekapitals.
Zum zweiten Punkt kommen wir ein anderes Mal. An dieser Stelle nur: Die Investitionen dürfen vorerst ausbleiben, denn die Kapazitätsauslastung ist auf den historisch niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen (USA) abgestürzt. Die Konsumenten Sparen auch eifriger. Die niedrigen Zinsen werden wohl erst sehr langsam Wachstums- bzw. Konsumimpulse entfalten (eigene Einschätzung).
Dafür aber gewinnt der dritte Punkt an Wichtigkeit: Wie wird investiert? Mehr Aktien oder mehr Festverzinsliche?
Was sich generell feststellen lässt, ist, dass sich die High Yield Bonds (Schuldner minderer Bonität) in letzter Zeit sehr gut entwickelt haben, die Zinsen hierauf sind von den atemberaubenden ca. 25% in der Spitze (November 2008) auf ca. 13% heruntergekommen. Sehr gutes Zeichen, das allerdings durch die Börsen-Rally begünstigt (bzw. ermöglicht) wurde und eines Tests bedarf…
Die Investment-Grade-Anleihen sind auch gestiegen, ergo die Zinsen sind gefallen: in den USA auf ca. 6,5%.
Die deutsche Umlaufrendite ist immer noch auf dem Niveau von November 2008 bei ca. 3,1%, Tendenz jedoch steigend.
Und hier kommen wir zu den steigenden Zinsen: Insbesondere die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen zieht an. Um die Jahreswende war sie auf (unglaubliche) ca. 2% gefallen; heute steht sie bei ca. 3,26%. Das ist der interessante Punkt, der Aufmerksamkeit verdient, denn wir sind nach wie vor in einem leicht deflationären Umfeld. D.h. die realen Zinsen klettern. Noch ist alles im grünen Bereich (die Zinsen sind niedrig), aber wir wissen ja von den riesigen Schulden, die in Amerika aufgenommen werden sollen. Wie wird der Anleihemarkt darauf regieren? Die meisten Beobachter gehen von steigenden langen US-Zinsen aus. Der Unterschied zwischen Optimisten und Pessimisten ist wohl nicht die Richtung, sondern die Einschätzung des Ausmasses und der Folgen…
Und wo sind die Lesetipps?
- Eine ganze Reihe von Charts, die unterschiedliche Zinsen und Zinsspreads zeigen. Meistens sieht man Entspannung und Besserung (wie oben beschrieben)… (The Big Picture).
- Die Investment-Grade Unternehmen sind sehr fleißig dabei, Kapital aufzunehmen (FT Alphaville):
Non-financial investment-grade companies have already raised €153bn this year, leaving issuance just €13bn short of making 2009 the second strongest year ever for the eurobond market.
- Die Fed stützt im Moment die 10-jährigen US-Bonds nicht (Accrued Interest).
- … wahrscheinlich weil, sie die steigenden Zinsen am langen Ende noch als positives Zeichen interpretiert (Bloomberg):
The Federal Reserve considers the recent jump in Treasury yields more as a reflection of a better economic outlook than a signal it needs to step up purchases of U.S. government debt
- Der Markt für Treasuries (US-Staatsanleihen) wird sich wegen der Flut von Neuemissionen verschlechtern (Barrons).
- Corporate Bonds: How to Ride the Bull (Barrons).
- Es gibt noch ein Zins-Thema — die Zinskurve. Diese ist zur Zeit ziemlich steil. Eine Deutung? — Die Konjunktur wird sich (bald) bessern: Curve Watching Beats Room Full of Forecasters.
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