Zugegeben, ich habe diese Beitragsreihe etwas vernachlässigt. Aber das wollen wir auch gleich ändern — hier sind die aktuellen Statistiken des Bundesverbands Investment und Asset Management e.V. (BVI) zum Stichtag 31. März 2009.
Der BVI veröffentlicht regelmäßig Zahlen zur Entwicklung der Investmentfonds-Branche in Deutschland. Anhand dieser Daten kann man Trends im Investmentverhalten der deutschen Fondsanleger ablesen und Ansatzpunkte für eine Analyse der Kapitalströme und Investmentpräferenzen finden.
Generell gilt für mich:
- Wenn große Summen (über eine längere Zeit) in eine bestimmte Asset-Klasse investiert werden, soll man vorsichtig werden: Die hohe Nachfrage hat womöglich die Assets übermäßig verteuert.
- Die Fondsmanager, fähig oder nicht, haben keine “freie Hand”, so zu investieren wie sie es für richtig halten: Wenn die Investoren Geld in die Fonds anlegen, müssen die Manager kaufen (auch wenn sie sonst überteuerte Preise feststellen würden). Und umgekehrt: Verkaufen die Menschen ihre Fondsanteile, führt dies (früher oder später) zu Verkäufen von Assets an den Märkten (auch wenn die Manager die Preise als günstig bewerten würden). Selbstverständlich haben die Fondsmanager gewisse Spielräume, dem Druck der Kundengelder können sie sich aber nie völlig entziehen.
- Die breite Masse der Anleger agiert prozyklisch: Sie investiert mehr, wenn die Kurse gestiegen sind und verkauft, wenn die Kurse gefallen sind. Auch die Wahl der Asset-Klassen (z.B. Renten vs. Aktien) erfolgt meist prozyklisch.
- Die deutschen Anleger sind im internationalen Vergleich tendenziell risikoscheu.
Und jetzt können wir uns die aktuellen Zahlen anschauen:
Im März setzten die Weltbörsen bekanntlich zu einer beeindruckenden Rally an. Nicht so die Netto-Mittelaufkommen der Aktienfonds. Die Anleger veräußerten weiter Fondsanteile, wenn auch etwas weniger als im Ausverkaufsmonat Februar. Die Netto-Mittelabflüsse beliefen sich im März auf -1.762,7 Mio. Euro (nach -2.885,3 im Februar).
Die Rentenfonds konnten ebenfalls nicht glänzen: Aus ihnen sind netto -1.351,4 Mio. Euro an Mittel abgeflossen (im Februar waren es -1.929,6 Mio Euro).
Insgesamt scheint “Sicherheit” in Zeiten der Krise eine neue Definition zu haben: Die ansonsten als sehr defensive Anlageform bekannten Geldmarktfonds verlieren -2.710,8 Mio. Euro netto an Mittel.
Die Massenflucht aus den Investmentfonds startete im Februar mit den Einbrüchen an den Börsen (bzw. siehe oben Punkt 2, “Druck der Kundengelder”) — denn im Januar verzeichneten die deutschen Fonds noch beachtliche Mittelzuflüsse. Die Jahresstatistik sieht daher bis zum Stichtag 31.03.2009 nicht besonders desaströs aus.
Quelle: BVI (PDF)
Die Verunsicherung der Anleger ist – so meine Deutung – bereits eine sehr handfeste Tatsache. Noch zu Beginn des Jahres waren die Investoren scheinbar von den großen Gefahren nicht ganz überzeugt. Danach folgte aber ein panikartiges und hoffentlich “reinigendes” Verkaufen. Das Geld wurde nicht einfach in defensivere Fonds umgeschiftet, es wurde komplett an die berühmte Seitenlinie abgezogen.
Die Entwicklung in den kommenden Monaten dürfte auch sehr spannend sein. Vor allem die Frage, wie die deutschen Fondsanleger auf die große Rally reagiert haben.
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Apropos prozyklisches verhalten der Anleger — gerade habe ich diesen Artikel gelesen: Many Bought Shares High, Sold Low (WSJ):
The Dow Jones Industrial Average hit a bottom at 6547.05 on March 9, a 12-year low and less than half its October 2007 level. Many investors like Ms. Brady cut their losses. Some $70 billion flowed out of stock mutual funds or exchange-traded funds in February and March, according to TrimTabs Research.
Since bottoming out, the Dow has surged 26%. That means investors who sold at the bottom have missed out on one of the most powerful rallies in decades. “Their timing was almost perfectly bad,” said Dennis Houlihan, a Fort Wayne, Ind., financial adviser who tried unsuccessfully to steer three of his clients away from selling in early March.
1 Kommentar bis jetzt ↓
BVI: Fonds-Statistik. Die Aktienanleger gar nicht so scheu? • Börsennotizbuch // 4. Aug, 2009
[...] paar Gründe und “Deutungsansätze” der BVI-Zahlen habe ich ausführlicher hier [...]
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