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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Nur Zeichen für eine Unterbewertung der Aktien

7. Dezember, 2007 · 4 Kommentare

Wenn ich schreibe, “die Aktien sind nach klassischen Kriterien” eher unterbewertet, meine ich etwas wie diesen Chart hier (Morningstar, Market Valuation Graph):

Bewertungen Aktien NYSE Morningstar

…oder auch mal das “klassische Fed-Modell” (wahrlich umstritten: The Fed Model: Fix It Before You Use It, oder etwa diese Sammlung mit unter anderem Kritik, Ergänzungen, Aktualisierungen des Fed Modells):

KGV S&P500: ca. 17 (auf Basis gemeldeter Gewinne für das Q3 2007, Quelle: standardandpoors.com; oder ca. 100/17 = 5,88% Aktienrendite)

Bond-Rendite (10 Jahre US-Bonds): ca. 4,00 (Quelle: bloomberg.com oder 100/4 = 25 “Bond-KGV”)

Demnach erscheinen die Aktien um sage und schreibe (1- 5,88/4)*100 = 47% unterbewertet.

Das ist aber wahrlich etwas zu viel. Und noch (dass wir uns im Klaren sind):

Das sind nur Modelle, die Indikationen, aber nie Gewissheit liefern können. Zum einen handelt es sich dabei um die Berechnungen des Rating-Anbieters Morningstar (und wir hatten gerade ziemliche Probleme mit Rating-Agenturen), zum anderen ist das sog. Fed-Modell erstens ziemlich simpel und, zweitens, wie erwähnt, umstritten.

Gewinne und Zins-Trends können schnell umbrechen; die Börsen unterliegen außerdem auch anderen wichtigen Faktoren, wie zum Beispiel der Liquidität oder der erst recht unberechenbaren Psychologie.

Morningstar hat im Beispiel oben die Hausse in den letzten Jahren ziemlich deutlich “unterschätzt”, das Fed-Modell hat etwa lange vor dem Tief 2002-2003 eine Unterbewertung angezeigt. Mit einem Wort: die Modelle können irren und/oder das Timing könnte gefährlich unstimmig sein.

Mit dem gesagt, bieten die oberen Berechnungen zumindest ein Zeichen dafür, dass die Aktienmärkte (in diesem Fall S&P500) nicht teuer sein könnten. Vielleicht eher billig.

Und zu guter Letzt, darf ich an meine halb-scherzhafte, halb-ernsthafte Bemerkung erinnern:

[D]ie Aktien können sich hier ganz schön anbieten – insbesondere wenn sie nach einer “vernünftigen” bzw. “vertretbaren” [Analyse] (auch im Sinne “vermarktbaren” – machen wir uns nichts vor: Wall Street hat auch ihre “Marketing-Abteilungen”), nicht teuer, sogar günstig sind

Hier meine ich die “Marketing-Abteilungen”, und dass ist eine wohl nicht zu unterschätzende Treibkraft…

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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4 Kommentare bis jetzt ↓

  • egghat // 7. Dez, 2007

    Kauf Japan. Zins dort ist 1,x Prozent, daraus errechnet sich ein KGV von bis zu 100. Aktuell ist es nur dreißig, also Kurspotenzial 200%.

    Das Fed-Modell ist Schrott, weil es bei niedrigen Zinssätzen nicht funktioniert. Schon gar nicht wenn man risikobehaftete Anleihen mit (fast) risikolosen Staatsanleihen vergleicht. Wenn man überhaupt etwas Sinn in das System holen will, muss man Unternehmensgewinn mit Unternehmenszins (also Unternehmensanleihen) vergleichen. Und der Zins liegt aktuell eher bei 5%. Kehrwert 20. Und das ist meine Einschätzung: Aktien sind weder billig noch teuer. Weil sie aber risikobehafteter sind, muss man sie nicht übergewichten. Ich kann auch eine ThyssenKrupp Anleihe kaufen ….

    Und ob die Gewinne so bleiben… Wenn meine Prognose aufgeht, bleiben die nicht auf dem Niveau. Wir sind (wahrscheinlich) am Ende des Aufschwungs und die Firmen haben Margen von etwa 8% (und da war bisher immer Schluss). Ich weiss nicht, woher die steigenden Gewinne kommen sollen. Ausserdem ist es sehr normal, dass das Fed-Modell gerade in dieser Phase Fehlsignale liefert. Die Fed senkt schon die Zinsen, die Gewinne werden darauf aber erst in ein paar Quartalen reagieren. Es hängt entscheidend davon ab, ob die Fed früh genug oder zu spät gesenkt hat.

    bye egghat

  • Saviano // 7. Dez, 2007

    Hi,
    erstens, habe ich hier und immer ziemlich deutlich hervorgehoben, dass dies nur Modelle sind, die keine Gewissheit, höchstens Indikationen liefern können. Natürlich dürften sie in (etwas) extremeren Bereichen schwieriger funktionieren – sowohl bei den Zinsen (wie Japan mit 1 Prozent; außerdem hat Japan seine Besonderheiten als Wirtschaft und mit dem deflationärsen(!) Umfeld) oder bei den Aktienbewertungen (zum Beispiel, wie sieht es aus, wenn das unterliegende Wachstum sehr hoch ist?).

    Das Modell ist irgendwo aus einer “Normal-Bereich-Logik” abgeleitet, nach der die wesentlichen konkurrierenden Analgemöglichkeiten miteinander verglichen werden. Extremitäten sollten da eher nicht als Gegenbeispiel dienen — wir wollen uns schließlich nicht “am Buchstabe des Modells” klammern…

    Zweitens, das Argument mit den Unternehmensanleihen stimmt und wird auch häufig als Alternative benutzt. Auch hier kann man (nach dem Modell erstmal) ein “komfortables” Im-Zweifel-Eventuell-Doch-Unterbewertetsein der Aktien feststellen (in den USA; in Deutschland und Europa sieht es sogar etwas besser aus).

    Drittens, die Aktien sind nicht unbedingt “risikobehafteter” — wenn man die Alternativen Anleihen und Aktien (im Sinne von “dem Aktienmarkt”) langfristig vergleicht. Langfristig unterliegen die Anleihen zum Beispiel auch einem Inflationsrisiko, und das vermutlich stärker als die Aktien (die als quasi Sachwerte über längere Zeiträume die Inflation besser ausgleichen können). Langfristig dürften die Finanzierungskosten (hier müsste man eher die Unternehmensanleihen beachten) leicht, aber unter den Unternehmensgewinnen/-renditen liegen, damit langfristig eine Profitabilität des Business-Sektors gewährleistet ist. Und noch: der breite Markt schwankt natürlich auch ziemlich heftig — vielleicht meinst du dieses Volatilitätsrisiko? Ich meine aber eher das Peformance-Risiko. Des breiten Marktes, sprich der Wirtschaft (oder ihre börsenrelevante Abbildung).

    Viertens, die Gewinne werden vielleicht fallen. Oder ein paar Quartale nicht zulegen. Zumindest nicht operativ. Da ist aber unter anderem die Möglichkeit (und Praxis) der Unternehmen, durch Aktienrückkäufe den Gewinn pro Aktie zu erhöhen — eine rein technische Operation.

    Und am Ende noch einmal: Die Modelle drücken eher etwas aus, was man unter “Margin of Safety” kennt (Graham hat diesen Begriff populär gemacht). Die Margin of Safety ist keine Garantie, dass man billig kauft, nur eine Indikation, dass man einen größeren Spielraum für Fehler hat. Wenn man – irgendwie – meint, dass die Kurse 20 Prozent unter “fair” stehen, kann man sich erlauben, um 20 Prozent zu irren und immer noch zu “fairen” Preisen zu kaufen. Ok, bei Kauf zu “fairen” Preisen winken sicherlich nicht die großen Gewinne, aber es ist schon mal die “halbe Miete”…

  • Saviano // 7. Dez, 2007

    Ganz frisch: noch ein Beitrag zu unserer Diskussion What Would the Fed Model Do?

    Zur Kritik des Fed Modells haben wir oben einiges gesagt (auch der Link im Artikel). Hier etwas Verteidigung: Blog Synthesis: Gunning for the Fed Model?

    Ich will das Modell, um Gottes willen, nicht um jeden Preis verteidigen. Es ist sowieso zu simpel — wäre dies die “Bedienungsanleitung für die Börse”, bräuchte keiner mehr auf den Jackpot zu hoffen… So einfach ist es nicht, aber es suggeriert zumindest einen “Bewertungspuffer” (s. Margin of Safety, oben).

  • Börsennotizbuch // 11. Dez, 2007

    [...] Wo er genau die euphorisch hohen Bewertungen sieht, ist mir nicht ganz klar (vgl. Nur Zeichen für eine Unterbewertung der Aktien, by the way, ich würde sie eher bei den Renten vermuten, dann aber entsprechend nicht “euphorisch”, sondern “betrübt” oder so). [...]

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