Während die Finanzwelt von kräftigen Turbulenzen und Bankenpleiten durchgeschüttelt wird, lohnt vielleicht, unter den vielen pessimistischen Stimmen die einigen wenigen zuversichtlichen etwas stärker zu beachten…
Einer von den Optimisten ist Ken Fischer.
Ich ahne es schon: Der gleiche Ken Fischer, der die Bankenkrise nicht erkennen konnte und wollte, der ewig von Unterbewertung der Aktien sprach und spricht, Ken Fisher, der keinen Bear-Market vorsah, aber wir jetzt mehr als 20% unter den Hochs notieren (Tendenz fallend)…
Trotzdem ist Ken Fisher bestimmt nicht schlechter (ich meine: eindeutig besser) als die Perma-Bären, die jetzt endlich mal (teilweise) richtig liegen. Langfristig muss sich noch zeigen, wer besser die Märkte analysieren kann…
Also, Ken Fisher hat eine neue Wortkreation für uns — “Unbubble”.
Während die extremen Hausse-Phasen relativ gut studiert seien, haben sich die Börsen- und Finanzanalysten sowie die Marktteilnehmer insgesamt vergleichsweise wenig mit den Phasen von Unterbewertung und Pessimismus beschäftigt. Ken Fisher sieht uns gerade in einer solchen Phase, er spricht sogar von “irrational pessimism”:
The bubble, as investing phenomenon, has been well studied ever since the 17th-century tulip bulb frenzy. Its counterpart in bear markets is not well understood. We’ve got an unbubble going on right now. People are dour and pessimistic. They are acting as if we were in a depression when we are not. We are not even in a recession.
In a bubble, anyone who argues pessimistically is seen as crazy. In today’s reverse bubble, when you argue optimistically you’re seen as the crazy one–you “just don’t get it.” And because there is no word for irrational pessimism, folks are blind to it. Bubbles are hard enough to see, but reverse bubbles are completely invisible.
Forbes.com, The Unbubble
Die Medien und die Marktteilnehmer nähmen jetzt ausschließlich die negativen Aspekte, Meinungen und Diagnosen wahr: Wenn Kenneth Rogoff, ein “relativ unbekannter Harvard-Professor”, neulich prognostizierte, dass das Schlimmste noch bevorsteht, habe dies breite öffentliche Resonanz und Akzeptanz verursacht, die Zahlen zum US-BIP im zweiten Quartal, die einen Zuwachs gegenüber dem ersten auswiesen, oder die sinkenden Lagerbestände (inventories) seien aber unbeachtet geblieben, so Fisher.
When the economies of emerging markets don’t just grow but beat expectations, there’s scarcely a mention. The fact that the earnings yield (the inverse of the price/earnings ratio) of nonfinancial firms is today higher relative to long-term interest rates than it’s been in your adult lifetime is not reported either. Britain’s flat second-quarter gdp was reported as a sign of recession.
Gleiche Quelle
Oder ganz klipp und klar: “Before the reverse bubble ends, buy something”.
Zweiter, der sich als Optimist zu Wort meldet (und seine optimistische Haltung nicht aufgeben will), ist Thomas Müller: Ist noch jemand da?
Und in der Tat — die optimistischen Börsianer sind diese Tage rar gesät. Keiner glaubt an eine Rally, von einem mittelfristigen Aufstieg ganz zu schweigen…
Dies ist aber mitunter eine gute Grundlage für den Einstieg:
Gibt es Stimmungsextreme, ist ein Kippen der vorherrschenden Trends nur eine Frage der Zeit, und danach folgen oftmals mächtige, länger andauernde Bewegungen in die Gegenrichtung. Vereinfacht geht es um die Zahl der potenziellen Käufer von morgen. Diese war in der Euphorie von 1999/2000 sehr gering, denn damals hat fast ein jeder über die Börse gesprochen und war entsprechend investiert. Das Bild hatte sich dann bis zum Herbst 2002 komplett gedreht und zur Kapitulation im März 2003 geführt. Hier verloren die noch an den Märkten verbliebenen Privatanleger genauso wie Institutionelle vollends die Nerven, was zum Dax-Einbruch auf nur noch 2200 Punkte führte.
Das waren zwei Phasen extremster Stimmungen wie aus dem Lehrbuch, und solche psychologischen Ausschläge hat es weder während der Tops von 2007 noch zum Zeitpunkt der Tiefs gegeben. Die Notenbanken haben einfach zu früh und zu massiv gegengesteuert, um den Ausverkauf an den Börsen zu verhindern. In der Konsequenz hat dies dann zu dem seit zwölf Monaten andauernden, unsäglichen Gezerre der Märkte geführt, in dem auch die Zyklen versagt haben. Doch die Welt dreht sich weiter, und jede Krise hat einmal ein Ende.
Die Zahl der “potenziellen Käufer” sei heute “immens”.
Die Zeit wird zeigen…
4 Kommentare bis jetzt ↓
egghat // 23. Sep, 2008
Du trackst doch immer die Ergebnisse der Firmen. Wie viele waren besser, wie viele schlechter als erwartet. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das ein paar weniger Firmen waren, die die Ergebnisse noch unter verzerrt haben, sondern dass das der Normalfall war. Kann mich aber irren.
b) Sich das KGV ohne Finanzwerte schönrechnen ist ne tolle Übung. Einfach mal ein Viertel des Marktes ignorieren. Kann ich auch: Das KGV der US-Aktien ohne die Ölwerte ist deutlich über dem historischen Schnitt. Da ist nix von billig zu sehen.
c) Kenneth Rogoff war Chefökonom des IWF. Unbekannter Ökonom aus Harvard? Sorry, aber das zeigt nur, dass Ken Fisher nicht nur aussieht wie ein Arschloch, sondern offenbar auch eines ist.
d) Genauso fehlinterpretiert ist das Wirtschaftswachstum. Erstens war davon ohne diesen komischen Importpreiseffekt nix mehr übrig und zweitens muss mir entgangen sein, dass das überall ignoriert wurde. Das kam in allen Nachrichten und die Börse hat auch darauf reagiert. Ich kann vom angeblichen Ignorieren nichts erkennen.
e) Permabullen sind durch einen Indexfonds ersetzbar.
f) Fisher hat Citigroup empfohlen Siehe e)
Saviano // 23. Sep, 2008
Ich wusste es, hallo egghat!
(Du hast schon in vielen Punkten Recht, aber später mehr… hab gerade keine Zeit..)
Dieter Wermuths Investment Outlook September 2008 • Börsennotizbuch // 24. Sep, 2008
[...] genug mit Optimismus, [...]
Saviano // 24. Sep, 2008
Total Earnings Growth: Combined; Quelle: Zacks.com
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