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Dieter Wermuth zur Globalisierung und der Bankenkrise

27. März, 2008 · 1 Kommentar

Mit seinem heutigen Beitrag im Zeit-Blog Herdentrieb bezieht Dieter Wermuth Stellung in der Diskussion um den Zusammenhang zwischen der Bankenkrise und der Globalisierung. Seine Antwort (kurz und bündig) wiedergibt schon der Titel der Publikation: Globalisierung nicht schuld an der Bankenkrise.

In diesem, wie immer lesenswerten, Artikel wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Globalisierung, stellvertretend für die Liberalisierung der Kapitalmärkte, die Öffnung und Intensivierung des internationalen Handels sowie (besonders wichtig) der internationalen Arbeitsteilung, ganz wichtige und positive Rolle für die Wirtschaftsentwicklung der Welt (sowohl in den armen als auch in den reichen Ländern) gespielt hat. Ein fataler Fehler wäre jetzt, zu Protektionismus (was auch sehr viel mit politischem Populismus zu tun hat) oder womöglich Kapitalverkehrskontrollen zurückzukehren. Diese werden bestimmt nicht mehr, sondern (spätestens mittelfristig) weniger Wohlstand bringen und - ich bin überzeugt - auch nicht mehr, sondern weniger an Stabilität für das Finanzsystem.

Ganz zu schweigen, dass (wie Wermuth richtig bemerkt) die globalen Kapital- und Warenmärkte, Produktion und Handel, gar nicht mehr dafür geeignet sind — ein noch größeres Strukturproblem wäre die Folge.

Es ist nachvollziehbar (im Sinne von “nicht überraschend”), dass bekennende und latente “Globalisierungsgegner” die aktuelle Bankenkrise als “klares Zeugnis” dafür sehen, dass “es so nicht weiter gehen kann” mit der globalisierten Wirtschaft und diesem schier nicht zu überblickenden globalen Kapitalmarkt. Als ob wir besser dran wären, würden sie den Kapitalmarkt überblicken können.

Ein “Patzer” im Finanzsystem ist jetzt kein Grund, die Globalisierung zu beschuldigen und irgendwie rückgängig machen zu wollen. Die Krise hat ihre ganz spezifische Gründe, und ich sehe wie Wermuth kaum wirklich plausible und belastbare Zusammenhänge zwischen ihr und den immer globaleren Wirtschaftsprozessen. Außer vielleicht, dass die US-amerikanischen Hypotheken bei deutschen Landesbanken oder - sagen wir - australischen Finanzinvestoren gelandet sind. Großartig! War das alles?

Es ist eigentlich die Globalisierung, auf die viel Hoffnung gerichtet sein darf: Durch starke Produktivitätssteigerungen - sowohl an den bestehenden Prozessen als auch durch die einfache Ausbreitung der Marktwirtschaft - kann sie mehr Wohlstand und (reale) Wirtschaftsleistung bringen und somit uns aus (dieser und weiteren) Finanzerschütterungen “herauszuziehen”.

Denn: prima l’economia e poi le finanze (um das berühmte “Prima la musica e poi le parole” zu periphrasieren).

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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1 Kommentar bis jetzt ↓

  • Saviano // 28. Mrz, 2008

    Im Prinzip eine Gegendarstellung auf den Nachdenkseiten.de heute: Paul Krugman: Feiern als wäre es 1929 (Übersetzung aus dem Englischen, NYTimes 21.03.2008).

    Darunter:

    Entgegen weit verbreitetem Glauben war der Crash des Aktienmarktes 1929 n i c h t der entscheidende Moment der Weltwirtschaftskrise. Was eine gewöhnliche Rezession in eine zivilisationsbedrohende Wirtschaftskrise verwandelte, war eine Welle von Bankenfluchten 1930 und 1931.

    Die Bankenkrise der 1930er zeigte, dass deregulierte, unüberwachte Finanzmärkte allzu leicht katastrophale Ausfälle hinnehmen müssen. Als die Jahrzehnte vergingen, wurde die Lektion, wie auch immer, vergessen – und nun müssen wir sie neuerlich lernen, auf die harte Tour. Um das Problem zu verstehen, muss man wissen, was Banken tun.

    Moment mal! Mag schon stimmen, dass nicht alleine das Platzen der Börsenblase die Depression in 1929 ausgelöst hatte, mag schon stimmen, dass die Märkte damals viel deregulierter, unüberwachter und folglich anfälliger waren, aber einer der Hauptgründe für die lange und schwere Krise (Depression, Deflation) war die feste Bindung des Dollars am Gold — das verschärfte erst recht die Illiquidität und machte die Bankenflucht unkontrollierbar…

    Entsprechend wurde die Depression erst mit dem New Deal von Roosevelt beendet, wobei ein substanzieller und entscheidender Teil eben die (teilweise) Aufhebung des Goldstandards war. So konnte auf einmal die Bankflucht gestoppt , die Liquidität wiederhergestellt und das massive New-Deal-Konjunkturprogramm gestartet werden.

    Freilich, die kaum regulierten Finanzmärkte waren nicht gerade unschuldig… Die Gründung der United States Securities and Exchange Commission (SEC) kam nicht von ungefähr. Man kann jetzt anführen, dass die Märkte heute, trotz besserer Regulierung, doch “unüberwachte Wege” gefunden haben, um ihren Schaden anzurichten. Aber wenigstens die Fähigkeit der Fed (und praktisch aller Notenbanken der Welt), unendliche Liquidität zur Verfügung zu stellen, ist ein bedeutender Unterschied zu 1929. Solche Bankflucht (bank run) wird es diesmal nicht geben.

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