Ich habe am Donnerstag über die gemischten Konjunktur-Signale aus den USA berichtet. Die Daten deuten mehrheitlich auf eine weitere Verlangsamung der Konjunktur und somit auf eine “entspanntere” Situation für die weiteren geldpolitischen Entscheidungen der Fed hin.
Dieter Wermuth vom Blog Herdentrieb sieht darin sogar ein recht deutliches Signal für baldige Zinssenkung: Fed wird bald senken. Hier würde ich persönlich eher noch ein Stückchen mit dem Fed-Chef Bernanke halten, wenn ich richtig aus seinen Worten eine zurzeit etwas größere Sorge um ein Wiedererwachen der Inflation und weniger um den Wachstumsverlauf herauslese. Auf der anderen Seite natürlich ist ein demokratischer Senat da, der auf Job-Aufbau und auf eine Ausweitung des Aufschwungs bzw. seiner Früchte in die breiteren Bevölkerungsschichten drängt (um nicht zuletzt einen politischen Kontrapunkt zu der republikanischen Regierung von George W. Buch zu schaffen).
Was ich eigentlich kurz kommentieren wollte ist, zum einen, der Immobilienmarkt und, zum zweiten, die Perspektiven für den Dollar.
Aus den Daten am Donnerstag konnte man eine leichte Stabilisierung des Immobilienmarktes annehmen. Die kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der amerikanische Bausektor und Wohnungsmarkt in einem ziemlich rasanten Abschwung befindet. Im gleichen Beitrag (Herdentieb) veranschaulicht auch eine entsprechende Grafik die Lage: stark abgenommene Hausneubauten dokumentieren das Ende des Immobilien-Booms.
Wir bleiben also noch gespannt, wie sich dies auf die US-Konsumenten auswirken wird. Dieter Wermuth hat wohl Recht, wenn er schreibt:
Der Wohnungsmarkt ist “dead in the waterâ€, wie die Amerikaner sagen. Dabei steht der Großteil der Umstellungen variabel verzinslicher Hypotheken auf die höheren Zinsen erst noch bevor. Wir dürfen gespannt sein, ob es demnächst auch Effekte bei den Immobilienpreisen gibt. Bisher haben sie sich gut gehalten, so dass die Verbraucher bislang noch keine Vermögensverluste hinnehmen mussten und angesichts des bombenfesten Arbeitsmarkts und der Kursgewinne bei ihren Aktienportefeuilles nach wie vor munter weiter konsumieren.
Man bemerkt: die Schwäche des Immobilienmarktes ist momentan hauptsächlich bei der Bauaktivitäten und Zahlen der Verkäufe/Abwicklungen zu sehen. Bei den Preisen konkret sind die Auswirkungen noch nicht im Negativen zu spüren. Die Vermögenswerte bleiben also noch nicht stark angegriffen. Dies erinnert mich zugleich an einen früheren Gedanken, den ich mal bei Mark Mahorney gefunden habe (leider schreibt er nicht mehr in seinem Stockblog.com): die Bauunternehmer seien so verängstigt von diesem ständigen Blasen-Gerede, dass sie rigoros mit Kürzung des Angebots regieren (das war bereits vor Monaten und scheint sich gut zu bestätigen). Daraufhin kann sich das Angebot unter Umständen noch schneller verringern als die Nachfrage – ergo die Preise (oh, Ãœberraschung!) können sogar steigen.
Ich glaube zwar nicht, dass es so leicht zu einem überraschenden Preisanstieg bei den Immobilien kommen kann, aber dieser Zusammenhang könnte die noch ausbleibende Auswirkung auf die Preise mit erklären. Bei dem Tempo, mit welchem das Angebot an Immobilien zurückgeht, könnte man im Zweifel von recht stabiler Preislage ausgehen – so paradox es zunächst klingen mag (vergessen wir nicht: andere Faktoren, die auf der Nachfrageseite wirken, sind mehr oder weniger noch völlig intakt – Wirtschaftswachstum, hohe Beschäftigungszahlen, relativ niedrige Zinsen, steigende Vermögenswerte insgesamt etc.).
Also, die als gefährlich eingestufte Wirkung fallender Immobilienpreise ist noch nicht präsent und könnte unter Umständen trotz starker Abkühlung im diesem Markt ausbleiben.
Der zweite Punkt, den Dieter Wermuth hier anspricht, ist der time-lag, mit dem die Verbraucher auf die (etwas) höheren Hypothekenzinsen umstellen. Demnach haben wir noch nicht alle negativen Effekte gesehen. Die Konsumenten werden wahrscheinlich auch etwas Zeit brauchen, ihr Konsumverhalten den veränderten finanziellen (wohl eher) Belastungen auszurichten. Ãœber die Intensität dieser negativen Effekte kann man nur vage spekulieren. Aber bei der ganzen Geschichte mit den Immobilien stand – wenigstens für mich – nicht soviel die Sorge im Vordergrund, ob die Verbraucher ihre Finanzen richtig eingeschätzt haben und doch eine etwas höhere Hypothek aufgenommen haben, sondern das spekulative Treiben im Markt. Ich denke, die Amerikaner sind kein bisschen weniger vernünftig als die Menschen hierzulande. Unvernünftig und gefährlich wird ein Markt vor allem durch spekulatives Verhalten, durch kreditfinanzierte, gehebelte Konstruktionen, die alleine auf einen weiteren Anstieg der Preise ausgerichtet sind.
Es sind mittlerweile 6-7 Monate vergangen, seitdem der Immobilienmarkt abzubröckeln begann. Im Prinzip sollte man noch eine Weile abwarten, aber gäbe es eine (so kolossale) Blase, hätten wir in dieser Zeit wohl etwas deutlicheres Platzen hören müssen. Was mich zu der Annahme führt – sehr viel mehr sollte nicht kommen (das schließt jetzt eine längere Konsolidierungsphase, mit punktuell fallenden Preisen nicht aus).
Und nun schnell mal zum Dollar. Dieter Wermuth macht hier folgende Bemerkungen:
Wenn nicht alle Welt schon seit langem auf einen festeren Euro setzen würde, müsste er angesichts der Zahlen aus Amerika eigentlich viel fester sein. Hinzu kommt ja auch, dass die Wachstumsschätzungen für das Euroland ständig nach oben revidiert werden, so gerade etwa von der EU-Kommission, die für 2007 jetzt beim realen BIP des Eurolands 2,4 Prozent erwartet. Dass sich die Zinsdifferenz zum Dollar weiter einengen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche, so dass es sowohl von den Zinsen als auch von den Unterschieden in den Leistungsbilanzen her eine steigende Nettonachfrage nach Euro und damit eine Aufwertung geben sollte. Dass die Märkte das nicht ganz so sehen, beunruhigt mich ein bisschen – vielleicht übersehe ich etwas.
Ich würde sagen: tja, eigentlich übersieht Herr Wermuth nichts, er sagt es selber – alle Welt ist schon seit langem auf einen festeren Euro eingestellt, sprich positioniert. Eigentlich kann man hier quasi auf ein fait accompli warten – mit der ersten Zinssenkung der Fed wird mich gar nicht überraschen, den Dollar steigen zu sehen.
7 Kommentare bis jetzt ↓
Torsten // 19. Feb, 2007
Grundsätzlich möchte ich Ihnen bei Ihren Gedanken zum Immoblilienmarkt in USA zustimmen, das seit langem vorausgesagte Blatzen der Immobilienblase ist ausgeblieben. Nichtsdestotrotz signalisiert nach meiner Einschätzung insbesondere die stark gefallene Zahl der Wohnbaubeginne in den USA (Zahl ist Januar um 14,3 % auf 1,408 Mio. zurückgegangen, erwartet wurden 1,590 bis 1,600 Mio. nach noch 1,643 Mio. im Vormonat) einen sich beschleunigenden Trend, der, unter ungünstigen Bedingungen, durchaus noch zu einem Blatzen der Balse führen kann. Faktoren dieser Art können sowie exogener als auch endogener Natur sein. Besonders gefährlich sind hier exogene Faktoren (z.B. Terroranschläge), die zu starken Kursverlusten am Aktienmarkt führen würden. Denn dann würde die von Ihnen beschriebene Konstellation, dass der Konsum aktuell noch durch ein hohes – sugeriertes – Vermögen bei den Kapitalanlagen (hier insbesondere Aktien) zu nach wie vor hohem Konsum führt, in sich zusammenbrechen und auch einen Verfall der Immobilienpreise nach sich ziehen. Und was das für den Dollar bedeuten würde, brauche ich hier sicher nicht näher beschreiben.
VG
Die geldpolitische Situation weltweit • Börsennotizbuch // 19. Feb, 2007
[...] Bei der Betrachtung der geldpolitischen Entwicklungen steht die Fed – völlig zurecht – im Mittelpunkt des Interesses. Dennoch sollte man die übrige Welt nicht aus dem Blick verlieren. In Hinsicht auf die globale Liquidität haben die geldpolitischen Entscheidungen außerhalb der USA auch einen gehörigen Einfluss. Und während die Fed eine lange Pause eingelegt hat und womöglich bald eher an Zinssenkungen denken wird, wird anderenorts die restriktive Geldpolitik fortgesetzt. [...]
Saviano // 19. Feb, 2007
Unter ungünstigen Bedingungen könnte alles passieren… Die Frage ist, ob sich die ungünstigen Bedingungen aus einer – realistischen bzw. wahrscheinlichen – Analyse ergeben. Man kann – meiner Meinung nach – nicht immer nach einem Worst-Case-Szenario handeln, denn man liegt – zwangsweise – viel zu häufig daneben.
Terroranschläge sind übrigens stark überschätzt in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen (jetzt bitte nicht gleich mit einem atomaren Szenario gegenargumentieren).
Ich halte den Abschwung am US-Immobilienmarkt auch nicht für ausgestanden, ich erwarte aber nicht viel negativer Druck.
Saviano // 20. Feb, 2007
Vielleicht noch ein paar nützliche Informationen zur Auffassung, dass noch nicht alles am US-Immobilienmarkt ausgestanden ist:
Im Blog The Big Picture zeigt Barry Ritholtz einige Grafiken (und Zitate) aus WSJ: die Zunahme an Risiko-Hypothekenkrediten (subprime loans) in den letzten Jahren ist deutlich; zudem steigt auch die Rate der Kündigungen (foreclosures) insbs. bei diesen Hypotheken.
Zusammenfassung bei The Big Picture: Subprime Market Datapoints
Der komplette Artikel bei WSJ: The Subprime Market’s Rough Road
Olaf // 20. Feb, 2007
Dazu war letzte Woche auch ein Artikel in der FAZ
(Schlagzeilen Punkt xvii). Scheinbar schlagen die Probleme so langsam auch auf den nachgelagerten Markt für die entsprechenden Kreditderivate durch.
Existing Home Sales fallen schwach aus • Börsennotizbuch // 25. Jul, 2007
[...] Was ich aber noch zu Beginn der Krise gesagt habe – die Sorgen um eine Blase haben anscheinend auch die Bauunternehmen verängstigt, sodass diese mit rechtzeitigem und kräftigen Reduzieren des Angebots reagierten. Dem Sinken der Verkäufe stehen also auch sinkende Bestände: The sales declines covered all parts of the country. Sales were down 7.3 percent in the Northeast and 6.8 percent in the West. Sales fell 2.8 percent in the Midwest and 1.7 percent in the South. [...]
Existing Homes Sales, Januar: Tendenz weiter fallend • Börsennotizbuch // 25. Feb, 2008
[...] bin übrigens gespannt, ob sich ein Effekt, wie ich ihn noch vor einem Jahr beschrieben habe, aber gar nicht einsetzt (uh!) — es geht um [...]
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