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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Was sind schon 1.000 Mrd. Dollar?

9. April, 2008 · 1 Kommentar

Der IWF hat heute nicht nur angekündigt, sich von ca. 400 Tonnen Gold trennen zu wollen (was zu heutigen Kursen ca. 11 Mrd. Dollar Wert ist), der IWF hat auch die Verluste durch die Immobilienkrise auf ca. 945 Mrd. Dollar geschätzt:

Allein in Verbindung mit ausfallgefährdeten US-Wohnungsfinanzierungen und fallenden Preisen für solche Immobilien könnten Verluste von rund 565 Milliarden Dollar auflaufen, hieß es im am Dienstag veröffentlichten IWF-Bericht zur Welt-Finanzstabilität. Ausfälle am Markt für Geschäftsimmobilien und bei Krediten für Konsumenten hinzugerechnet, könnte die Summe auf 945 Milliarden Dollar steigen.

Reuters.com, IWF warnt vor Billion-Dollar-Risiken aus Finanzkrise

Übrigens, der Global Financial Stability Report kann hier aufgerufen werden. Im Einzelnen sehen die geschätzten Verluste so aus (s. 50 des Reports, Klick für größere Ansicht):

IWF - Verluste durch die Hypothekenkrise

An dieser Stelle heißt es auch:

Banks globally are expected to shoulder roughly half of the subprime mortgage-related losses, based on bottom-up analysis using publicly disclosed exposures. Specifically, banks are estimated to have $740 billion of net subprime exposure, mostly held by U.S. banks (53 percent), with the remainder held by European (41 percent), Asian (5 percent), and Canadian (1 percent) banks. In terms of composition, U.S. banks (together with government-sponsored enterprises) hold a greater proportion of overall exposure to the subprime market through unsecuritized subprime loans and ABS CDOs compared with European banks. On the other hand, European banks hold a greater proportion of their exposure to the subprime market via ABS. Banks are assumed to hold the most senior tranches.

Mit einem Wort: Die Banken werden in etwa die Hälfte der Verluste tragen. Wenn ich dann richtig gelesen habe, sind dies ca. 290-300 Mrd. Dollar (was allerdings spürbar weniger als die Hälfte ist!?). Davon haben wir den größten Teil bereits abgeschrieben (Grafik von s. 52, Klick für größere Ansicht):

IWF - Banken Abschreibungen bisher, Hypothekenkrise

IWF schätzt, dass von amerikanischer Seite noch 49 Mrd. USD dazukommen könnten, von europäischer weitere 43 Mrd. USD.

(Und das war’s dann, ja! ;-) Aber, im Ernst, ich glaube, man kann auf George Soros hören als er neulich sagte, “dieses Gesicht der Finanzkrise [die Abschreibungen bei Subrime-Hypotheken und verwandten Papieren] ist mehr oder weniger hinter uns” (er machte sich dann explizit Sorgen um die Credit Default Swaps).

(Ãœbrigens Video mit George Soros — sieh Link im Kommentar).

Nun, was sind hier noch 55 Mrd. Dollar? — machen wir es rund: Tausend Milliarden USD.

[-- Jetzt nehmen Sie mich bitte nicht ganz ernst -- es ist schon eine riesige Summe -- aber -- ]

So what?

Ich will nur einige Zahlen nennen, die wahrscheinlich als eine Art Kommentar dienen können:

  • Am Nasdaq hatten wir Ende 1999 eine Marktkapitalisierung von ca. 5.200 Mrd. USD. Ende 2002 lagen wir unter 2.000 Mrd. USD.
  • Am NYSE sind die entsprechenden Zahlen ca. 11.500 Mrd. und 9.000 Mrd. USD.

Quelle: www.world-exchanges.org, Market Capitalization (PDF)

Also: In der jüngsten Vergangenheit haben wir auch schon mal “größere Abschreibungen” vorgenommen.

Ja, eine Rezession folgte, aber eine milde. Und außerdem: hat dies irgendwie den … hm … Immobilien geschadet? Nein, dann waren die Zinsen auf einmal niedrig und feuerten die große Immobilienhausse an (danke, Alan!). Die (weitaus) massiveren Verluste erreigneten sich hauptsächlich an den Börsen (vor allem: Technologie-Sektor). Also könnte man nicht zumindest auf den Gedanken kommen, die Krise wird sich am Immobilienmarkt und in den verwandten Bereichen abspielen, während woanders wieder “angefeuert” werden kann?…

  • Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) alleine der USA ist ca. 13.794 Mrd. Dollar, das europäische ist ca. 16.574 Mrd. USD; das Welt-BIP liegt bei ca. 53.352 Mrd. USD (Daten: Wikipedia).

Also wenn ich 53.000 im Jahr verdienen würde und einen Verlust von 1.000 erfahre, werde ich nicht gleich zusammenbrechen.

(Der Vergleich mit einer Privatperson, ist hier nur provokativ; die großen Wirtschaften dieser Welt, und die Welt als Ganzes, sind aber im Zweifel viel, viel solventer bzw. haben (praktisch) unbegrenzte Kreditlinien).

Und schließlich: das sind alles nur Papierverluste, Bilanzen, Abstraktionen (!). Wenn man schon abschreiben soll, dann schreiben wir eben ab, fertig! Holt die Menschen an die Arbeit — es geht weiter…

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