Auch gestandene Analysten und langjährige Beobachter der Finanzmärkte sehen sich momentan mit einer komplizierten Situation konfrontiert. Die Meinungen können entsprechend deutlich voneinander abweichen. Aber nicht nur die analytischen Bestandsaufnahmen, geschweige denn Prognosen, erweisen sich als schwierig, auch der sonst in solchen Perioden übliche Blick auf „die Märkte“ erscheint etwas verwirrend. Denn, sollten es die Analysten nicht genau wissen, hatten die Märkte häufig ein besseres Gespür für die Gefahren oder die Chancen.
Aber was machen die Märkte?
Zum Beispiel kann man in den letzten Wochen beobachten, dass die Renditen am langen Ende fallen. In USA bedeutet dies eine noch steiler invers geneigte Renditekurve – eine atypische Konstellation, die nach baldige Auflösung schreit. Im früheren Beitrag habe ich auf die Meinung verwiesen, dass diese Auflösung wohl über steigende Renditen gehen würde. Ich habe da meine Zweifel. Fakt ist zunächst, dass die langen Zinsen fallen. Und dies stört so manchen Kommentator, der nach steigender Inflation (nach regelrechtem Inflationsproblem) Ausschau hält (z.B. The Big Picture: Does the Bond Market Have it All Wrong?).
Übrigens, ich respektiere sehr die Arbeit von The Big Picture und lese die Beiträge gerne. Hier haben wir es mit einer fundierten und erfahrenen Meinung zu tun. Also hinhören trotz meines zum Teil gegenteiligen Standpunktes.
In dem oberen Artikel verweist der Autor auf die Devisenmärkte (somit ich auf meine Einleitung zurückkomme – eigentlich auch die Märkte liefern viele unklare und widersprüchliche Signale). Der Außenwert des Dollars sinkt – was hier als die Reaktion des Marktes auf Geldentwertung, also Inflation, gedeutet wird. Ja, aber die langen Zinsen der Dollar-Bonds fallen – also doch keine Inflationsgefahr?
Die inverse Zinskurve suggeriert wiederum Konjunkturabschwächung (und weniger erwartete Inflation), aber die Aktien halten sich noch und machen sogar in den letzten Tagen/Wochen Anstalten, weiter zu steigen…
Die Konjunkturindikatoren und insbesondere die Gewinnentwicklung der Unternehmen sind noch stark, Deutschland erfährt wieder Wachstum, aber die ZEW-Konjunkturerwartungen (und Consumer Confidence in USA) sinken…
In The Big Picture wird nett formuliert:
I have been fond of saying that the equity traders are the hormonal teenagers of the capital markets … In our metaphor, the Bond market is the so-called adult supervision. Bond vigilantes have long been thought of as applying much needed pressure to the Feds to keep inflation under control, and rein in the deficit spending habits of the Federal government.
Und dann wird angesichts der (angeblichen) Inflationswarnzeichen gefragt:
How could professional bond investors speed through these stop signs at 75 mph?
Also bringen die „alten“ Bond-Investoren da etwas gewaltig durcheinander? Ich glaube, sie wittern richtig die Richtung – Abkühlung und weniger Inflation. Aber auf diese Weise bereiten sie schon jetzt den „Party-Boden“ für die „Aktien-Teenager“. Und sie verhalten sich so lange so brav, dass sie bald eine richtige Party verdient haben.
Nur die „Alten“ bewegen sich etwas langsam. Lasst ihnen noch etwas Zeit…
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