In der FAZ.net werden unter dem Titel “Höhere Renditen sind nicht immer Gift für Aktien” die Renditen 10-jährigen Bundesanleihen der Entwicklung des Dax gegenübergestellt und ähnlich viele Perioden ausgemacht, in denen ein Zinsanstieg parallel mit einem Aktienkursanstieg verlief. Also schlussfolgert der Autor Steffen Uttich, dass die steigenden Renditen festverzinslicher Papiere nicht zwangsläufig schlecht für die Aktien sind.
Der Artikel versucht diese Aussage etwas zu relativieren, bleibt jedoch gefährlich nahe an einer Milchmädchenrechnung.
Erstens ist an der Börse nichts zwangsläufig. Aber interessanter wird es, wenn man die Analyse nachzuvollziehen versucht.
Alleine eine “mechanische” Gegenüberstellung von zins- und Aktienkursverläufen ist viel zu simpel. Die Auswirkung steigender Zinsen auf die Aktien geht über – um es knapp zu halten – die Bewertung der Aktien, über die Attraktivität der (risikolosen bzw. risikoarmen) Alternativen und im Allgemeinen über die Liquiditätsversorgung (vielleicht mit anderen Worten: die Attraktivität der Verschuldung). Des weiteren haben höhere Zinsen eine bremsende Wirkung auf die Gewinne der Unternehmen und auf die Konjunktur (im Grunde genommen erscheinen sie hier als Kosten).
Alle Faktoren können in bestimmten Börsenphasen vom Publikum länger ignoriert, oder aber fast simultan in den Kursen berücksichtigt werden. Zum einen spielt die Psychologie hier eine sehr große Rolle, zum anderen kann es auch mal ganz einfaches Spekulieren der Marktteilnehmer sein (wir sind schließlich an der Börse) – Spekulieren, das mal mehr, mal weniger erfolgreich sein kann.
Die zeitliche Komponente ist also äußerst flexibel, und die historische Erfahrung lässt sie nicht auf praktikable Zeiträume von etwa einigen wenigen Monaten eingrenzen. Es kann mal im Gleichschritt passieren, mal dauert es über einem Jahr, bis die Aktien auf die Zinsentwicklung reagiert haben.
Wenn man sich also die Schattierungen in der FAZ-Grafik anschaut, kann man aber vorsichtig folgende Beobachtung machen (leider hier nur seit 1980):
In den Fällen, als die Aktienkurse schneller auf steigende Zinsen reagiert haben, waren die Rückgänge im Dax weniger stark und die Börsen konnten bald darauf eine ansehnliche Hausse feiern. Andersherum, als die Aktien die Kursanstiege längere Zeit ignorierten, waren die Korrekturen danach schärfer und tiefer, und es kam auch zur Baisse (eigentlich zur einen großen nach 2000).
Momentan hat uns die FAZ in der gefährlicheren Situation positioniert: die Zinsen und die Aktien steigen längere Zeit parallel. Also es droht Ungemach.
Ich würde mich dennoch meinem Bauch verlassen und sagen: noch ist es etwas zu früh, größere Gewitter vorauszusehen. Wenn die Aktienkurse jetzt und in den kommenden Wochen konsolidieren, würde ich dies als die vorsichtige erste Variante sehen, die uns leicht auf etwas stabileren Boden zurücksetzt und die Grundlage für die nächste Hausse bildet.
Ausführlich zum Thema hat noch etwa Robert von Heusinger geschrieben: Gedanken zum Bondmarkt
1 Kommentar bis jetzt ↓
Saviano // 15. Jun, 2007
Hier noch die Zusammenfassung von Barry Ritholtz (The Big Picture) der Auswirkungen steigender Zinsen auf die Börse:
1) Valuation: Models such as the so-called Fed model that have been declaring equities undervalued rely on comparing the earnings yield with the 10 Year yield. As the yield spikes, what was “undervalued” by this measure suddenly is much less so.
2) The M&A / LBO Put: One of the firm bids supporting this market has been the manic pace at which public companies have been taken private of by Private Equity (soon to be public themselves). Some have argued this was based on cheap stock prices, but we shall soon find out that it was based in fact on cheap money. As that gores away, so too will the LBO Put.
3) Competition: If you could get a guaranteed 5.5% or 6% on your money — risk free — would you? The answer depends on your personal situation, but for many institutions and wealthy investors, the answer is absolutely.
4) Profits: If it costs more to borrow or finance, that bites into profits. Indeed, this has been one of the primary complaints about the Fed model, it double counts low rates this way, and can makes apparently cheap looking companies more expensive-looking in fast order as rates rise.
5) Share buybacks: Much of the share buybacks we have seen have been financed with cheap borrowed money. This is another leg of the bullish stool that is about to leave town on the same stagecoach as low rates. (cue music, sunset)
6) Consumer spending: WIth MEW sliding, we have seen an increase in consumer credit driven spending. Watch that crimp if rates stay near 5.25%. Indeed, we could see a move towards 5.5% by Summer’s end once people realize Bernanke is serious about a rate hike by year’s end.
Why Bond Yields are a Sextuple Threat
Kommentieren: