anzeige

Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
Börsennotizbuch random header image

Joachim Goldberg im Interview: Führen Sie Blog Tagebuch

18. Juni, 2007 · 2 Kommentare

Joachim Goldberg ist vielen durch seine Beiträge zum Anleger-Sentiment, die auch hier im Blog regelmäßig erwähnt werden, bekannt. Jetzt erscheint ein neues Interview mit ihm bei Fundresearch.de, in dem er unter anderem die aktuelle Börsensituation (trotz oft zitierten gegenteiligen Schilderungen in der Presse) als durchaus vorsichtig, fast skeptisch beschreibt. Seine Indikatoren würden eigentlich “antizyklische Kaufsignale” wegen des schwachen Anleger-Sentiments anzeigen – trotz Dax am ATH (Allzeithoch / All Time High).

Als einer der Gründe dafür nennt Goldberg den (allgegenwärtigen) Vergleich, hier insbesondere auf psychologischer Ebene, mit der 1999-2000er Situation. Und nennt gleichzeitig ein nicht unbedeutendes Problem: die Menschen lernen nur aus identischen Situationen. Ich würde auch so formulieren: nur bei identischen Situationen sind die Menschen (aus Erfahrung) imstande, bessere/richtige Börsen-Entscheidungen zu treffen. Sobald sich aber das Bild durch einige neue Striche ändert, werden die alten Fehler wieder begangen. Oder wie Joachim Goldberg im Interview-Kontext sagt:

FundResearch: Sie bauen ihre Liquidität aber derzeit nicht ab.

Goldberg: Noch nicht. Sie müssen aber sehen, dass für Fondsmanager entgangene Gewinne entgegen aller Börsenweisheiten eben doch Verluste sind, schließlich werden sie an einem Vergleichsindex gemessen. Noch warten alle auf den großen Rückschlag. Ihr Idealszenario wäre ein langsames Abbröckeln der Kurse um zehn Prozent.

FundResearch: Das Kennzeichen einer Hausse sind aber eher kurze, heftige Kurseinbrüche.

Goldberg: Eben. Deshalb überwiegt ja der Pessimismus. Die Art der jüngsten Aufwärtsbewegung erinnert viele an die Jahre 1999 und 2000. Jeder will seine Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit ziehen und vermeiden, dass ihm so etwas noch einmal passiert. Das Problem ist aber, dass Menschen nur aus identischen Situationen lernen. Sobald nur ein paar andere Schattierungen im Spiel sind, machen sie die alten Fehler wieder.

FundResearch: Zum Beispiel?

Goldberg: Schauen Sie sich die Rohstoffmärkte an. Viele Anleger zocken mit Gold, Kupfer und Nickel herum, ohne sich bewusst zu sein, dass die Notierungen hier genauso in den Keller rauschen können wie der DAX von 2000 bis 2003. Sie haben in diesen Märkten nur noch keine eigenen Negativerlebnisse gehabt und machen mit, weil der Nachbar sich damit das Geld für seinen neuen Sportwagen verdient hat.

Joachim Goldberg rät eindringlich (wieder einmal: hauptsächlich aus psychologischer Sicht) zur Disziplin. Und wie kann man sie sich antrainieren? Na, “indem man ein Börsentagebuch führt”.

Oder eben – Blog (obwohl, ehrlich gesagt, das öffentliche Publizieren auch zu aus psychologischer Sicht nicht zu unterschätzenden Konflikten führt – man will vielleicht doch Recht behalten, und bleibt an einer falschen Meinung hängen, anstatt flexibler mit Fehlern umzugehen).

Kategorien: Frontpage · Sentiment

Tags:

Vor- und zurückblättern (aktuelle Kategorie) ↓

Anzeige ↓


Verwandte Beiträge ↓



2 Kommentare bis jetzt ↓

  • egghat // 18. Jun, 2007

    Das Führen eines öffentlichen Depots führt zu Konflikten. Das ist richtig. Allerdings führt es auch (aus meiner Sicht) dazu, dass man keine Zockeraktien mehr kauft, dass man besser recherchiert und das man besser reflektiert. Zumindest wenn man die wichtigen Charaktereigenschaften für den Börsenerfolg hat. Hat man diese nicht, wird der Schuss nach hinten los gehen, man wird immer dämlichere Ausreden suchen (der Markt ist Schuld, die Bild-Zeitung ;-) ) und am Ende ist das Blog schuld und es wird eingestellt …

    Bye egghat.

  • DAX-Prognose 2007: Mehr als halb gewonnen? • Börsennotizbuch // 18. Jun, 2007

    [...] Ich denke, noch sind die Aktionäre in der stärkeren Position. Sie können Konjunkturschwäche und schlechtere Fundamentaldaten auf diesem Bewertungsniveau (locker) aussitzen. Um der Liquidität – vor allem in ihrer wichtigsten Ausprägung: den langfristigen Zinsen – ist es nicht mehr so günstig bestellt, die Aktien-Alternativen werden attraktiver, aber noch ist es ein Tick zu früh, die Alarmglocken zu läuten. Zumindest nicht so, dass man den Markt en masse verlassen muss. Korrekturbewegungen, die durchaus zu erwarten sind, werden schnell kaufenswerte Kurse hervorbringen. Außerdem scheint mir der Markt psychologisch gut unterstützt zu sein, vor allem durch die anhaltende Angst und 2000er Vergleiche, wenn Sie mich verstehen. [...]

Kommentieren: