Nicht wenige Beobachter deuten die Stärke des Aktienmarktes als „Sorglosigkeit“ der Anleger. So zum Beispiel analysiert Ralf Drescher vom Handelsblatt.de die Situation:
Auch nach fast vier Jahren Kursanstieg stehen die Zeichen am Aktienmarkt auf Wachstum. Das hohe Vertrauen in die Börsen zeigt sich schon daran, dass bei kleineren Rückschlägen wie Ende vergangener Woche sofort neue Käufer den Markt stützen. Das nährt die Hoffnung auf eine Jahresendrally und unterfüttert die Prognosen der Bankanalysten, die für 2007 unisono weitere Kursanstiege in Aussicht stellen.
Aber halt: Lehrt uns nicht die Vergangenheit, bei den Vorhersagen der Profis Vorsicht walten zu lassen? Oft genug stellten sich deren Schätzungen als falsch heraus. Auch für 2006 liegen die Banken voraussichtlich daneben: Im Durchschnitt hatten sie den Dax per Jahresultimo bei 5 700 Punkten gesehen, mehr als 6 100 Punkte hatte dem Index niemand zugetraut.
Riskante Sorglosigkeit der Analysten
Und dann kommt das „Lieblingsargument“:
Der Volatilitätsindex VDAX liegt mit Werten im niedrigen zweistelligen Bereich knapp über seinen historischen Tiefs – ein klares Zeichen für die Sorglosigkeit der Investoren.
Ich weiß nicht warum die Volatilität stets mit dem Risiko verwechselt wird. Volatilität ist nicht gleich Risiko. Die Volatilität kann nur die historischen Schwankungen (als historische Volatilität) oder Annahmen über die zukünftigen Schwankungen (als implizite Volatilität) messen. Mehr ist da nicht. Und wer davon Rückschlüsse auf das Risiko zieht, macht das auf eigene Gefahr.
Der Autor merkt außerdem wohl selber nicht, dass die obligatorische „Tirade“ über die „ausgeblendeten“ Risiken, die er gleich im Anschluss schreibt, sich in jeder Ausgabe der Wirtschaftsmedien wiederholt.
Eine niedrige Volatilität signalisiert nicht Risikolosigkeit, sondern eher ausgeglichenes Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Es gibt keinen Engpass. Kein Eingpass beim Geld: Liquidität ist noch genügend da – die Fed (als wichtigste Institution hier) hat die Zinsen wahrscheinlich in dem richtigen Moment ruhen gelassen – dank eine Wirtschaft, Inflation und Rohstoffmärkte, die sich günstig verlangsamten, bevor man sie hierzu durch weiterem Liquiditätsentzug zwingen sollte. Und kein Engpass bei den Papieren (obwohl offensichtlich etwas zu wenig, da die Preise steigen).
Die Frage ist, was wird schneller knapper: das Geld oder die Papiere? Sie meinen das Geld? Ich denke nicht.
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