anzeige

Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
Börsennotizbuch random header image

Der Ölpreis sinkt etwas – kann es wirklich passieren…

14. Februar, 2006 ·

Der Ölpreis sinkt momentan und notiert auf einem 6-Wochen-Tief bei etwa $60 pro Barrel. Genauere Angaben zu den unterschiedlichen Sorten entnimmt man der Onvista-Meldung von heute:

Ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) kostete am Abend in New York 60,90 US-Dollar. Das waren 94 Cent weniger als zum Handelsschluss am Freitag. Zuletzt hatte ein Barrel am 3. Januar weniger gekostet. Ein Barrel der Nordseesorte Brent verbilligte sich am Montag um 14 Cent auf 59,50 Dollar.

Kann es denn wirklich passieren, dass die Öl- und somit auch die Rohstoffmärkte etwa übertrieben haben und sich in eine Korrektur hineinbewegen?… Unüberhörbar ist immer noch die große Zuversicht der Anleger, Kommentatoren und Analysten bezüglich eines Superzyklus, Verknappung etc. Sie wieder zu wiederholen ist mehr als überflüssig – zu Genüge standen sie in der Presse…

Das wohl gefährliche an die ganze Geschichte ist, dass die bullische Haltung hier bisher sehr gute Performance lieferte. Ich habe nie gesagt, dass diesem Trend völlig die fundamentale Untermauerung fehlt – ganz im Gegenteil:

( – um nur einige zu nennen – )

Die Weltwirtschaft wächst in den letzten Jahren mit überdurchschnittlichem Tempo; die Unternehmen haben große Produktivitätsverbesserungen (auch aufgrund des schwierigen und herausfordernden Umfeld der großen Baisse) erzielt; die Kapazitäten der Industrie waren lange Zeit im historischen Vergleich schwach ausgelastet und sind sogar immer noch leicht unterdurchschnittlich. Dies ermöglichte auf der Produktionsseite eine Wirtschaftlichkeit auch bei hohen Energie- und Rohstoffpreisen.

Gleichzeitig wurde dem Finanzsystem üppige Liquidität zur Verfügung gestellt; die Zinsen in den USA betrugen bis vor anderthalb Jahren 1%, um eine mögliche Deflation zu entgegnen, und blieben lange niedrig. Auch in den anderen wichtigsten Währungsregionen wird Geld zu einmalig günstigen Konditionen angeboten.

Diese Mischung ist natürlich bullisch – allerdings auch gleichermaßen bullisch für die Aktienmärkte. Dass sich das Publikum trotzdem in Richtung Rohstoffe mehr begeisterte, hat wohl psychologische und politische Ursachen.

Nur wieweit haben sich die Rohstoffmärkte von der Realität entfernt? In wieweit preisen sich das „wirkliche“ „Stabilitätsrisiko“ für die Weltwirtschaft ein?

Das Spiel mit dem Risiko und den Wahrscheinlichkeiten ist ein eigenartiges Unterfangen: man weiß eigentlich auch im nachhinein nicht, wie hoch das Risiko war (bzw. ist). Denn es lässt sich nicht theoretisch vorausbestimmen (wie etwa beim Roulette), auch nicht historisch erfassen.

Thomas Grüner schreibt zum Rohstoffmarkt genau aus einer Perspektive der subjektiven Wahrnehmung, die zur Vorsicht mahnt:

Die Sorglosigkeit, die viele Kommentatoren in den Aktienmärkten sehen, kann ich wesentlich deutlicher im Rohstoffsektor ausmachen. Die Gefahren in diesem Bereich haben zugenommen. Viele Privatanleger tummeln sich in diesem Sektor, ohne die fundamentale Situation und die damit verbundenen Risiken vernünftig einschätzen zu können.

Droht Kursrutsch beim Öl?

Woher sind bloß die ganzen Scharen von „Energieexperten“ gekommen?

Aber wer weiß?…

Das aktuelle Absinken der Ölpreise ist natürlich noch zu klein, um etwas zu behaupten. Zum Beispiel behaupten „Händler“ laut Onvista :

‘Der jüngste Preisrückgang scheint die Frühjahrskorrektur zu sein, die im laufenden Jahr frührer stattfindet’, sagte Analyst Mike Wittner von Calyon. Er verwies aber darauf, dass dieses Phänomen nur für kurze Zeit anhalten dürfte. Auch die HVB rechnet im laufenden Jahr für die internationalen Energiemärkte nicht mit einer Entspannung. In der zweiten Jahreshälfte, wenn die saisonale Nachfrage am höchsten ist, gerate die weltweite Erdölförderung an ihre Grenze, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Studie. Dann dürfte das bisherige Hoch von 70 US-Dollar je Barrel überschritten werden.

Aber hoffen kann man, dass es endlich – wie ich meine – zu einer Normalisierung auf dieser Front auf einem deutlich niedrigeren Niveau kommt. Übrigens, dies macht mich auch noch ein Stückchen zuversichtlicher für Aktien – sollte es zu einer (angekündigten) Wachstumsabschwächung kommen, werden wohl auch die Preise für Rohstoffe korrigieren, und auf diese Weise eine stützende Wirkung auf die Börsen ausüben. Möglicherweise natürlich, aber zumindest noch ein Pinselstrich Optimismus.

Kategorien: Rohstoffe

Tags:, ,

Vor- und zurückblättern (aktuelle Kategorie) ↓

Anzeige ↓


Verwandte Beiträge ↓



Keine Kommentare bis jetzt ↓

  • Noch hat keiner kommentiert - machen Sie den Anfang!

Kommentieren: