anzeige

Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
Börsennotizbuch random header image

Die Lohndiskussion(en)

21. Dezember, 2007 · 6 Kommentare

Im Spiegelfechter erscheint ein guter Artikel zur Lohndiskussion, besser zu den Lohndiskussionen. Denn Deutschland erhitzt sich über zwei Lohn-Themen (in, wie es scheint, einem unregelmäßigen, aber beständigen Turnus): auf der einen Seite die Managergehälter, auf der anderen die Mindestlohn-Debatte.

Wenn ich schnell die essenziellen Punkte wiedergeben kann, so wie ich sie verstanden und so wie ich ihnen auch zustimmen würde:

Die Höhe der Managergehälter braucht in einer Marktwirtschaft die heiße Gerechtigkeitsdebatte nicht. Die Managergehälter sind eine Privatsache. Eine Privatsache zwischen dem Manager und den Aktionären. Wenn die letzteren einverstanden sind, dass der Manager so und so viel Wert ist, dann sollen sie ihm das Geld doch zahlen. Einfach. In der Praxis ist es jedoch nicht sooo einfach, aber hier wäre die Politik gefragt, die Rechte der Aktionäre zu stärken, was sie natürlich auch tun kann, spricht aber nicht darüber (oder habe ich etwas verpasst?). Die andere Alternative, so wie der Spiegelfechter erwähnt, ist natürlich, die Spitzensteuersätze (und begleitende Instrumente) so hoch anzusetzen, wie es eben dem Gerechtigkeitsgefühl der Gesellschaft entspricht (über die möglichen ökonomischen Konsequenzen müsste sich dann die gleiche Gesellschaft auch nüchtern und offen im Klaren sein). Will die Politik auch nicht (oder habe ich wieder etwas verpasst?).

Und dann die Mindestlöhne. Ganz kurz: Die Argumente dagegen führen letztendlich stets zum Begriff (oder Forderung?) nach dem “freien Markt”. Dabei fällt es den meisten nicht auf, dass “frei” hier nicht unbedingt “völlig an sich gelassen und unreguliert” bedeutet. Auch nicht, dass wir in vielen Bereichen gar keinen so “freien Markt” haben, Bereiche, die dann plötzlich aber streng geschützt und subventioniert werden sollen (soll ich einige nennen: Bahn, Energie, die Banken (Sparkassen, Landesbanken, auch private Banken) sind auch, bitte, sehr reguliert, die liebe Post, die Hochschulen, und und und… “Freier Markt” auch hier bitte, wäre eine konsequente Forderung, oder …). Apropos Subventionen: dass verschiedene Kombi-Zuschuss-etc.-Subventionsmodelle vorgeschlagen werden, ist auch nicht gerade sehr “frei marktwirtschaftlich”. Ãœbrigens, das Land, das uns eigentlich als sehr kapitalistisch, frei und wirtschaftsliberal vorkommt (und ist) – die USA – hat einen Mindestlohn. Viel “unfreier” wird der Markt also nicht, wenn irgendwo steht, 6 Euro 50 oder so müssen es schon sein.

Ein guter Artikel.

Kategorien: Finanznews · Gelesen · Wirtschaftsblogs

Tags:, , ,

Vor- und zurückblättern (aktuelle Kategorie) ↓

Anzeige ↓


Verwandte Beiträge ↓



6 Kommentare bis jetzt ↓

  • marktschreier // 21. Dez, 2007

    Argument dagegen:

    Das prinzipielle Argument gegen einen Mindestlohn ist eigentlich weniger die Frage nach freien Märkten, sondern eher die durch den Mindestlohn geschaffene unfreiwillige Arbeitslosigkeit derer, die gerne für einen geringeren Lohn arbeiten würden und deren Arbeitsplatz eine geringere Produktivität aufweist als durch den Mindestlohn vorrausgesetzt. …

  • Saviano // 21. Dez, 2007

    Was uns, würde ich dennoch behaupten, genau zum “freien Markt”-Argument führt. Aber sollte sich eine Gesellschaft Sachen wie Existenzminimum, soziales Netz etc. erlauben wollen, dann greift sie schon ein und will keine Jobs “dulden”, die mit so geringer Produktivität, gemeint natürlich: Bezahlung, ausgestattet sind.

  • Falk // 21. Dez, 2007

    deren Arbeitsplatz eine geringere Produktivität aufweist

    Es soll doch tatsächlich Tätigkeiten geben, die nicht quantitativ bemessen werden können…Hab ich mal gehört.

  • Olaf // 25. Dez, 2007

    “Die Managergehälter sind eine Privatsache. Eine Privatsache zwischen dem Manager und den Aktionären. Wenn die letzteren einverstanden sind, dass der Manager so und so viel Wert ist, dann sollen sie ihm das Geld doch zahlen.”

    Soooo einfach ist das auch oft nicht. Im Aufsichtsrat sitzen die ehemaligen Vorstände, Ziehväter und fremdes Kapital verwaltende institutionelle Großaktionäre, die sich untereinander alle so gut kennen, dass sie ein “Friends&Family” Programm durchziehen können. Und da heißt es erstmal die persönlichen Vorteile zu berücksichtigen.

  • Saviano // 26. Dez, 2007

    Genau das wollte ich oben auch (kurz) andeuten — mir ist diese quasi Vetternwirtschaft, die in der Praxis existiert, auch höchst unangenehm, aber (kann man es trotz allem so nüchtern sehen?) sie ist doch mehr oder weniger auch “Privatsache”. Mir fällt es schwer, so viel ich sie verurteile, einen direkten Eingriff des Staates zu rechtfertigen (außer evtl. über Steuern oder ähnliche allgemeine Maßnahmen).

    Die Aktionäre haben im Prinzip die Wahl — doch sie müssen (ebenfalls in der Praxis) noch bessere Möglichkeiten erhalten, sich zu informieren und ihre Wahl auszuüben. Das begrüsse ich nur. Dazu zählen zum Beispiel die transparente Auflistung und Bekanntgabe von Gehältern, Boni, Optionsregelungen etc., die auch noch von den Aktionären abzustimmen sein sollen.

  • Daniel // 4. Jan, 2008

    Zum Mindestlohn gibt es ja – wie ich auch auf meinem Blog unter bereits veröffentlicht habe, genau so viele kontroverse Ansichten, wie zum Maxilohn. Während letzterer aber fast unisono abgelehnt wird, haben Mindestlöhne auf der einen Seite einen ganz pragmatischen Hintergrund, sollen sie gewissen Beschäftigungskreisen doch ein auskömmliches Einkommen sichern. Ob dazu der Staat allerdings in die Lohnautonomie der freien Märkte eingreifen sollte, darüber kann man vortrefflich streiten, denn Argumente pro und contra gibt es mehr als genug. Nur wenn ich sehe, dass etwa bei PIN ein Sortierer mit 4,50 Euro die Stunde abgespeist wird, dann frage ich mich hier, wieso eine solche Unternehmung überhaupt getätigt wird, wenn doch absehbar ist, dass sie nicht einmal einträglich genug ist, um auskömmliche Löhne zu erwirtschaften. Hier wird doch vielmehr nur die Not der Arbeiter ausgenutzt, welche anderswo keinen Job finden.

Kommentieren:

newpapers
Interessante Kennzahl: Umsatz pro Mitarbeiter. Aktuell steigend

13. Februar, 2012

Ich lese gerade einen Artikel von Ken Fisher, in dem er seinen mehrmals und an verschiedenen Stellen geäußerten Optimismus für die Weltkonjunktur und die Aktienbörsen noch einmal bekräftigt. Unter den ...
Letzte Hoffnung: EZB?

16. November, 2011

Das ist mittlerweile der Tenor und die Erwartung der Märkte (wie ich im letzten Beitrag erwähnt habe): "Wir stehen kurz vor einer Eskalationsstufe, und es gibt nur noch einen Rettungsanker - ...
Historische Parallele: Wie 1931

14. November, 2011

Ein sehr lesenswerter Artikel von Fabian Lindner bei Herdentrieb/ZEIT: Europa 2011 = Europa 1931. Thomas Fricke argumentiert in die gleiche Richtung: Frau Merkel beendet den Aufschwung (FTD). Und nochmal aus der Feder ...
Lesetipps: Konjunkturunsicherheit beudeutet “unsicher”

17. Oktober, 2011

Wieder mal ein Post ... war auch Zeit ... An der Börse, sagt man uns häufig, ist eine Rezession bereits eingepreist. Allerdings glaube ich nicht, dass es im Falle einer tatsächlichen ...
Stürtzt demnächst auch die Konjunktur ab?

12. August, 2011

Das, was wir an den Börsen gesehen haben, ist schon ein ausgewachsener Aktiencrash, keine Frage. Ob die Märkte jetzt wieder überreagieren und die Kurse eigentlich wieder billig geworden sind, mag ...
Die Wurzeln der Euro-Krise: Das Motto “Jeder für sich”

12. Juli, 2011

Angela Merkel, Germany’s chancellor, insisted there should be no joint EU guarantee: each country would have to take care of its own institutions. That was the root cause of today’s ...
Die Zeiten sind unsicher. Wie immer.

17. Juni, 2011

Gottfried Heller beobachtet seit Jahren eine skurrile Zweiteilung der deutschen Anleger: Die einen investieren (ängstlich) ausschließlich in Zinspapiere, die anderen verfallen ins gegensätzliche Extremum und jagen nach schnellen Erfolgen mit ...