Im Spiegelfechter erscheint ein guter Artikel zur Lohndiskussion, besser zu den Lohndiskussionen. Denn Deutschland erhitzt sich über zwei Lohn-Themen (in, wie es scheint, einem unregelmäßigen, aber beständigen Turnus): auf der einen Seite die Managergehälter, auf der anderen die Mindestlohn-Debatte.
Wenn ich schnell die essenziellen Punkte wiedergeben kann, so wie ich sie verstanden und so wie ich ihnen auch zustimmen würde:
Die Höhe der Managergehälter braucht in einer Marktwirtschaft die heiße Gerechtigkeitsdebatte nicht. Die Managergehälter sind eine Privatsache. Eine Privatsache zwischen dem Manager und den Aktionären. Wenn die letzteren einverstanden sind, dass der Manager so und so viel Wert ist, dann sollen sie ihm das Geld doch zahlen. Einfach. In der Praxis ist es jedoch nicht sooo einfach, aber hier wäre die Politik gefragt, die Rechte der Aktionäre zu stärken, was sie natürlich auch tun kann, spricht aber nicht darüber (oder habe ich etwas verpasst?). Die andere Alternative, so wie der Spiegelfechter erwähnt, ist natürlich, die Spitzensteuersätze (und begleitende Instrumente) so hoch anzusetzen, wie es eben dem Gerechtigkeitsgefühl der Gesellschaft entspricht (über die möglichen ökonomischen Konsequenzen müsste sich dann die gleiche Gesellschaft auch nüchtern und offen im Klaren sein). Will die Politik auch nicht (oder habe ich wieder etwas verpasst?).
Und dann die Mindestlöhne. Ganz kurz: Die Argumente dagegen führen letztendlich stets zum Begriff (oder Forderung?) nach dem “freien Markt”. Dabei fällt es den meisten nicht auf, dass “frei” hier nicht unbedingt “völlig an sich gelassen und unreguliert” bedeutet. Auch nicht, dass wir in vielen Bereichen gar keinen so “freien Markt” haben, Bereiche, die dann plötzlich aber streng geschützt und subventioniert werden sollen (soll ich einige nennen: Bahn, Energie, die Banken (Sparkassen, Landesbanken, auch private Banken) sind auch, bitte, sehr reguliert, die liebe Post, die Hochschulen, und und und… “Freier Markt” auch hier bitte, wäre eine konsequente Forderung, oder …). Apropos Subventionen: dass verschiedene Kombi-Zuschuss-etc.-Subventionsmodelle vorgeschlagen werden, ist auch nicht gerade sehr “frei marktwirtschaftlich”. Übrigens, das Land, das uns eigentlich als sehr kapitalistisch, frei und wirtschaftsliberal vorkommt (und ist) – die USA – hat einen Mindestlohn. Viel “unfreier” wird der Markt also nicht, wenn irgendwo steht, 6 Euro 50 oder so müssen es schon sein.
Ein guter Artikel.
6 Kommentare bis jetzt ↓
marktschreier // 21. Dez, 2007
Argument dagegen:
Das prinzipielle Argument gegen einen Mindestlohn ist eigentlich weniger die Frage nach freien Märkten, sondern eher die durch den Mindestlohn geschaffene unfreiwillige Arbeitslosigkeit derer, die gerne für einen geringeren Lohn arbeiten würden und deren Arbeitsplatz eine geringere Produktivität aufweist als durch den Mindestlohn vorrausgesetzt. …
Saviano // 21. Dez, 2007
Was uns, würde ich dennoch behaupten, genau zum “freien Markt”-Argument führt. Aber sollte sich eine Gesellschaft Sachen wie Existenzminimum, soziales Netz etc. erlauben wollen, dann greift sie schon ein und will keine Jobs “dulden”, die mit so geringer Produktivität, gemeint natürlich: Bezahlung, ausgestattet sind.
Falk // 21. Dez, 2007
Es soll doch tatsächlich Tätigkeiten geben, die nicht quantitativ bemessen werden können…Hab ich mal gehört.
Olaf // 25. Dez, 2007
“Die Managergehälter sind eine Privatsache. Eine Privatsache zwischen dem Manager und den Aktionären. Wenn die letzteren einverstanden sind, dass der Manager so und so viel Wert ist, dann sollen sie ihm das Geld doch zahlen.”
Soooo einfach ist das auch oft nicht. Im Aufsichtsrat sitzen die ehemaligen Vorstände, Ziehväter und fremdes Kapital verwaltende institutionelle Großaktionäre, die sich untereinander alle so gut kennen, dass sie ein “Friends&Family” Programm durchziehen können. Und da heißt es erstmal die persönlichen Vorteile zu berücksichtigen.
Saviano // 26. Dez, 2007
Genau das wollte ich oben auch (kurz) andeuten — mir ist diese quasi Vetternwirtschaft, die in der Praxis existiert, auch höchst unangenehm, aber (kann man es trotz allem so nüchtern sehen?) sie ist doch mehr oder weniger auch “Privatsache”. Mir fällt es schwer, so viel ich sie verurteile, einen direkten Eingriff des Staates zu rechtfertigen (außer evtl. über Steuern oder ähnliche allgemeine Maßnahmen).
Die Aktionäre haben im Prinzip die Wahl — doch sie müssen (ebenfalls in der Praxis) noch bessere Möglichkeiten erhalten, sich zu informieren und ihre Wahl auszuüben. Das begrüsse ich nur. Dazu zählen zum Beispiel die transparente Auflistung und Bekanntgabe von Gehältern, Boni, Optionsregelungen etc., die auch noch von den Aktionären abzustimmen sein sollen.
Daniel // 4. Jan, 2008
Zum Mindestlohn gibt es ja – wie ich auch auf meinem Blog unter bereits veröffentlicht habe, genau so viele kontroverse Ansichten, wie zum Maxilohn. Während letzterer aber fast unisono abgelehnt wird, haben Mindestlöhne auf der einen Seite einen ganz pragmatischen Hintergrund, sollen sie gewissen Beschäftigungskreisen doch ein auskömmliches Einkommen sichern. Ob dazu der Staat allerdings in die Lohnautonomie der freien Märkte eingreifen sollte, darüber kann man vortrefflich streiten, denn Argumente pro und contra gibt es mehr als genug. Nur wenn ich sehe, dass etwa bei PIN ein Sortierer mit 4,50 Euro die Stunde abgespeist wird, dann frage ich mich hier, wieso eine solche Unternehmung überhaupt getätigt wird, wenn doch absehbar ist, dass sie nicht einmal einträglich genug ist, um auskömmliche Löhne zu erwirtschaften. Hier wird doch vielmehr nur die Not der Arbeiter ausgenutzt, welche anderswo keinen Job finden.
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