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Börsennotizbuch

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Antizyklisch Spekulieren

12. Mai, 2006 · 2 Kommentare

Antizyklisch Investieren ist für viele ein Begriff, und viele (besonders die gebrannten Kinder der 90er Hausse) verstehen, dass dies eigentlich der Schlüssel zum Börsenerfolg ist. Kostolany zum Beispiel hat vieles in seinen Büchern rund um den antizyklischen Ansatz „gebaut“ und ihn als quasi Glaubenssatz der Spekulation erhoben. Dieses erscheint auch irgendwie das „unbequemere“, das riskantere und das schwierigere Konzept, denn die Überlegungen, aus denen ein antizyklisches Investment getätigt wird, sind zum jeweiligen Zeitpunkt höchst unpopulär. Aber es ist auch riskant: nicht nur, dass man sich ohnehin bei Spekulationsentscheidungen irren kann, sondern man muss auch den alten Satz berücksichtigen, dass „der Markt länger irrational bleiben kann, als einer solvent“.

Nun, wenn ich etwas mutig nachdenke, entdecke ich eigentlich nur zwei größere Gebiete, die nach einer eventuell günstigen Möglichkeit zur antizyklischen Spekulation aussehen: die Rohstoffe, darunter speziell Öl, und der Dollar. Kurz gesagt: Short Öl, Long Dollar.

Wenn Sie jetzt etwas „erschrecken“, so können Sie sehen, dass die beiden eigentlich die unpopulärsten Wetten unter den größeren Investmentklassen bzw. Spekulationsmärkten sind (und falls Sie es nicht gleich tun, stellen Sie sich bitte vor, ich bin Ihr Vermögensverwalter…).

Ich hatte vor einigen Tagen, als der Ölpreis so nach oben schoss, die Intention, etwas unter dem Titel (den ich sogar noch als ganz witzig fand) „One more step and I will shoot, pardon short“ zu veröffentlichen. Naja, vielleicht habe ich es mit Humor nicht so drauf – und hoffentlich werde ich auch nicht die Möglichkeit erhalten, meinen Mut unter Beweis zu stellen (im Sinne, dass wir die Spitze im Öl gesehen haben). Aber, ich habe natürlich nicht vergessen, dass ich solchen Preisanstieg nicht erwartet und eigentlich nicht für möglich gehalten habe. Ich hielt den Öl-Markt schon vor geraumer Zeit für überzogen und es war nur gut, dass ich mich einfach fern gehalten habe. Und so wäre jetzt keine große Ãœberraschung, wenn das Öl noch weiter nach oben klettert. Aber vielleicht ist irgendwann Zeit? Irgendwann bald?

Und außerdem, ich habe irgendwie die Vorstellung, dass ein Short in Öl eine gute Absicherung der Aktienbestände darstellen könnte. Eigentlich widerspricht dies jedem gesunden Verstand und gelernten Korrelationen an der Börse. Eigentlich heißt es „steigt Öl, fallen die Aktien“ und vice versa. Die vernünftige Absicherung wäre: Long in Öl, denn bei weiter anziehenden Ölpreise dürften die Aktien in die Knie gehen.

Aber ich sage mir folgendes: die fundamentale Wirtschaftssituation ist recht stabil, die Bewertungen recht günstig. Es kann sein, dass dies irgendwie trügerisch ist, aber für größere Verluste an den Aktienmärkten bedarf es ziemlich starker Erschütterung. Sollte es aber zu ziemlich starker Erschütterung kommen aus der realen Wirtschaft (stark nachlassendes Wachstum, Gewinneinbruch, Konsumentenausgaben schmieren ab etc.), will ich die Öl-Spekulanten sehen, mit welcher Fantasie sie noch ihre Futures-Kontrakte halten werden.

Und wenn die hohen Zinsen (aufgrund Inflation, also vor allem hoher Energiepreise) auf die Börse durchschlagen, dann werden sie womöglich doppelt so stark auf die – wie ich meine doppelt so spekulativeren – Positionen beim Öl durchschlagen. Die sicheren Zinsen sind ja die größte Konkurrenz aller spekulativen Anlagen.

Mit einem Wort: schmieren die Aktien ab, wird auch Öl abschmieren. Und dies wird die Aktienrückgänge etwas auffangen, während beim Ölpreis eine (kleine) spekulative Spirale nach unten eingeleitet werden könnte.

Und über den Dollar schreibe ich später.

Kategorien: Analysen · Gesamtmarkt

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2 Kommentare bis jetzt ↓

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