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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Immer weniger deutsche Unternehmen unter den größten Aktiengesellschaften der Welt

8. Januar, 2010 ·

Deutschland ist immer noch die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Deutschland ist immer noch der Exportweltmeister*. Die deutschen Unternehmen und Markenprodukte sind immer noch weltweit bekannt und gefragt. Aber die Unternehmen, die sie herstellen und vertreiben, werden an der Börse nicht mehr teuer bewertet. Nicht im internationalen Vergleich.

Unter den 100 größten Aktiengesellschaften der Welt (nach Marktkapitalisierung) sind nur vier (!) deutsche zu finden, und zwar tief in der unteren Hälfte der Tabelle: Siemens (Platz 61), Eon (Platz 62), Bayer (Platz 82), Deutsche Telekom (Platz 88) (vgl. FAZ).

Wie kommt es dazu, dass die führenden Unternehmen der größten europäischen Volkswirtschaft so stark an Börsengewicht verloren haben?

Zunächst hilft ein Blick auf die Gewinner der letzten Jahre. Es gibt zwei große Tendenzen:

  • Schwellenländer: Der Aufstieg der Unternehmen aus den Schwellenländern an die Weltspitze.
  • Rohstoffe und Energie: Der Aufstieg der Unternehmen aus den Sektoren Rohstoffe und Energie sowie der relative Abstieg von Industrie- und Konsumgüterunternehmen.

Beide Tendenzen stehen im engen Zusammenhang, sind doch die neuen Riesen aus den Schwellenländern vor allem im Rohstoff- und Energiesektor zu finden. Beide Tendenzen kann Deutschland leider nicht so gut “bedienen” — das stark industriell aufgestellte Land verliert deswegen an Gewicht.

Einerseits reflektiert die Entwicklung die “gewonnene Dekade” der Emerging Markets. Andrerseits kann man jedoch eine relative Unterbewertung vermuten: Gemessen am Umsatz sind die Deutschen deutlich besser im Top-100 vertreten (mit 15 Unternehmen). Offensichtlich fehlt es der Börse an Wachstumsfantasie, wenn es um Industrieunternehmen aus dem Westen geht.

Die Technologiefirmen, übrigens, sind insgesamt auch nicht viel besser dran. Nach dem Platzen der Dot-Com-Blase haben sie es unheimlich schwer, wieder zahlreicher unter die teuersten Unternehmen der Welt aufzutauchen. Google ist eine der wenigen erfreulichen Ausnahmen.

Die Marktkapitalisierung entspricht vereinfacht dem Produkt (Multiplikation) von Wirtschaftskennzahl(en) — z.B. Umsatz und/oder Gewinn — und einem Bewertungkoeffizienten. Wenn die Börse die Energie- und Rohstoffunternehmen offensichtlich mit einem höheren Koeffizienten bewertet, dürfte sie bei ihnen ein höheres Wachstum erwarten (als Ausgleich für den höheren Preis).

Ob das Umsatzwachstum der Energie- und Rohstoffunternehmen auch nur mittelfristig höher ausfallen kann als dieser der Industriefirmen, ist ziemlich fraglich. Es handelt sich schließlich um Inputfaktoren.

Etwas anders sieht es beim Gewinn aus. Die Börse schätzt, dass die besagten Unternehmen höhere Margen haben und halten können, was in den Industrie- und Konsumsektoren (so der allgemeine Glauben) viel schwieriger der Fall sein wird. Wegen der intensiveren Konkurrenz und der vielerorts erreichten Marktsättigung erwartet man einen permanenten Margendruck.

Diese Annahme kann meiner Meinung nach angezweifelt werden. Wer an ein Comeback von Technologie und Industrie glaubt, kann sich momentan wohl relativ günstig positionieren.

*Gleichwohl verliert Deutschland gerade — und unaufhaltsam — den Titel an China.

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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