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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Gewonnenes Jahrzehnt?

6. Januar, 2010 · 1 Kommentar

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Ein enttäuschendes Jahrzehnt liegt hinter uns. In den USA (s. Querschüsse) führte es fast überall zu realen Verlusten: beim Einkommen, beim Vermögen, bei den Aktien; die Beschäftigung ist kaum gestiegen, die Verschuldung dafür umso kräftiger; das reale Wachstum nahm im Vergleich zu früheren Perioden ständig ab…

Das Bild in den anderen Industrieländern dürfte nicht viel anders aussehen. Auch in Deutschland stagnieren seit mindestens 10 Jahren die realen Löhne, der Wohlstand ist für die meisten Menschen nicht gestiegen, er ist gar gesunken. Wachstums- und Konsumschwäche sind leider eine nahezu permanente Erscheinung geworden.

Was ist hier los? Arbeiteten wir die letzten 10 Jahre nicht genauso hart wie die Jahre zuvor? “Workaholic” ist doch ein amerikanisches Wort, und die Erkrankung (mit und ohne Anführungsstriche) ist im Alten Europa nicht weniger weit verbreitet. Schufen wir ein Jahrzehnt lang nichts von Wert?

Es gibt eine ganze Menge Erklärungsansätze und Daten. Viele kreisen um die Schwellenländer, deren Wachstums- und Wohlstandsindikatoren im Gegensatz zum industrialisieren Westen steil nach oben verlaufen. Die 2000er waren in vieler Hinsicht deren gewonnene Dekade. Ist der Gewinn der einen die Stagnation (wenn nicht gerade der Verlust) der Anderen?

Ich will an dieser Stelle nichts Wissenschaftliches bieten, sondern eine (fremde) Erinnerung…

Ich muss wieder an Kostolany denken. Der damals fast 80-jährige Börsianer schrieb in einem seiner Bücher in den 80er (sinngemäß): Vom Kapitalismus haben am meisten die Armen profitiert. Die Reichen können sogar als “relative Verlierer” bezeichnet werden.

Früher, erklärt Kostolany weiter, war es auch für weniger Vermögende kein großes Problem monatelang in einem Luxushotel in St. Moritz zu wohnen. Heute kostet das Unsummen, die sich kaum jemand leisten kann. Das Personal war ja billig damals, es begnügte sich mit einer bescheidenen Unterkunft und warmem Essen. Heute hingegen verlangen die Angestellten einen relativ hohen Lohn (sprich: Lebensstandard)…

Die Reichen hatten schon immer ihre Villen, Pelzmäntel und teuren Wagen. Die großen Wohlstandsgewinne sind bei den Armen entstanden. In der Summe und über einen langen Zeitraum. Währenddessen konnten sich immer weniger wohlhabende Familien 3 Hausdiener leisten (was früher nichts Ungewöhnliches gewesen sein soll).

Passiert das jetzt nicht auf einem quasi volkswirtschaftlichen Niveau? — Der Westen tut sich schwer mit einem realen Wohlstandszuwachs, die ärmeren Länder (die eine kapitalistische Entwicklung zugelassen haben) verbessern sich aber mit hohem Tempo.

Bis zum oberen Absatz hörte sich alles – geben Sie zu – gut und gerecht an. Human und begrüßenswert. Wenn aber unsere ärmeren (nahen und fernen) Nachbarn ins Spiel kommen, nicken wir nicht mehr so schnell im Zeichen der Zustimmung.

Um nicht mit einer “moralisierenden” Note zu enden: Irgendwo muss ein Jahrzehnt eifrigen Tuns und Schaffens doch auch einen materiellen Wert hinterlassen haben. Bei den globalen Aktienindizes war es nicht. Zurecht?

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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