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Gold und Inflation

6. Oktober, 2007 · 6 Kommentare

Das Gold wird häufig als “sicherer Hafen” bezeichnet — diese Bezeichnung beschreibt seine angeblichen Qualitäten zum Inflationsschutz, zum Schutz vor politischen Krisen (bei denen sowohl die Aktienmärkte, sprich der Business, als auch die Festverzinslichen, sprich das Vertrauen, leiden können), vielleicht auch gewisse Stabilität der Preisentwicklung etc.

Vor einiger Zeit habe ich diesem “sicheren Hafen” auch einen Beitrag gewidmet. Jetzt entdecke ich einen Artikel auf Bloomberg.com, der sich mit den gelobten Aspekten des Goldinvestments befasst.

Gleich vorab: der Artikel, wie ich auch, behauptet nicht, dass es keinen Sinn macht, in Gold zu investieren. Gold ist sehr wohl ein Investitionsobjekt (für mich aber viel deutlicher ein Spekulationsobjekt als es so manchem Gold-Fan lieb ist). Trotzdem — viele der oberen Annahmen, die Gold als einen “sicheren Hafen” darstellen, sind nicht korrekt. Bevor man eine Goldinvestition tätigt, sollte man sich dessen bewusst sein bzw. sich einmal darüber informiert haben.

Zum Beispiel Inflationsschutz (Zitat aus dem oben verlinkten Artikel)

Gold reached a record high of $850 an ounce in January 1980. If since then the spot price of bullion kept pace with U.S. inflation as measured by the consumer-price index, gold would now be selling for $2,119.84. Instead, it stood at $732.05 in London trading yesterday, only about a third of what it should be if it were truly an effective inflation hedge.

History shows that since 1988, the correlation between bullion and U.S. inflation expectations is just 36 percent, according to Goldman Sachs Group Inc. That means the price of gold rises and falls with inflation expectations 36 percent of the time. The relationship between gold and U.S. consumer-price inflation is less, at only 23 percent. And the metal’s correlation with U.S. core inflation, which excludes food and energy costs, is even lower, at 7 percent.

Es ist nicht viel von einem Inflationsschutz zu sehen. Auch politische Spannungen im Allgemeinen (wie auch immer dies auf der Finanzmarktebene zu definieren wäre) konnte der Goldpreis nicht gerade “hedgen”. Zumal diese auf langer Sicht nur dann eine finanztechnische Berücksichtigung finden, wenn sie wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Während andere Rohstoffe eine höhere logische und empirische Korrelation mit der Wirtschaftsentwicklung aufweisen, scheint Gold auch hier eigene Wege zu gehen – manchmal stieg der Preis in der Hochkonjunktur, manchmal fiel er eben, oder umgekehrt.

Man muss auch noch berücksichtigen, dass es auf dem Markt seit einiger Zeit die so genanten TIPS zu kaufen gibt(Treasury Inflation Protected Securities, inflationsindexierte Obligationen), die institutionellen Anlegern viel besseren, verlässlichen und liquidieren Inflationsschutz bieten (Manko natürlich, dass sich diese an die offiziellen CPI-Daten orientieren, aber zu paranoisch wollen wir nicht werden, oder?).

Dass sich der Goldpreis in den letzten Jahren so gut entwickelt hat, hat sehr wahrscheinlich ganz andere Gründe als etwa Inflationsangst. Bloomberg sucht die wirklichen Gründe in einem starken Juwelier-Geschäft in den boomenden Wirtschaften wie Indien und China, in sinkender globaler Minenproduktion (besonders in Südafrika), in der Reduzierung der Notenbankverkäufe von Gold oder dem Wachstum von Gold-ETFs. Sicherlich hat auch der sinkende Dollarkurs die Möglichkeiten für Investoren außerhalb des Dollarraums erleichtert, Gold zu kaufen. Manipulationen des Marktes seitens der großen Goldproduzenten sind auch nicht ausgeschlossen (man kann hier wohl Südafrika und Russland “verdächtigen”). Wer sich auskennt, sollte zusätzliche Preis- und Angebotsmechanismen erkennen können. Die Frage ist: man muss sich auskennen und ähnliche Analyse beherzigen, wie auf anderen Märkten und bei anderen Branchen. Blind auf “Inflationsschutz” und “Sicherheit” zu vertrauen dürfte zur Enttäuschung führen.

Kategorien: Gelesen · Inflation · Rohstoffe

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6 Kommentare bis jetzt ↓

  • egghat // 6. Okt, 2007

    Ich bin ja Gold-Bug. Bekennender. Aber aus einem anderen Grund: Gold ist ein Inflationsschutz und zwar der einzige, den ich mitnehmen kann. Das ist eine Kombination, die es sonst nicht gibt.

    Wer jetzt anfängt, mit dem 850er Goldpreis zu argumentieren, ist, naja, auf das gewünschte Ergebnis aus: Gold ist kein Infaltionsschutz. Das Dumme: Dass es 1980 (?) kein Inflationsschutz war, ist noch lange kein Argument dafür, dass Gold *fast immer* ein Inflationsschutz war. Und dass das drei oder fünf Jahre um das Allzeithoch nicht so war, naja. In den letzten 25 Jahren dürften 20 Jahre eine Rendite von Gold oberhalb der Inflation gehabt haben.

    Und ich betone auch nochml, dass es bei Gold nicht primär um Rendite geht, obwohl die im Schnitt auch nicht so schlecht ist.Eigentlich geht die ganze Diskussion am Thema vorbei.

    Gold ist ein Bestandteil eines jeden Portfolios, dass unter den Aspekten Diversifikation, Sicherheit (Gold ist eine Vericherung, die man wie jede andere Versicherung am besten nie braucht), Mobilität und Rendite in jedes Portfolio gehört; so 5 bis 10% sind angemessen.

    Bye egghat

  • Saviano // 7. Okt, 2007

    Auch seit 1971 als der US-Präsident Nixon den Goldstandard final aufgehoben hat, hat sich Gold inflationsbereinigt aber auch gar nicht gut geschlagen. Vorher ist die Messung schwieriger, da der Goldpreis fixiert war und die Zeiträume wirklich etwas zu lang und die Inflationsbereinigung immer schwieriger (sprich: ungenauer) wird. Aber ein Beispiel: das Gold hat im Jahre 1913 20,67 Dollar gekostet (und zwar für eine lange Weile). Laut CPI-Messung des Bureau of Labor Statistics (hier zum Beispiel auf dem “Inflation Calculator” klicken) wären dies gleich 434,11 Dollar heute. Das Gold wird (nach einigen guten Jahren Hausse) aktuell bei ca. 740 Dollar gehandelt. Nicht einmal doppelt so teuer in … hm … knapp 100 Jahren. Eine reale Rendite von … nun grob geschätzt … 1 Prozent? Sogar weniger: Null-Komma-Etwas. Trotzdem, ja, Inflationsausgleich ist da.

  • marktschreier // 9. Okt, 2007

    Senf aus der Versenkung:

    Es ist nicht viel von einem Inflationsschutz zu sehen.

    Da reibe ich mir doch verwundert die Augen.

    Zumindest die Dollar-p.a.-Entwicklung von 35 auf 740 entspricht einem Wachstum von grob 8%. Was eine noch ganz nette Realrendite abwirft, wenn man den CPI-Daten Glauben schenkt und sie davon abzieht.

    Und die Entwicklung von 120 DM auf 520 € = 1040 DM wirft immernoch knapp 6% p.a. ab, über die letzten 40 Jahre.
    Klar, nur wenn man nicht gerade beim Peak 850 eingestiegen ist. Aber so ist das immer ;-)

  • Saviano // 9. Okt, 2007

    Die Sache ist, dass Gold in den letzten nun knapp 30 Jahren kaum eine nominelle Rendite erzielt hat (vom ATH sowieso nicht, von den Ständen drum herum, vielleicht schon etwas, und zwar wegen der letzten 2-3 starken Jahren). Von realer Rendite kann auf jeden Fall kaum die Rede sein. Selbst Käufe in den Tiefs z.B. um die 300 Dollar 1985, haben wirklich Schwierigkeiten real über die Null zu performen.

    Die obere Rechnung mag schon stimmen, aber die Performance wurde in den wenigen Jahren zu Anfang der betrachteten Periode erzielt. Ein Investment, das über 25 Jahre und mehr so wenig die Inflation einpreist, sondern in kurzen Abschnitten stark performt, kann als Inflationsschutz doch in Frage gestellt werden können. Auch wenn die These aufgestellt wird, dass früher oder später der Goldpreis eine “Inflationsanpassung” vollzieht, sind die Nerven des Investors ziemlich strapaziert.

    Hier waren die Aktien nicht schlechter, Immobilien nicht schlechter, selbst die Anleihen (die reinen nominellen Papiere) waren wohl auch nicht schlechter. Sicher haben alle diese auch ihre schwierigen Zeiten und langen Perioden mit negativer realer Rendite gehabt, aber eben nicht anders als beim Gold. Warum soll dann ausgesprochen das letztere der “ultimative” Schutz gegen die Geldentwertung sein?

  • Jupp // 18. Okt, 2007

    In zunehmenden Maße hat der Staat Einblick auf unser aller Konten und somit einen direkten Zugriff auf die Vermögensverhältnisse. Hinzu kommt noch die Abschlagsteuer ab 2009, welche die Renditen mindert und manche Anlagen unter die Inflationsrate drückt. Zu bedenken ist auch, dass die Inflationsrate für die Güter des täglichen Gebrauches (Lebensmittel, Energie) deutlich über der offiziellen Rate liegt. Im Falle arbeitsmarktpolitischer Unwägbarkeiten, wie Arbeitslosigkeit und die in Anspruch genommenen sozialen Transferleistungen werden alle Ersparnisse bis zum Existenzminimum abgeschmolzen. Ebenso wird man in die Pflicht genommen, wenn enge Verwandte im Alter oder Krankheit mangels eigener finanzieller Reserven auf Sozialleistungen zurückgreifen müssen. In diesem Sinne stellen größere Spar- oder Anlagebeträge auch ohne Börsencrash immer ein Risiko dar. Denkbar wäre auch, daß der Staat, im Hinblick auf die demographische Entwicklung und der Lage der Rentenkassen, vermögenden Rentnern in Zukunft die staatliche Rente erst dann gewährt, wenn das eigene Vermögen aufgebraucht ist.
    Deshalb ist der langfristige Aufbau eines Vermögens (Gold, Silber ua.), welches sich dem Staatszugriff entzieht, noch immer der beste Vermögensschutz.

  • Sehr, sehr langfristiger Gold-Chart • Börsennotizbuch // 7. Jan, 2008

    [...] Wie auch immer – der eine wird das, der andere jenes aus dem Chart ablesen. Das Gold scheint keine explizite Garantie, aber doch sehr hohe und lange bewährte Sicherheit in puncto Werterhalt zu geben (wir hatten schon mal eine Diskussion). Aber: Zu bedenken wäre, dass ein gutes Investment mehr als Werterhalt geben soll — die Welt ist schließlich ganz schön viel weitergekommen seit 1450. [...]

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