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Europa braucht einen Plan

6. Oktober, 2008 · 2 Kommentare

In der Finanzkrise, die jetzt mit rigoroser Gewalt auch die kontinentalen Banken aufsucht, braucht Europa einen Plan. So schreibt Wolfgang Münchau für die Financial Times.

Letzte Woche waren wir zwar Zeugen einiger (gelungener) “ad-hoc”-Maßnahmen wie die Rettungen der Banken Dexia und Fortis, sowie des “plötzlichen” Einstiegs der deutschen Regierung als Garant für über 35 Mrd. Euro bei der Hypo Real Estate (das erste Dax-Unternehmen, das lebensbedrohlich von der Krise getroffen wurde), aber außer solchen punktuellen Eingriffen produzierten die europäischen Regierenden und Verantwortlichen wenig, um wirklich eine Lösung herbeizuführen. Die “tröstenden Worte von Besorgnis und Solidarität” können hier leider nicht gezählt werden.

Münchau schreibt, dass der relative Erfolg der jüngsten europäischen Aktionen bisher eher durch die Tatsache bedingt ist, dass wir immer noch mit einer ersten Welle der Finanzkrise auf dem Alten Kontinent zu tun haben. Und dass die betroffenen Institute noch die “richtige Größe” hatten — kleine bis mittelgroße Banken.

Was würde aber passieren, wenn eine viel größere Adresse kippen würde? Und was ist, wenn nicht alleine Banken (im “engeren Sinne”) zusammenbrechen, so wie es bereits im Falle von Hypo Real Estate geschah? — Ohne eine umfassendere Strategie drohen richtig chaotische Verhältnisse.

Ich habe auch das Gefühl, dass die Europäer die Krise viel zu leichtfertig auf die Amerikaner abwälzen wollen — sowohl was die Ursachen als auch was die Lösungen betrifft. Ein passives Beobachten wird es aber nicht richten. Ich glaube, die Einladung (war es eine Bitte, war es eine Aufforderung?) der US-Regierung und der US-Zentralbank, in der Krise international zu kooperieren, einen globalen Rettungsplan zu entwerfen und durchzuziehen, vernünftig, wenn auch kostspielig war…

Die europäischen Regierungen haben diesem Vorschlag vorerst nicht unbedingt Folge geleistet (gleichwohl kooperieren sicherlich die EZB und die Fed in gewohnter Manier am Geldmarkt). Auch ein eigener Plan, wie dieser von Monsieur Sarkozy (immerhin 300 Mrd. Euro), scheitert am fehlenden gemeinsamen Willen.

Ein Hilfspaket für die europäischen Banken soll dabei keine Kopie des US-Bailouts sein. Laut Münchau ist die schwache Eigenkapitaldecke im europäischen Finanzsektor der wichtigste (Schwach-)Punkt (die Eigenkapitalausstattung soll hier noch dünner sein als jenseits des Atlantiks):

Europe does therefore not need any bail-out plan, but a plan that specifically addresses the capitalisation problem. Concretely, three things are needed: the first and most important is money. A sum of €300bn will not cover the EU in a worst-case scenario, but it is a sensible number to start with; secondly, you need a semi-permanent crisis committee empowered to take decisions; and finally you need a strategy to apply symmetrically and based on clear rules about when to recapitalise, and when not.

Quelle: Link oben

Dabei bedarf es in der Euro-Zone eines gemeinsamen Maßnahmenpakets. Denn bereits jetzt setzen erste interne … hm … Bewegungen an, die anderswo als “silent bank run” bezeichnet wurden — durch die in einigen Ländern eingeführten Staatsgarantien auf die (privaten) Spareinlagen (Griechenland, Irland, seit heute auch Deutschland) entstehen (ungewollt) Kapitaltransfers, die zu Belastungen in den anderen Ländern werden.

Und hier ist noch einmal zu beachten — neben der Bankenkrise riskiert man in Europa auch eine Krise der Währungsunion. Ein Plan ist also dringend notwendig…

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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2 Kommentare bis jetzt ↓

  • Markus // 6. Okt, 2008

    Der Plan kann nicht darin bestehen, jetzt jede Bank oder Immobiliengesellschaft, die ein Problem hat mit großzügigen Staatsgarantien künstlich am Leben zu erhalten.

    Auch die Zusage von Kanzlerin Merkel halte ich für eine hilflose Reaktion der Politik, die, wenn sie denn eingelöst werden müsste, nicht einzulösen wäre.

    Nach der Vorstellung der Hypo Real Estate wäre die einzige Schlussfolgerung gewesen, der Gesellschaft keinen Cent zu geben. Vielleicht waren die Banken da doch schlauer, als man zunächst dachte.

  • Saviano // 6. Okt, 2008

    Es ist was dran… In puncto “Einlösen von Versprechen” — Vertrauen in unserem Finanzsystem ist eben, wenn dieses nicht eingelöst werden muss (wenn Sie mich verstehen)…

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