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Eine komische Immobilien-Blase!?

26. März, 2007 · 4 Kommentare

Ich möchte auf einen interessanten Artikel hinweisen, der sich (wie denn sonst) mit dem US-Immobilienmarkt beschäftigt. Und zwar mit der Frage: gibt es denn nun eine Blase oder nicht?

Econbrowser: Bubble, bubble, toil, and trouble

Der Autor fängt mit einer kleinen Definition des Begriffs „Blase“ an. Typisch und notwendig für eine Blasenbildung an (spekulativen) Märkten ist es, dass die Preise eigentlich nur dadurch steigen, dass alle glauben/erwarten, dass die Preise steigen werden.

Schaut man nun auf diese Weise auf die Entwicklung des US-Immobilienmarktes, tauchen einige „Ungereimtheiten“ auf, die die Blasen-These zum Teil in Frage stellen. Auf jeden Fall ist dies eine „komische Blase“.

Erstens:
Jedem ist schon seit einiger Zeit klar, dass die Preise am US-Immobilienmarkt nicht mehr (deutlich) steigen werden. Die deutlichen Zeichen für eine Abkühlung kamen bereits im Sommer 2006 – Zeit genug für jeden zu begreifen, dass die Immo-Party nun vorbei ist. Wie der Autor richtig hindeutet, die Reaktionen dürften wesentlich heftiger ausfallen, sollte es sich tatsächlich um eine Blase gehandelt haben.

Zweitens:
Die Erwartung von immer weiter steigenden Preisen hat – wer weiß warum – zu einer recht heterogenen Verteilung der Preissteigerungen geführt. In gewissen Regionen stiegen die Preise sehr stark, in anderen gar nicht so. Das Argument ist natürlich nicht ganz sauber, aber könnte wahrscheinlich darauf hindeuten, dass hinter den Preissteigerungen doch gewisse fundamentale Triebkräfte standen (Einkommen, Bevölkerungsentwicklung, Beschäftigungsentwicklung etc.).

Drittens:
Wenn es eine Blase war, dürfte man doch erwarten, dass die größten Probleme dort entstehen würden, wo zuvor die größten Preissteigerungen zu verzeichnen waren, oder? Schaut man sich aber die geografische Verteilung der Ausfallraten der Hypothekenkredite, stellt man fest, dass mehr oder weniger gerade dort, wo die Preissteigerungen am geringsten waren, die Ausfallraten am höchsten sind und umgekehrt. Grafiken sind im Beitrag beigefügt.

Kategorien: Analysen · Frontpage · Wirtschaftsdaten

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4 Kommentare bis jetzt ↓

  • Olaf // 26. Mrz, 2007

    Hallo Martin!

    Die Ungereimtheiten sehe ich nicht so, es ist alles eine Frage, wo wir uns auf dem Zeitstrahl eine Blasenbildung und der anschließenden Korrektur befinden.

    Erstens: Die Zeit der immer weiter steigenden Preise haben wir hinter uns. Und es haben alle an immer weiter steigende Preise geglaubt. Anders ist die breite Aufnahme von Finanzierungen ohne Eigenkapital meiner Meinung nach nicht zu erklären. Dass die Reaktionen (noch) nicht so heftig sind, liegt einfach daran, dass man eine Immobilie, die man auch noch selbst bewohnt, nicht so schnell abstößt, und auch gar nicht so schnell abstoßen kann, wie eine überteuerte Aktie.
    Das Platzen einer Immobilienblase ist vermutlich keine Sache von wenigen Tagen.

    Zweitens: Heterogene Preissteigerungen haben nichts mit der Abwesenheit einer Blase zu tun. Ein Vergleich mit dem Aktienboom 1998 bis 2000 könnte lauten: Kalifornien und besonders die Bay Area mit exorbitanten Preissteigerungen entspricht dot.com und Biotech, Texas entspricht den weniger stark gestiegenen Versorgern.

    Drittens: Der Vergleich hinkt. Das Platzen der Immobilienblase kann man nicht an den Kreditausfällen messen, da hier andere Faktoren eine Rolle spielen: durchschnittliches Einkommen, Arbeitslosigkeit, Anteil der subprime und Alt-A Kredite in der Region usw. Statt dessen muss man sich an den stärksten Preisrückgängen bei den Immobilien orientieren. Und die haben wir in der Tat dort, wo die Preise zuvor am stärksten gestiegen sind, z.B. in den Metropolen von Kalifornien.

    Es handelt sich meiner Meinung nach in erster Linie auch nicht um eine Immobilienblase, sondern um eine Kreditblase, und das vermutlich in allen Assetklassen. Ein weiterer interessanter Artikel zu dem Thema Immobilienkredite ist Will “lemming loans” drive U.S. economy off the cliff?. Da kenn es einem schon mulmig werden.

  • Saviano // 26. Mrz, 2007

    Ich habe – muss ich zugeben – nicht deutlich genug gemacht, dass ich hier zunächst einmal nur auf den Artikel und dessen Argumente hinweisen wollte. Für mich hinken sie auch wenigstens an die eine oder andere Stelle (wenn auch nicht komplett). Als Mosaiksteine und Gedankenanstoß sind sie trotzdem gut.

    Ich teile auch die Meinung, dass es sich hier vielmehr um eine Kreditblase handelt. Deine Argumente finde ich treffend. Unbekannt ist, inwieweit trotzdem fundamentale Faktoren für die Preisbildung eine Rolle spielten. Die Regionen mit den größten Preissteigerungen sind zum Beispiel in der Regel auch die einkommensstärksten.

    Wenn wir außerdem vielmehr eine Kreditblase befürchten, sind die Ausfallraten nicht unwesentlich, vielleicht sogar entscheidend. Und diese haben sich – noch – nicht so deutlich in die eben einkommensstärkeren Regionen (die mit den höchsten Preissteigerungen und sogar jetzt mit den deutlichsten Preisrückgängen – wenn ich nicht irre) ausgebreitet. In diesem Sinne, ist es noch nicht evident, dass die Kreditblase platzt, bzw. man kann wenigstens die Hoffnung nähren, dass die Dämme halten….

  • koester // 28. Mrz, 2007

    Es ist schon eine Immobilienblase, und keine ” Kreditblase “, denn die Immobilien wurden mit (zu hohen) Krediten von den Banken beliehen.

    Ähnliches haben wir nach der Wende erlebt mit den Ostimmobilien.

    Auch der Skandal der Bausparkasse Badenia , die über Vertriebspartner überteuerte Immobilien an tausende Anleger veräußert hat, beruht doch letztlich auf eine (wissentlich) falsche Bewertung der Beleihungsobjekte.

    Unterschiedliche Auswirkungen beim Zusammenbruch eines Marktes gibt es bei Immobilien und bei Aktien.

    Erinnern wir uns, das im “Neuen Markt” es bei vielen Werten zum Blutbad mit anschließendem Exodus kam, während viele Standarwerte zumindest überlebt haben, wenn auch schwer gezeichnet.

    Beim Platzen einer Immobilienblase konnte ich des öfteren in der Vergangenheit beobachten, das gerade die Luxusquartiere prozentual gesehen weniger eingebüßt haben, als die sogenannte “Standardimmobilien”.

    Auch hier sind natürlich Lage und Standort und deren Märkte zusätzliche Einflussparameter.

    Da es keine täglich aktuallisierten Kurszettel (wahre Bewertungen) für Immobilien gibt, wie bei Aktien, muß auch eine Immobilienblase im “Zeitlupentempo” platzen.

    Die beteiligten Hypothekenbanken sind dann oft sehr “rücksichtsvoll” gegenüber Ihren Schuldner und lassen sich Zeit mit Zwangsversteigerungen und den damit verbundenen Wertberichtigungen, besonders dann, wenn die Bank in Ihrer Existenz gefährdet ist.
    Auch mit Fusionen und anderen “Heilmitteln” versucht man Schieflagen zu glätten.

    Vieles ähnelt dem Märchen von Kaisers neuen Kleidern.

    Verschiedene Kreditinstitute sind dann schon längere Zeit notleidend.
    Ihre beliehenen Immobilien erscheinen weit überhöht in Ihren Wertgutachten.

    Nicht die Kreditvergabe auf Immobilien führt zum Zusammenbruch des Marktes sondern “die Gier” der Banken , die weit überhöhte Kredite für die zu beleihenden Immobilienobjekte bewilligt haben.

    So glaubt doch dann der Käufer, der einen überhöhten Kredit von seiner Bank bewilligt bekommt , das seine Immobilie tatsächlich soviel Wert ist.

    Hätte man mehr Eigenmittel von den Immobilienkäufer verlangt, wäre der Preisauftrieb in Grenzen geblieben, und der Markt wäre nicht in diese Übertreibungsphase hineingeschlittert, die zwangsläufig immer zum Zusammenbruch führen muss.

    Hieraus sollte man zumindest die Erkenntnis ziehen, das die Wertgutachten der Banken nicht viel taugen und sich je nach Zykusstand des Marktes ändern.

    So ist auch genau das Gegenteil oft der Fall.
    Einmal Ãœbertreibung dann Untertreibung.
    In Deutschland ist man derzeit extrem zurückhaltend bei der Kreditvergabe für Immobilien.
    Aber auch das wird sich eines Tages wieder ändern.

  • Saviano // 28. Mrz, 2007

    Die Frage, die mich/uns konkreter bewegt, ist, wie wird sich die (platzende) Immobilienblase auf die Aktienmärkte auswirken?

    Hier bin ich grundsätzlich optimistisch, sprich: die Auswirkungen auf der negativen Seite werden sich in Grenzen halten. Da die Aktienbewertungen schon in einem sehr fairen Rahmen sind, die Weltwirtschaft grundsätzlich auf einen sehr guten Weg und etliche andere Faktoren (die wir hier diskutieren) Unterstützung bieten, rechne ich mit steigenden Kursen (selbst wenn die Immobilien leiden).

    Koester hat in einem anderen Kommentar (und ich in früheren Beiträgen) auf einen zusätzlichen günstigen Liquiditätseffekt hingewiesen (viele Jahre lang floss unheimlich viel Geld in den Immo-Sektor, da dort das “große Spiel” war, jetzt wird sich wohl ein Teil des Geldes nach und nach in andere Anlagen umorientieren).

    Ich spreche von “Kreditblase” eigentlich nur aus einem Grund: die Hauptbefürchtung bezüglich der Aktienentwicklung war/ist Abschwächung des Konsums (die Vermögenseffekte der Immobilien-Booms entfallen, Hypothekenzahler können ihre hohen (und mitunter steigenden) Raten nicht zahlen bzw. müssen ihren Konsum einschränken, Bauwirtschaft schwächt sich dramatisch ab, Job-Abbau etc. — Abwärtsspiralen –). Diese Befürchtung halte ich mit Sicht auf die Aktien für angebracht, aber insgesamt für überzogen.

    Denn die aktuellen Bewertungen implizieren (in meinen Augen) ohnehin zu wenig Gewinnwachstum; Konsumschwäche wird sofort den Inflationsdruck mindern und die Zinsen werden gesenkt; die Kostenstrukturen und die Margen der Unternehmen sind ziemlich gesund (zumindest lässt man uns das glauben ;-) ) etc. Einen heftigen Rückgang des allgemeinen Aktienniveaus sehe ich nicht kommen.

    Es sei denn natürlich die Immobilienkrise nimmt dramatische Ausmaßen an. Und hier scheiden sich die Geister: es ist wohl möglich, ich glaube es aber nicht so…

    Die unmittelbare Gefahr für die Aktien sind (habe ich geschrieben) die Zinsen. Also wenn Kreditblase, denn befürchte ich eher einen Zusammenbruch der (zweitklassigen) Anleihen, hohe Zinsen, die auch die Aktienmärkte entsprechen stark belasten können.

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