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China, der Inflationsexporteur

4. Juni, 2008 · 3 Kommentare

Die Inflation in China ist bekanntlich eine Sorge. Sie bewegt sich aktuell (und offiziell) um die 8 Prozent. Die Preise für Lebensmittel (wie überall) steigen viel stärker . Im Unterschied zu den reicheren Ländern, scherzt man, ist das, was bei uns als Kerninflation bezeichnet wird, in China die Inflation. Die Belastung für die Menschen ist also insgesamt deutlich höher (und zwar trotz staatlicher Kontrolle der Preise einzelner Grundnahrungsmittel sowie Subventionierung der Benzinpreise)

Aber die Löhne ziehen auch mit. Zum einen kann man eine typische Lohn-Preis-Spirale vermuten, zum anderen habe die Regierung zuletzt einige Maßnahmen getroffen, um Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit zu verbessern, wie man im “Aufsteiger-Check” des FTD-Blogs WirtschaftsWunder nachlesen kann. Die Lohnsteigerungen in den städtischen Regionen sollen alleine im März um die 18 Prozent betragen haben. Höhere Löhne und gestiegene Kosten (darunter Immobilien etc.) veranlassen immer mehr Firmen, ihre Produktionsstätten an (noch) billigere Standorte mit (noch) flexibleren Arbeitsgesetzen zu verlagern. Eine der beliebtesten Destinationen sei Vietnam (vor allem für Schuh- und Textilprodukte).

Bei WirtschaftsWunder lesen wir:

Einige Experten beurteilen die Abwanderung der Billigproduktion allerdings als durchaus gesund für China. So wünschen sich die Entscheider in Peking mittelfristig, dass insgesamt mehr Produkte aus höheren Technologiesegmenten in China hergestellt werden. Entscheidend ist jedoch das Tempo der Abwanderung. Entwickelt sich die bestehende Tendenz zu einer regelrechten Produktionsflucht, bekommt die chinesische Volkswirtschaft ein Problem.

China’s Industrieproduktion legte im April in leicht verlangsamtem Tempo zu. Nach 17,8 Prozent im März, waren es immer noch 15,7 Prozent – Zahlen die eine leichte Abschwächung andeuten, aber weiterhin auf ein hohes Wachstumstempo schließen lassen. Viele Volkswirte rechnen mit einer weiteren Abschwächung der chinesischen Industrieproduktion, bedingt durch schwächere Exportzahlen.

Eine Verlangsamung des Wachstumstempos, zumal bei dieser Inflation, könnte durchaus ihre positiven Seiten haben. Die Beobachtungen werfen aber auch einige Fragen auf:

Warum verlagert man die Produktion nicht ins Landesinnere? Da war doch dieses “unerschöpfliche Arbeitsangebot”? Politisch dürfte es auch nicht ungewollt sein, mehr Investitionen in die schwach entwickelten Regionen zu lenken.

Was passiert mit der Arbeitsproduktivität? Kann sie nicht Schritt halten? Ist es für die chinesischen Unternehmen so schwierig, die Arbeitseffizienz zu steigern? Wir reden schließlich immer noch von sehr niedrigen Löhnen. Wenn man jetzt schon Produktionen an das benachbarte Ausland abgeben muss, offenbart dies nicht die akute Schwäche der chinesischen Wirtschaft — die totale Abhängigkeit von billigster Arbeitskraft? Die Ambitionen der Regierenden, die chinesische Wirtschaft in dieser Hinsicht zu stärken, sind nachvollziehbar. Leicht wird es aber nicht sein.

Den Inflationsdruck in China bekommt man auch im Westen zu spüren. Die inflationsdämpfende Wirkung der billigen chinesischen Waren hat nachgelassen. Das bestätigen auch die Importpreise (besonders in den USA). China, scheint sich sogar zu einem Exporteur von Inflation zu verwandeln (zumindest temporär). Gleichzeitig merkt man, wie die “Karawane der Globalisierung” weiterzieht — immer zum billigeren Standort hin…

Und auch wenn sich die Importe (in den USA) verteuert haben, ist die Rate ex Öl (und Ölprodukte) 6,2% (zum Vorjahresmonat); die Importpreise für chinesische Produkte stiegen sogar weniger stark: +4,1% für die Periode April 2007-2008 (Quelle: Bureau of Labor Statistics, U.S. Import and Export Price Indexes). Man kann vermuten, dass die chinesischen Exporteure die höheren Kosten nicht völlig weitergeben können. Der Inflationsexport scheint nicht ganz so richtig zu funktionieren… Dabei haben wir noch gar nicht eine richtige Konsumschwäche der US-Verbraucher gesehen. Vielmehr zeigt sich, warum die chinesische Regierung so stur an einem niedrigen, festen Yuan-Wechselkurs hält. (Hierzu habe ich noch eine Geschichte, aber später…)

Kategorien: Frontpage · Inflation

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