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Wann sind Schulden zu hoch?

23. September, 2009 · 3 Kommentare

Old Days: Hohe Schulden?

Besonders in Deutschland kann man eine leicht masochistische Faszination der Bevölkerung für sich mit vier-fünfstelligen Beträgen pro Sekunde drehende Schuldenuhren feststellen. Die Uhr der deutschen Staatsverschuldung tickt zum Beispiel mit 4.439 EUR pro Sekunde und steht bei ca. 1,6 Billionen Euro (laut Bund der Steuerzahler).

Die Zeitschrift The Economist hat eine “Weltschuldenuhr” und gleichzeitig eine (aktuelle) Auflistung der Schulden einzelner Staaten ins Netz gestellt (habe ich auch vorher gesehen, aber erinnert wurde ich wieder durch egghat).

Dort dreht sich der “Sekundenzeiger” mit noch atemberaubendem Tempo: mit einem wohl 6-stelligen USD-Betrag pro Sekunde. Und der Schuldenstand wird mit … hm … was ist das? … 35.094.667.489.189 USD angegeben — wobei sich die letzten 7 Stellen alle 5 Sekunden ändern…

Schöner noch die Möglichkeit, die geografische Verteilung der Schulden zu visualisieren: Die dunklen Farben der “hohen Verschuldung” markieren fast ausschließlich die reichen Länder des Westens. Auch wenn man zu Pro-Kopf-Verschuldung übergeht, bleibt das Bild wenig verändert. Kaum ein Wunder, denn wo es ein hohes Pro-Kopf-Einkommen gibt, kann es auch hohe Pro-Kopf-Schulden geben (und gibt es ganz offensichtlich).

Selbst wenn man die Schulden in Verhältnis zum BIP setzt, sind es vor allem die Reichen, die “hoch verschuldet” sind (wobei es hier mehr “Bewegung” im Bild gibt). Fast würde man vermuten, dass Schulden Reichtum bedeuten… oder zu Reichtum verhelfen…

Doch Experten und Halb-Experten beklagen “zu hohe Schulden”. Vor allem, die der USA. Dabei stehen die USA etwas besser da als zum Beispiel die Bundesrepublik: Die Staatsverschuldung der USA beträgt 48,2% des BIP, die von Deutschland stolze 74,6%. Besonders “schlimm” ist es in Italien (112%) oder in Japan (185%). In Japan war ich noch nicht, aber in Italien lässt sich noch leben… Zumindest etwas besser als in Russland (12,5%) oder Usbekistan (12,1%).

Wie auch immer: Offensichtlich kann es hohe Schulden geben, die (noch) nicht zu hoch sind…

Für eine Familie, sagt man, sollte der Preis einer Eigentumsimmobilie bei ungefähr dem Vierfachen des Netto-Jahreseinkommens liegen und wäre noch (normal) tragbar. Dies entspräche einem Verschuldungsgrad von 400%… Und dabei sollte man auf keinen Fall vergessen, dass ein Staat nicht einfach so mit einer Familie zu vergelichen wäre. Dieser hat nämlich ganz andere (viel größere) Ressourcen und ein völlig anderes (viel stabileres) Risikoprofil…

Aber vor einiger Zeit habe ich trotzdem — spaßeshalber — die USA mit einem reichen Onkel verglichen (und darauf wollte ich jetzt hinweisen, uh!)…

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3 Kommentare bis jetzt ↓

  • Saviano // 23. Sep, 2009

    Apropos Schulden in Deutschland — Aktuelles vom Statistischen Bundesamt:

    Die Schulden der öffentlichen Haushalte in Deutschland am Kreditmarkt betrugen zum 30. Juni 2009 insgesamt 1 602,0 Milliarden Euro. Dies teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen mit. Seit Ende 2008 haben sich damit die öffentlichen Schulden um 5,7% beziehungsweise 87,0 Milliarden Euro erhöht. Gegenüber dem Stand vom 30. Juni 2008 betrug der Anstieg 7,2% beziehungsweise 107,5 Milliarden Euro. Die Angaben beziehen sich auf die Kernhaushalte des Bundes und der Länder einschließlich ihrer jeweiligen Extrahaushalte sowie auf die Kernhaus­halte der Gemeinden und Gemeindeverbände.

    Beim Bund wurde der größte Anstieg der Kreditmarktschulden registriert. Sie erhöhten sich gegenüber Ende 2008 um 7,5% (+ 71,7 Milliarden Euro) auf 1 028,5 Milliarden Euro. Hierin sind auch die Schulden der zur Bewältigung der Finanzmarktkrise neu gegründeten Sondervermögen Finanzmarktstabilisierungsfonds (44,7 Milliarden Euro) sowie Investitions- und Tilgungsfonds (1,2 Milliarden Euro) enthalten.

  • egghat // 23. Sep, 2009

    Die Frage ist allerdings welche Werte beim Staat auf der anderen Seite der Bilanz stehen … Bei einer Immobilie einer Privatperson ist es ja einfach: Geht die Pleite, holt sich die Bank die Immobilie. Was beim Staat?

  • Saviano // 24. Sep, 2009

    Hat der Staat denn keine Assets? Jeder spricht über die Schulden, aber die Vermögenswerte vergisst man. Vielleicht ist eines der Probleme, dass diese Vermögenswerte zum großen Teil nicht veräußerbar sind: Die Autobahnen kann man noch irgendwie verwerten (á la Public Private Enterprises), aber die organisatorischen Strukturen (Gerichte, Schulen, Polizei etc.) wohl eher nicht. Die Bilanz des Staates ist wahrlich schwer zu lesen, aber es gibt eine Bilanz mit entspr. Aktiva.

    Um konkreter auf deine Anmerkung zurückzukommen: Ich denke, es sollte klar sein, dass man sich im Fall der Fälle vom Staat “nichts” holen kann, egal was auf einer Bilanz stehen mag. Man wird in erster Stelle kaum die Mittel haben, Ansprüche durchzusetzen. Also bleibt das bloße Vertrauen, dass der Staat seine Kreditoren nicht verprellen will.

    Und ich weiß nicht, ob er dass bei 100% Verschuldungsgrad oder bei 200% wird machen wollen. In der eigenen Währung wird ein Staat außerdem wohl nicht zahlungsunfähig werden. In diesem Sinne: Man wird sich die Scheine schon holen können (zum Nennwert).

    (Und wenn ich geistreich sein möchte: Die Privaten zahlen real, der Staat — nominal ;-) )

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