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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Gewinne werden privatisiert, Verluste werden verstaatlicht

25. April, 2007 · 8 Kommentare

So oder so ähnlich habe ich es bereits vor Jahren bei André Kostolany gelesen. Und dies hat er nicht als Kritik am Kapitalismus oder als Anstoß für eine “Gerechtigkeitsdebatte” gemeint. Vielmehr wollte Kostolany den Privatanlegern mehr Zuversicht bezüglich Aktieninvestments und generell bezüglich der – sagen wir – Sicherheit des Finanz- und Wirtschaftssystems auf den Weg geben.

Gleich vorweg, damit keine Irritationen entstehen: die Börse ist ein gefährliches Spiel und ganz selbstverständlich können dabei große Verluste entstehen. Aber wenn man den Blick auf das größere Bild wirft, entpuppen sich interessante Details, die unbedingt und direkt die Börse beeinflussen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Der Staat springt (angeblich) bei den kriselnden Sub-Prime-Hypothekenanbietern ein, um größeren Schaden abzuwenden. Hier ein interessanter Artikel von David Milleker im Blog WirtschaftsWunder: Amerikas Häuserkrise Wenn der Staat einspringt.

Die Lage ist, kurz skizziert, wohl klar:

Staatliche und quasi-staatliche Banken und Institutionen starten Programme (ca. 30 Bundesstaaten sollen bereits mit solchen Initiativen am Start sein) zur kostengünstigen Umschuldung der Hypothekenanbieter im Sub-Prime-Sektor. Geld wird zur Verfügung gestellt, Anleihen aufgekauft, Schuldverschreibungen übernommen usw.

Und keiner leidet mehr. Problem gelöst. Fertig. Oder? Ich werde sehr bald etwas ausführlicher darüber schreiben. Hier ein Zitat vom oberen Artikel:

Andererseits geht aber natürlich von derartigen Maßnahmen auch eine sehr fragwürdige Signalwirkung auf Kreditgeber und –nehmer aus: „Wenn im Privatsektor Dummheiten gemacht werden, werden der Staat und seine Institutionen sich schon darum kümmern, dass keiner wirklich dabei zu Schaden kommt.“ Das Verhalten der privatwirtschaftlichen Akteure wird dann entsprechend sorgloser und letztlich auch riskanter. Moral Hazard nennt sich das in der Fachsprache. Und je mehr man sich kurzfristig um die Beseitigung kleinerer Unfälle kümmert, desto höher wird das Potenzial für eine richtig große und dann auch systemgefährdende Krise.

Unsere im vergangenen Monat präsentierte Einschätzung einer zwar unangenehmen, aber letztlich durchaus verkraftbaren Entwicklung bei den Ausfallraten für Hypotheken legt den Schluss nahe, dass die US-Politik und die (quasi-)öffentlichen Banken mit ihren Umschuldungsmaßnahmen auf die mediale Berichterstattung überreagieren. Als positiver Nebeneffekt bleibt dann eine noch viel schnellere Überwindung der Hypothekenkrise als bislang angenommen. Das offerierte Bonbon hat hier aus Ökonomensicht jedoch einen recht bitteren Beigeschmack.

Ich würde gerne jetzt noch auf meinen Beitrag vom 8. März kurz hinweisen, in dem es hieß:

Ich bin mir ziemlich sicher, dass in Amerika einiges unternommen wird, um die Hypotheken-Pleite-Kandidaten aufzufangen, so dass es erst gar nicht zu einem credit crunch bzw. (Junk-)Bond-Desaster kommt. Fannie Mae und Freddie Mac (mit dem Backing des Staates und der Fed) werden wohl irgendwann direkt oder indirekt einsteigen, die notleidenden Firmen bzw. deren Hypotheken aufkaufen. Die Aktionäre werden – wie häufig – bezahlen (darunter der wichtigste Quasi-Aktionär von allen – der Staat).

Boersennotizbuch.de, Augen auf die Zinsen

Vielleicht doch ganz kurz: die Inflation könnte etwas länger etwas hoch bleiben; in früheren Jahren musste man dann doch mit höheren Zinsen reagieren, der Aktienmarkt wurde mehr oder weniger kräftig – je nachdem – abgestraft, denn die Liquidität musste im Zaun gehalten und der Schuldenberg über Entwertung (Inflation) oder etwa höhere Steuern langsam abgebaut werden.

Zum Glück haben wir jetzt die Globalisierung, denn würde sie es schaffen, die Inflation insgesamt niedrig zu halten, werden die Aktienmärkte eher nicht zur Korrektur gezwungen sein. Zumal sie gar nicht so stark gestiegen und nicht so teuer bewertet sind.

Kategorien: Analysen · Frontpage · Gesamtmarkt

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