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Börsennotizbuch

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Das Beige Book oder was sich wo stabilisiert? (Tipp: Es ist nicht die Wirtschaft)

16. April, 2009 ·

Heute ist das Beige Book veröffentlicht worden. Das ist der acht Mal pro Jahr erscheinende Konjunkturbericht der Federal Reserve (Fed, US-Notenbank). Das Beige Book fasst die Konjunkturberichte der 12 regionalen Zentralbanken in den USA, gibt Auskunft über die wirtschaftlichen Bedingungen im Land und (soweit möglich) Ausblick auf die Konjunkturentwicklung.

Das Beige Book ist ein wichtiges Dokument und wird aufmerksam gelesen. So steht gleich am Anfang als eine Art Zusammenfassung der Zusammenfassung:

Reports from the Federal Reserve Banks indicate that overall economic activity contracted further or remained weak. However, five of the twelve Districts noted a moderation in the pace of decline, and several saw signs that activity in some sectors was stabilizing at a low level.

Manufacturing activity weakened across a broad range of industries in most Districts, with only a few exceptions. Nonfinancial service activity continued to contract across Districts. Retail spending remained sluggish, although some Districts noted a slight improvement in sales compared with the previous reporting period. Residential real estate markets continued to be weak. Home prices and construction were still falling in most areas, but better-than-expected buyer traffic led to a scattered pickup in sales in a number of Districts. Nonresidential real estate conditions continued to deteriorate. Difficulty obtaining commercial real estate financing was constraining construction and investment activity. Spending on business travel declined as corporations cut back. Reports on tourism were mixed. Bankers reported tight credit conditions, rising delinquencies, and some deterioration of loan quality.

Agricultural conditions were generally favorable across Districts, although drought conditions persisted in the Dallas and San Francisco Districts. The Districts reporting on energy said reduced demand, high inventories, and lower prices led to steep cutbacks in oil and natural gas drilling and production activity. The Minneapolis, Kansas City, and Dallas Districts noted declines in employment in the oil and gas extraction industry.

Downward pressure on prices was reported across Districts. Wage and salary pressures eased as labor markets weakened in all Districts, and many contacts continued to report job cuts and wage and hiring freezes. Employment continued to decline across a range of industries, with only scattered reports of hiring.

Quelle: Federal Reserve, Beige Book, 15. April 2009

Nehmen Sie sich 2 Minuten Zeit, um die oberen Zeilen durchzulesen. Ich persönlich erkenne kaum Punkte, die nicht von schlechten Wirtschaftsbedingungen und meist von sich verschlechternden Konjunkturindikatoren handeln.

Das hindert Spiegel Online jedoch nicht daran, über die Beige-Book-Veröffentlichung unter dem Titel US-Konjunktur stabilisiert sich zu berichten. Was bitte schön stabilisiert sich hier?

Im Artikel selbst werden die wichtigsten Punkte schon “sauber” aufgelistet (im Grunde die obere Zusammenfassung). Nur, die Ãœberschrift kann leider nicht durch Fakten begründet werden. Man verweist allgemein auf die Aussagen von Fed-Chef Ben Bernanke und dem US-Präsidenten Barack Obama. Aber, wenn wir ehrlich sind, sind beide zu Zweckoptimismus geradezu verpflichtet…

Verstehen Sie mich nicht falsch — ich habe bereits mehrmals deutlich gemacht, dass ich die Wende (an der Börse) im Laufe dieses Jahres erwarten würde und dass dies zunächst ohne substanzielle Erholungszeichen aus der (realen) Wirtschaft passieren kann. Ich bin auch im Grunde optimistisch, was die mittelfristige Perspektive betrifft (und die langfristige ohnehin). Trotzdem will ich nicht die Augen vor den Fakten verschließen und Wunsch-Tendenzen in den Daten “erkennen”.

Es bleibt vorerst dabei: In der US-Wirtschaft bessert sich kaum etwas.

Was sich aber zuletzt geändert hat, ist, tatsächlich, die Art und Weise, wie die Medien über die wirtschaftlichen Entwicklungen berichten: Der Stil ist eindeutig freundlicher und zuversichtlicher geworden, die Medien suchen und unterstreichen in jeder Meldung die positiven Elemente… Das Ganze ist vorerst natürlich ohne viel Substanz, aber ich würde die Wirkung auf die allgemeine Stimmung ungern unterschätzen. Es ist eine erste Wandlung. Die Psychologie ist wichtig. Diese scheint sich zu stabilisieren.

Kategorien: Frontpage · Sentiment · Wirtschaftsdaten

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