Die rapide steigenden Staatsverschuldungen sind natürlich ein großes Thema in der Finanzwelt. Bei der ganzen Dramatik, die Zuwachsraten im zweistelligen Bereich hervorrufen, dürfte man nicht vergessen, dass wir eigentlich nicht so genau wissen, wo eine zu hohe Staatsverschuldung liegt.
Aktuell veröffentlicht der Blog Querschüsse eine Grafik und Gedanken zum Thema Staatsverschuldung: “Staatsverschuldungen steigen kräftig”. Auf dem Chart aus dem European Economic Forecast der Europäischen Kommission sehen wir den aktuellen Stand der Schuldenquote (öffentlicher Haushalte) sowie die Prognose für 2011 der meisten wichtigsten Volkswirtschaften.
In der Tat, die Schulden wachsen mit hohem Tempo, aber was meine Anmerkung betrifft:
USA hatten eine Schuldenquote von ca. 62% des BIP, in etwa so viel wie Deutschland, Frankreich oder aber Portugal. Und im Prinzip in etwa so hoch wie die Schuldenquote der EU. Unterschiedliche Wachstumsraten und Arbeitslosenquoten waren in der Vergangenheit jedoch nicht die Ausnahme. Die Schulden alleine (vorausgesetzt noch: man berechnet sie richtig) sind keine ausreichende Erklärung für die Dynamik einer Wirtschaft.
Japan hat hingegen eine atemberaubende Verschuldung: ca. 200% des BIP. Bei 200% beobachten wir schon eine schlechte Gesundheit: Die japanische Wirtschaft hat sich in den letzten fast 20 Jahren sehr schleppend entwickelt, sie wird aber – erstaunlicherweise? – nicht etwa von Inflation, sondern von Deflation geplagt. Außerdem – eine kleine Beruhigung – ist immer noch die zweitgrößte der Welt bei einem sehr hohen Lebensstandard der Bevölkerung. Und trotzdem — wie so oft in der Wirtschaft — weiß man nicht so recht, welcher Faktor oder Kombination von Faktoren die ausschlaggebenden waren. Vielleicht die hohen Schulden, vielleicht aber auch nicht. Das Beispiel Japan lässt uns nichtsdestotrotz eine anämische Wachstumsdynamik und Deflation befürchten.
Um Missverständnisse zu vermeiden: Niedrige Staatsschulden sind besser als hohe. Wenigstens deswegen, weil man dann mehr Schulden machen kann (!). Wie zum Beispiel China: Die Europäische Kommission weist für China eine Schuldenquote (des öffentlichen Haushalts) von gerade mal 20% aus, die 2011 auf 22% steigen soll. Jede Menge Platz für weitere Kreditaufnahme.
Natürlich wage ich nicht zu beurteilen, ob China die Rolle des Wachstumsmotors “auf Pump” spielen kann, und noch weniger, ob dies gut oder gefährlich ist. Aber eine Möglichkeit (für die fernere Zukunft) wäre’s. Dafür wird es jedoch eine massive Ausweitung des Sozialsystems geben müssen, und das wird uns vermutlich nicht so bald beschäftigen…
1 Kommentar bis jetzt ↓
Gefahr für den Anleihemarkt: In Japan zuerst? • Börsennotizbuch // 13. Nov, 2009
[...] weist (nicht überraschend) auf die hohe Verschuldungen, die viele Staaten tragen und aktuell massiv ausweiten. Der interessantere Aspekt ist die Erwartung, dass gerade die japanischen Anleihen als erste einen [...]
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