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Gefahr für den Anleihemarkt: In Japan zuerst?

13. November, 2009 · 1 Kommentar

Eine Studie der Société Générale warnt vor einem “Zusammenbruch des Anleihemarktes”, der ausgerechnet in Japan beginnen könne, berichtet die Financial Times Deutschland.

Im Artikel wird unter anderem darauf hingewiesen, dass zum Beispiel die amerikanischen 30-jährigen Anleihen seit Dezember 2008 ca. 28% gefallen sind (die Rendite ist also gestiegen), aber das Gesamtbild sieht so aus:

Rendite 30-jähriger US-Treasury-Bonds: Daten: Federal Reserve; Grafik: boersennotizbuch
Interaktiver Chart: Entwicklung der Rendite 30-jähriger US-Anleihen

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Rendite (Zinsen) der 30-jährigen US-Staatsanleihen. Diese verhält sich — bekanntlich — spiegelverkehrt zur Entwicklung des Anleihekurses (steigt die Rendite, fällt der Kurs).

Wie man sieht, bezieht sich der oben erwähnte Rückgang der Kurse auf eine Periode unglaublicher Panik-Käufe (Ende 2008-Anfang 2009), unmittelbar nach der Lehman-Pleite und zu Zeiten höchster Unsicherheit. Entsprechend viel die Rendite der 30-jährigen US-Staatsanleihen unter 3 Prozent (das muss man sich wirklich vorstellen: Es handelt sich nicht um ein Giro-Konto, sondern um Kapitalbindung für 30 Jahre!).

Dies war irrationale Hausse, die nun auf ein normaleres Niveau korrigierte. Entsprechend sind die Renditen von “extrem niedrig” auf “realistischer” gestiegen.

Die Frage ist allerdings, was ab hier geschieht.

Die Studie der Société Générale weist (nicht überraschend) auf die hohe Verschuldungen, die viele Staaten tragen und aktuell massiv ausweiten. Der interessantere Aspekt ist die Erwartung, dass gerade die japanischen Anleihen als erste einen “Kollaps” (oder meinetwegen “heftige Korrektur”) erleben können. Schließlich wird ein solcher Zusammenbruch mit steigenden Inflationsraten in Verbindung gebracht, und Japan ist das Land, das wie kein anderes seit mindestens einem Jahrzehnt für persistenten Deflationsdruck steht.

Gleichzeitig aber steht Japan auch für eine riesige Staatsverschuldung von ca. 200% des BIP (s. auch Link oben). Bisher war die Finanzierung dieses Schuldenberges kein sehr gravierendes Problem. Einer der Gründe dafür, so SocGen, waren die Privathaushalte, die stets “treue” Abnehmer der Staatsanleihen waren. Zur Zeit jedoch ist die Sparquote der Japaner auf fast Null gesunken. Dazu noch, gibt SocGen zu bedenken, lösen immer mehr Rentner ihre Ersparnisse (in Form von Staatsanleihen) auf.

Den Ausfall dieser Nachfrage (falls richtig analysiert wurde) müssen neue Investoren ausgleichen. Wenn nicht, wird die Zentralbank ihr Quantitative Easing fortsetzen müssen, sprich: sie wird selbst als Käufer von Staatsschulden agieren.

Das Gleiche betrifft nicht nur Japan, sondern auch die meisten anderen Industriestaaten: Die Staatsschulden wachsen, die Notenbanken wollen aber die Zinsen nicht steigen lassen und halten sich als Käufer von Staatsanleihen bereit. Dies ist die wohl expansivste Geldpolitik seit es Zentralbanken gibt.

Das Resultat dürfte Inflation sein. Allerdings wird sich diese Inflation zuallererst an den Kapitalmärkten abspielen und wahrscheinlich noch eine ganze Weile nicht an den Konsummärkten. Denn:

  • Die geldpolitischen Maßnahmen drehen sich im Moment noch meist nur im “geschlossenen Kreis” der Kreditinstitute: Die Notenbanken geben den Banken (fast zum Nulltarif) Geld, das sofort wieder auf die Zentralbankkonten landet (mit kleiner Verzinsung).
  • Die Staatsschulden wachsen so massiv nicht wegen Investitionsausgaben, sondern wegen Banken- und Unternehmensrettungen (sprich: Ãœbernahme der Schulden).
  • In der Realwirtschaft herrscht zur Zeit eine sehr niedrige Kapazitätsauslastung: Es klafft eine große Lücke zwischen dem, was die Wirtschaft leistet, und dem, was sie leisten kann. Solche niedrige Kapazitätsauslastung ermöglicht i.d.R. steigende Produktion ohne Inflation.

Es sieht so aus, als würden wir uns in einer seltsamen Balance befinden: Die Staaten können sich weiter verschulden und die Zinsen steigen nicht, weil die Zentralbanken (praktisch: der Staat) sie selbst übernehmen kann. Der Preis, der gewöhnlich für so etwas zu zahlen ist – Geldentwertung –, kommt nicht. Keiner schickt eine Rechnung, denn jeder freut sich, für den gleichen Preis (oder Lohn) mehr arbeiten zu können. Es gibt keine Knappheit. Zumindest bei den Waren nicht. Es gibt Knappheit an Wachstumsperspektiven (das betrifft die Aktien). Sollte sich diese auflösen, werden die Börsen nicht zu halten sein.

Aber mit dem Anleihemarkt zu schließen: Ich sehe noch keinen gravierenden Grund für einen Zusammenbruch. Nichtsdestotrotz: Stärker steigende (langfristige) Zinsen werden ein Verlassen der Balance und Schwierigkeiten für die Börsen bedeuten.

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt · Inflation · Zinsen

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