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Seit langer Zeit wieder: Ausgeglichener Haushalt in Deutschland

15. Januar, 2008 · 4 Kommentare

Für alle Schulden-Panikmacher und diejenige, die von Schulden viel Angst kriegen — Deutschland hat, so das Statistische Bundesamt zitiert von der Faz.net, zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung einen ausgeglichenen Haushalt:

Erstmals seit 1989 weist Deutschland wieder einen ausgeglichenen Staatshaushalt auf. Das deutsche Staatsdefizit schrumpfte 2007 auf 0,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nach 1,6 Prozent im Vorjahr. Das teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag in Frankfurt mit. Dank des Wirtschaftsaufschwungs und sprudelnder Steuereinnahmen erfüllte Deutschland wie auch im Vorjahr das Maastricht-Kriterium, das ein Defizit von drei Prozent des BIP erlaubt.

Noch vor Jahr oder zwei sah die Lage in Deutschland, insbesondere die Haushaltslage, für viele Experten und Möchtegern-Experten einfach desolat, die Zukunft der Kinder, der zukünftigen Generationen, sei quasi verspielt, die Zinslast erdrücke uns, die Nicht-Erfüllung des (komischen) Maastricht-Kriteriums wurde zu einer nationalen Schande hochstilisiert, etc.

Und was ist nun? Ein zarter Konjunkturaufschwung (denn, ehrlich gesagt, ist es – noch – nicht viel mehr) und die Defizite schmelzen, sodass wir uns nun stolze “Haushalter” nennen können. Ironie des Schicksals aber — just haben wir die “heilige Kuh”, und es ist (wahrscheinlich) vorbei mit dem Aufschwung. Und dann auch mit dem schönen ausgeglichenen Haushalt.

Noch schlimmer — man hört, es wird hartnäckig an Sparen und Konsolidieren weitergedacht.

Aber, gut — Gratulation nochmal! Werden wir jetzt besser leben? Hoffentlich. Hoffentlich beruhigt sich die deutsche Seele ein bisschen — der Haushalt ist in Ordnung. Wir können stolz um uns und in Richtung Amerika schauen …

Apropos Amerika, die Schulden und jegliche Defizite jenseits des Atlantiks sind auch in aller Munde und die berüchtigte Ãœber-Hyper-Verschuldung der Amerikaner ist bereits die ausgemachte Ursache für den Finanz-Armageddon. Das deutsche Beispiel lehrt uns aber wenigstens, dass man bei den Finanzen auch ein wenig mehr Fantasie und sogar die Vorstellung zulassen kann, dass hier ein bisschen Aufschwung – da ein  wenig Arbeitsplätze und ein paar Jahre später … 

(Aber der ausgeglichene Haushalt wird uns sicher nicht sehr viel glücklicher machen – die Wirtschaft weder unglaublich stabilisieren, noch für mehr Dynamik sorgen; genau wie die Schulden des (führenden) Industrielandes der Welt … der USA … keine (zukünftige) Verarmung bedeuten — wage ich zu behaupten).

Kategorien: Frontpage · Wirtschaftsdaten

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4 Kommentare bis jetzt ↓

  • egghat // 15. Jan, 2008

    Ich würde gleich in mehreren Punkten widersprechen:

    a) Das was wir 2006 hatten ist der stärkste Aufschwung seit einige Zeit.2007 war nicht mehr so doll. Man schaue sich die letzten 30 Jahre an und nehme die DDR-Wiedervereinigungsblase raus: Das ist ein ziemlich guter Aufschwung. Weder besonders kurz noch besonders schwach.

    b) Die Konsolidierung basiert erstens auf externen Faktoren (nicht der Inlandsnachfrage) und zweitens auf der massivsten Steuererhöhung der Nachkriegsgeschichte. Nichts was sich einfach wiederholen lässt. Wenn wir die Konsolidierung über Sparen erreicht hätten, würde ich eine gewisse Nachhaltigkeit vermuten. Aber diese Konsolidierung kommt nur über die Einnahmenseite (und die Politiker bemühen sich auch nach Kräften, die Ausgabenseite auch ja schnell genug anzupassen …)

    c) Die Zinsen, die der Staat zahlen muss, sind auf niedrigem Niveau. Lass mal die Inflation steigen und damit die Zinsen. Dann zahlt der Staat schnell wieder 10 oder 20 Milliarden Zinsen mehr pro Jahr (aktuell 43 Milliarden, gut 15% des Haushalts – Ohne einen einzigen Cent Tilgung!).

    d) Wer bei der Verschuldung nur auf den Bund schaut, schaut zu kurz. Das ist nur ein Teilproblem: Die impliziten Lasten der kommenden Generationen liegen im Gesundheits- und Rentensystem. Ich weiss nicht, wo die aktuelle Zahl für Schulden/BIP steht, aber es sind so 50 bis 60%. Die Gesamtverschuldung inkl. Sozialkassen, Beamtenpensionen, etc. pp. liegt aber eher bei 200%(!) des BIPs.

    Wie gesagt, wenn die Entspannung vor allem über die Ausgabenseite und die Reform der Sozialkassen gekommen wäre, dann wäre ich beruhigt. So halte ich das Ganze aber nur für eine vorübergehende Verbesserung.

    Bye egghat

  • Lucas Zeise: “Es wird in diesem Land Wirtschaftspolitik nicht geben” • Börsennotizbuch // 16. Jan, 2008

    [...] Gestern noch hatten wir die “tolle” Meldung über den ausgeglichenen Staatshaushalt, und wer weiß wie viele “Experten”, Politiker und Stammtisch-Ökonomen haben sich darüber gefreut… Der so schön ausgeglichene Haushalt war ja stets das hohe Ziel — nicht Beschäftigung, nicht Wachstum — nein, die buchhalterische Null soll uns glücklich machen… [...]

  • Saviano // 16. Jan, 2008

    “Das ist ziemlich guter Aufschwung”

    Alles ist relativ:

    Man vergleicht das Wachstum des vergangenen Jahres mit dem Wachstum seit 1992 und kann dann feststellen, dass die 2,5% oberhalb des langjährigen Durchschnitt von 1,5% gelegen haben. Dann sieht alles ganz schön robust aus, vor allem wenn man verschweigt, dass die vergangenen 15 Jahre für Deutschland nahezu vollständig eine Phase der Stagnation waren.

    NachdenkSeiten.de, Wenn 2,5% zum „robusten Wachstum“ erklärt werden, dann müssen wir uns auf die weitere Erhaltung der „Reservearmee von Arbeitslosen“ einstellen

    Nicht alles auf den Nachdenkseiten teile ich, vielleicht sogar eher Richtung 50:50, aber als Argumentation hier passt. Deutschland hatte vor allem eine lange Quasi-Stagnation, viel zu langer “post-2000er” Abschwung und dann nun ca. 2 Jahre bei 2,9 – 2,5% Wachstum.

  • Stand der deutschen Wirtschaft und Konjunktur - Einige Zahlen, Meinungen und Kommentare • Börsennotizbuch // 28. Feb, 2008

    [...] Aufschwung sowie zum Haushalt und meinem Weigern, dies als sonderlich großer Erfolg zu feiern: Seit langer Zeit wieder: Ausgeglichener Haushalt in Deutschland) [...]

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