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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Produktivität und Technologie

7. Dezember, 2005 · 1 Kommentar

Die US-Produktivität ist stärker als erwartet um 4,7% gestiegen. Es zeichnet sich hier seit geraumer Zeit eine ziemlich konstant starke Entwicklung ab. Die Unternehmen sind offensichtlich weiterhin in der Lage durch technischen Fortschritt, Globalisierungseffekte sowie ihre relativ starke Position auf dem Arbeitsmarkt (selbst in den USA mit doppelt so niedriger Arbeitslosigkeit wie hierzulande, trotz aller statistischen Unterschiede) dauerhaft immer effizienter zu wirtschaften.

Wie ich einmal bemerkte – die Technologie-Blase der 90er war mit großen Erwartungen verbunden, völlig überteuert, voll mit unrealistischen und unbrauchbaren Geschäftsmodellen, sogar Betrügereien und so weiter. Aber diese gigantische Allokation von Kapital in bestimmte Sektoren, hat auch zum schnellen Aufbau einer so zu sagen technologischen Infrastruktur beigetragen, die sonst kaum möglich wäre.

Viele haben zu viel und zu schnell erwartet, dass die Gewinne aus bestimmter Richtung und auf bestimmte Weise kommen, soweit irgendwann überhaupt etwas wirklich erwartet wurde als nur weiter steigende Kurse. Viele haben blind auf „das nächste Microsoft“ gesetzt.. Ich sollte mir mal die Mühe machen, alte Prognosen zur Entwicklung der E-Commerce, Verbreitung des Internets etc. ausgraben und mit der wirklichen Zahlen jetzt nach etwa 6 Jahren vergleichen. Gefühlsmäßig würde ich sagen, haben sich erstaunlicherweise auch eine Reihe von Erwartungen bewahrheitet. Große Erfolgsstories wie Google haben wir auch (obwohl man damals darauf nicht setzen konnte). Allerdings hat die Entwicklung, wie häufig, andere Wege genommen, die Gewinne kommen aus anderer Richtung etc.

Im Zuge der Baisse wurde die New Economy fast verpönt. Eine übergroße Zahl der Aktien waren auch Schwindel und ohne Wert. Aber die Technologie als ganzes ist ok. Die sich schnell entwickelte Infrastruktur trägt Früchte. Wie sonst ohne diesen Geldregen von damals wären wir imstande, soviel Kapazitäten zu schaffen (darunter am wichtigsten Know How und die entsprechende Ausbildung von hunderttausenden (jungen) Menschen. Ich habe noch viele Bekannten, die bei den „Schwindelunternehmen“ erst richtig programmieren gelernt haben, bevor diese Pleite gingen) . Für den Einzelnen, der viel Geld mit den Aktien verloren hat, ist es natürlich bitter, aber gesamtwirtschaftlich hatte diese Blase, wie so manche in der Vergangenheit, ihr Gutes. Ich vermute, dass, obwohl hier und da natürlich ein zweites Microsoft entstehen könnte, die Technologie eher insgesamt zu einem Anheben des Fundaments der Weltwirtschaft beitragen wird. Bei etwas so „Demokratisches“ wie das Internet (und IT insgesamt) ist dies durchaus plausibel. Vielleicht sehen wir es in den konstant hohen Produktivitätszahlen. Diese sollten uns – hoffentlich – noch eine Weile erhalten bleiben.

PS: Zur damaligen Zeit soll Warren Buffet gemeint haben, dass nicht die neuen Internetfirmen, sondern die Verbraucher die größten Nutznießer der technologischen Entwicklung sind. Die Verbraucher der Technologie sind auch die „Old Economy Unternehmen“, die nun ihre Produktivität deutlich erhöhen können.

Kategorien: Allgemein

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  • Greenspan geht: Abschied vom Zauberer • Börsennotizbuch // 24. Mai, 2007

    [...] Greenspan selbst hat mal rückblickend auf die Ereignisse an den Börsen nach 2000 seine Geldpolitik so verteidigt: hätte man früher und aggressiver die Liquidität abgeschöpft (sprich: die Zinsen angehoben), hätte man höchstwahrscheinlich viel zu früh die Konjunktur abgewürgt , sodass der gesamtwirtschaftliche “Schaden” größer gewesen wäre. Von seiner “irrational exuberance” sprach Greenspan bekanntlich noch 1996, aber hätte er womöglich “entschiedener” Gegenmaßnahmen ergriffen, hätten Amerika und die Welt noch knapp 4 Jahre Wachstum “verpasst”. Die ganze Infrastruktur (insbesondere im IT-Bereich) wäre nie (oder vielleicht immer noch nicht) entstanden, das ganze Know How hätte sich nicht entwickelt etc. (weiter hierzu: Produktivität und Technologie). Auf dem Niveau von 1996 scheinen die Börsen die Wachstumsmöglichkeiten und -chancen wohl eher richtig eingeschätzt zu haben. Somit hatte selbst Alan Greenspan die Bewertung der Aktien nicht ganz richtig beurteilt. Gut nur, dass er seine Position nicht mit den geldpolitischen Mitteln durchzusetzen versuchte. [...]

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