Börsennotizbuch

Es ist erstaunlich still geworden um den Ölpreis. Letztes Jahr um diese Zeit war er noch das Top-Thema. Damals wurden auch die Allzeithochs um die 80 Dollar gemessen.

Ich war skeptisch, vorsichtig, erwartete Korrektur (um ehrlich zu sein noch seit einiger Zeit vorher – ich halte echt wenig von den Börsianern, die immer rechtzeitig was geraten haben). Dann kam die Korrektur tatsächlich, der Ölpreis stürzte um ca. 40 Prozent ab. Mit den sinkenden Kursen sank auch das allgemeine Interesse an der bis dahin Sorge Nummer 1 der Börse.

In den letzten Monaten machte sich der Ölpreis relativ still auf den Weg nach oben und – sieh da! - erreichte gar neue Allzeithochs (zumindest die amerikanische Benchmark WTI, bei 78,77 Dollar). Die relative “Stille” ist eigentlich – machen wir uns nichts vor – Resultat der wiederum sehr laute Debatte um die US-Hypothekenprbleme. Das Problem hoher Ölpreise mindert sie trotzdem nicht.

Die Faz.net meldet sich zu Thema und fragt sich, wie hoch der Preis noch steigen kann. Ob die Prognose von “Peak Oil” noch eintreten kann? Das Blatt suggeriert: “Ja”:

„Es scheint, als bereite sich der Ölpreis auf einen weiteren Höhenflug vor“, meint Peter Beutel, Vorstandsvorsitzender des im Energie-Risikomanagement tätigen Unternehmens Cameron Hanover. „Der Markt steckt voller Elan, und die magische Zahl liegt nun bei 81 Dollar. Wird diese erreicht, so glauben die meisten Leute, die Preise würden auf 91 Dollar oder noch höher steigen.“ Beutel fügt hinzu, dass laut Prognose einiger Chartanalysen die Preise bis Ende des Jahres auf 110 oder 118 Dollar klettern könnten. Er räumt jedoch ein, dass zum Erreichen einer derartigen Spitze ein einschneidendes Ereignis eintreten müsste, z. B. eine Blockade der Straße von Hormuz, des wichtigsten strategischen Zugangs zu den Ölvorräten des Nahen Ostens, durch den Iran.

Ich bin gespannt. Meine Positionen (ich meine: geäußerte Meinung, Engagements hatte ich keine) war zum Teil richtig (Korrektur und um die Jahreswende erwartetes Ende der Korrektur), zum Teil aber nicht richtig (insgesamt unterschätzte ich die Kraft des Trends und das schnelle Wiedererreichen von ATHs).

Auf der anderen Seite nochmal richtig, dass die Aktien in stabiler Lage waren und Gewinne erzielten sowie als präferierte Investition besser geeignet als etwaige Öl-Investments waren (das Letzte kann man natürlich nicht einfach so behaupten, aber ich meine, die Ölpreis-Entwicklung war doch schwieriger zu handhaben und warf unterm Strich weniger ab als die Aktienmärkte).

Wie auch immer, zu der Immo-Krise gesellt sich also noch eine Sorge. Vor allem die Fähigkeit der Zentralbanken (Fed), die Zinsen zu senken, wird durch hohe Energie-Preise konterkariert . Im Umfeld knapper Liquidität (wir sind nicht soweit, aber das ist die große Gefahr) ist dies überhaupt nicht lustig.

Andererseits, steigender Ölpreis (zumal so wenig “medien-gepusht” wie letztes Jahr) signalisiert doch solide Nachfrage, ergo Wachstum, in der Weltwirtschaft. Das könnte uns freuen. Dies ist auch eine der Fragen von Ed Yardeni: Ob das globale Wachstum, ausgehend von den Emerging Markets, dieses Mal die US-Wirtschaft ausreichend stützen wird?

Das Letztere würde ich auf jeden Fall berücksichtigen, das Erste aber im Moment stärker gewichten. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Zeit der “Vorsicht” vorbei und die Zeit der “Mut” gekommen ist.