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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Inflationsängste (2)

12. November, 2005 · 1 Kommentar

In früheren Zeiten fußte ein großer Teil der Inflation auf strukturellen “Problemen” – sowohl wirtschaftlicher als auch politischer Natur. Dementsprechend, um dem Inflationsdruck zu entgegenen, reagierte die Fed (wie normal und wie jetzt auch) mit Zinsanhebungen. Allerdings in früheren Perioden war es fast nur dadurch möglich die Inflation zu stoppen, indem die Fed durch die Zinssteigerungen die Wirtschaft in die Rezession trieb, oder zumindest so stark die Konjunktur abkühlt, dass es wenigstens zu Rezessionstendenzen kam. Grund dafür sind die benannten strukturellen Unterschiede: die viel stärkere Position der Gewerkschaften (und der damit verbundenen Lohn-Preis-Spirale), die höhere Staatsquote und damit auch niedrigere Konkurrenzintensität (ja, auch in den USA bis in die 80er Jahre), fehlende Produktionskapazitäten in den Entwicklungsländern, und auch ganz wichtig – der Kalte Krieg mit allen Transferzahlungen in die geopolitisch wichtigen Regionen (offiziel, inoffiziell, in Form von Krediten, die jeder weiss, dass sie nie zurückgezahlt werden), um einfach strategische Interessen zu sichern (was durchaus gut und richtig war in Anbetracht der Gefahr, die aus dem kommunistischen Block ausging) etc. Es lassen sich hier noch eine ganze Reihe anderer in diesem Sinne anführen…

Daher das Aufhalten der Inflation ist nur durch sehr hohe Zinsen und letztendlich durch massives Abbremsen der Wirtschaf, sogar Rezession, möglich gewesen.

Seit Reagans Präsidentschaft passiert aber vieles in Amerika und in der Welt, was viele der strukturellen Vorbedingungen für schwer kontrollierbare Inflation abschwächen oder eliminieren. Es wird nicht nur viel für Liberalisieren und Dynamisieren der amerikanischen Wirtschaft gemacht, sondern auch für die “Bewegungsfreiheit” des Kapitals. Seit Anfang der 90er Jahre erhielt dann dieses Kapital (nach meiner Abschätzung) mehr und mehr tatsächliche Möglichkeiten für Investitionen weltweit. Viele Länder haben sich bemüht (und eine Reihe davon recht erfolgreich) bessere Investitionsbedingungen, politische Sicherheit etc. zu schaffen, und entsprechend wuchsen die Produktionskapazitäten und Wirtschaftskraft dieser Länder (Asien und China sind vielleicht die prominentesten Beispiele, aber auch viele osteuropäische Länder, einige Südamerikanische etc.).

Noch 1993-1994 hatten wir eine Situation, die der heutigen sehr ähnlich ist: aufkommende Inflation verursachte steigende Zinsen (Fed und am langen Ende des Kapitalmarktes). Die Börsen reagierten ängstlich auf die Entwicklungen, beführchtend, dass eine Rezession (die aus Erfahrung zu erwarten war) folgen würde. Doch es hat sich gezeigt, dass (diesmal) die amerikanische Wirtschaft nicht in die Rezession abzurutschen braucht, um weiteres Anziehen der Inflation zu vermeiden. Die Wirtschaft kühlte nur etwas ab, was dank besserer struktureller Bedngungen gleich die Inflation im Zaun behielt. Darauf folgte eine der größten Haussen in der Geschichte. Die Situation heute ist ähnlich, doch der einzige und vielleicht nicht ganz unwesentliche Unterschied sind die langrfristigen Zinsen: die sind nämlich seit längerer Zeit zu niedrig.

…to be continued…

Kategorien: Analysen · Gesamtmarkt · Inflation

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1 Kommentar bis jetzt ↓

  • Dieter Wermuths Investment Outlook Juni 2007-06-22 • Börsennotizbuch // 22. Jun, 2007

    [...] In den vergangenen Jahrzehnten war die Unfähigkeit der Schwellenländer, rasch Produktionskapazitäten aufzubauen, einer der wichtigen Treiber der Inflation (mehr dazu in einem alten Beitrag zu Inflation und Inflationsängsten (ja, ja – unverändert aktuell!) vom 12. November 2005). Jetzt ist dies nicht mehr der Fall. Dies stabilisiert die Inflations-Lage ungemein. [...]

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