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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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“Wir sind Zeugen einer Tragödie, die einen festen Platz in den Geschichtsbüchern erhalten wird”

30. September, 2008 · 1 Kommentar

Thomas Müller war in der jetzigen Krise eher optimistisch bzw. erachtete die tieferen Kurse als gute zyklische Einstiegspunkte. So zwischen den Zeilen kann man aber auch bei ihm, angesichts der Ausmaßen, die die Bankenkrise angenommen hat, ein fast ungläubiges Staunen herauslesen. Die Erschütterungen an den Finanzmärkten haben bereits historische Dimensionen angenommen, so wie Thomas Müller es in seiner Kolumne auf boerse.de noch vor dem gestrigen Tag (der selbst Negativrekorde setzte) beschreibt:

Wir sind alle Zeitzeugen (und Leidtragende) einer Tragödie, die einen festen Platz in den Geschichtsbüchern erhalten wird. So werden die nachfolgenden Generationen kaum glauben, dass innerhalb eines halben Jahres von den fünf größten Investmentbanken der USA, drei einfach verschwinden konnten und die beiden verbliebenen ihr Geschäftsmodell ändern. Gleichzeitig waren die beiden dominierenden Hypothekenfinanzierer der USA vollends und die weltgrößte US-Versicherung quasi verstaatlicht worden, während angeblich über 100 kleinere US-Banken auf der Kippe stehen. Das Schlimme:

Durch die beständigen Abwertungen von Immobilien und Finanzanlagen nährt sich die Krise selbst und frisst sich wie ein Wurm durch den Finanzsektor. Dadurch steht völlig offen, welche Institutionen noch in das schwarze Loch hineingezogen werden. Die Horrormeldungen werden so schnell nicht abreißen, wobei es eigentlich – nach menschlichem Ermessen – kaum noch schlimmer werden kann. Wenn aber die Medien rund um den Erdball die Finanzkrise zum dominierenden Titelthema erkoren haben, ist nach unten normalerweise nicht mehr viel möglich.

Markieren wir jetzt also einen mittelfristigen Tiefpunkt?… Schwer zu sagen. Die Situation ist schon außerordentlich — nicht alle Tage stürzen Dax-Konzerne, die größten und ehrwürdigen Adressen des Wall Street Investment Bankings, Großbanken… Eines ist schon fast sicher — die Stimmung wälzt sich am Boden, die Medien posaunen Krise und Crash in die Welt hinaus, alle Investoren sind wach…

Etwas ähneln die Ereignisse dieser Woche den chaotischen Tagen nach dem 11. September 2001. Damals traf das Attentat auf eine bereits sehr angeschlagene, unsichere und nach unten tendierende Börse. Die Reaktion war dementsprechend verheerend. Ähnlich wie gestern.

Kurz darauf fing sich der Markt (nicht zuletzt aufgrund eines wohl enormen technischen Korrekturpotenzials), der Tiefstpunkt war jedoch längst nicht erreicht. Die Überbewertung sowie die schlechten Unternehmensergebnisse und Makro-Daten, die folgten, drückten die Kurse noch tiefer (nicht zu vergessen ist allerdings die äußerste politische Spannung vor dem Irak-Krieg).

Es ist ungewiss, in wie weit der politische Faktor damals die Ursache für die massive Unterschreitung der Tiefs im späteren Verlauf 2002 war (ungefähr ab Mai 2002 begannen die Kurse wieder eindeutig nachzugeben). Im Zweifel sind wir jetzt auch nicht vor einem zusätzlichen politischen Negativeinfluß gefeilt. Dies wäre dann der letzte Schub…

Ein Kauf nach dem 11. September (die Börse blieb damals bis zum 17. zu) war kurzfristig eine Achterbahn — zunächst gewinnbringend, dann schmolzen die Gewinne wieder schnell und gingen in massive Verluste über. Mittelfristig hätte sich die (nervenzehrende) Investition aber doch gelohnt … bis vor kurzem. Denn jetzt sind wir wieder fast dort angelangt, wo wir nach dem 11. September 2001 standen… Verlorene Dekade durch und durch…

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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1 Kommentar bis jetzt ↓

  • decoien // 30. Sep, 2008

    Die Lage an den Börsen hat sich bis heute Mittag stabilisiert. Bevor man sich zu früh über die Entspannung freut, sollte man bedenken, dass die Amerikaner erst in diesen Stunden aufwachen und sich wieder an ihre Handelsplätze setzen. Die politischen Nachrichten aus dem US-Kongress können ab ca. 15 Uhr MESZ wieder für größere Ausschläge sorgen. Es bleibt auf jeden Fall spannend und es kann noch viele weitere positive wie negative Überraschungen geben.
    http://www.blicklog.com/2008/09/30/borsenkrach-panik-sieht-anders-aus/
    Mich überrascht dabei tatsächlich die vermeintliche Stabilität. Angesichts der Ursachen der vergangenen Crash insbesondere 1987 und 1998 denke ich, dass das Desaster diesmal viel größer ist als damals.

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