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Euro-Austritt für Griechenland: Macht das Sinn?

4. März, 2010 · 2 Kommentare

Griechischer Euro
Griechische Euromünze
© EZB, Medienarchiv Wikimedia Commons

Ist zwar von gestern noch, aber auf die harschen Worte von Hans-Werner Sinn müsste ich nochmal hinweisen. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts empfiehlt den Griechen ganz direkt den Austritt aus der Eurozone und die Wiedereinführung der eigenen Währung (Drachme).

Für ihn, so scheint es, wäre dies die einzig gangbare Alternative, möchte die EU den Griechen nicht ständig frisches Geld überweisen. Die hellenischen Defizite und fragile Finanzlage würden den Euro dauerhaft destabilisieren.

Normalerweise — das ist korrekt — wird ein Land in ähnlicher Situation die eigene Währung abwerten bzw. es wird dazu durch das Misstrauen der Finanzmärkte und durch “Gelddrucken” (sprich: weitere Schuldenaufnahme) kommen. Beides führt — in den meisten Fällen — zu Inflation, d.h. zu realer Abwertung, aber nominellen Preissteigerungen.

Innerhalb der Eurozone ist ein solches Vorgehen nicht direkt möglich. Der ökonomischen Logik nach sollte in Griechenland nach wie vor ein Abwertungsprozess stattfinden: Mit dem Euro als Landeswährung aber wird die reale Abwertung notgedrungen über nominelle Anpassungen geschehen müssen. Mit einem Wort: Deflation (und zwar sowohl bei den Löhnen als auch bei den Preisen). Dies ist in der Regel noch schmerzlicher als das Inflationsszenario.

Soweit alles bekannt und wohl auch nachvollziehbar. Sehr strittig bleibt die Frage, wie sich der Austritt eines Landes aus der Währungsunion auf die Stabilität des Euro auswirken wird. Mit seinen Worten hat Herr Sinn bereits selbst substanziell zu einer solchen “Destabilisierung” beigetragen. Auf jeden Fall ist die rein objektive Bedeutung von Griechenland nicht derart groß, dass sie Euro-Kursschwankungen von – sagen wir – 20% rechtfertigen würde. Aber so sind die Währungskurse auch nie zu rechtfertigen. Trends, Psychologie und etliche andere nicht direkt mit der objektiven Sachlage verbundenen Faktoren üben einen viel stärkeren Einfluss. Statt zu stabilisieren kann sich der Austritt als wahnsinnig destabilisierend erweisen. Kann dies überhaupt als Argument angeführt und gehalten werden?

Gefährlicher ist nicht soviel eine durch die griechischen Schwierigkeiten sinkende Stabilität des Euro, sondern die etwaige Finanzmarkterschütterung durch Zahlungsausfälle auf griechische Obligationen und — zusätzlich — die zu erwartenden Schieflagen der (griechischen) Banken.

Zwar könnte Griechenland durch die eigene Drachme Zahlungsausfälle in ebendieser Währung vermeiden, den realen Abwertungsprozess könnte sie ohne Hilfe von der EU nicht besser aufhalten, und das Vertrauen der Finanzmärkte wäre sogar noch schneller zerstört. Ob es dann zu weniger “sozialen Unruhen” kommen würde, ist mindestens fraglich. Und ob sich die EU einen solchen Prozess untätig von außen anschauen würde, ist auch mehr als unsicher. Letztendlich wird es darauf hinauslaufen, dass man Griechenland auch aus der Europäischen Union werfen müsste…

Zwischen den Alternativen die Herr Sinn als ein Entweder-Oder darstellt, und zwar “Griechenland dauernd Geld schenken” (“Fass ohne Boden”) oder “Griechenland verlässt die Eurozone”, gibt es noch reichlich Spielraum für mittelfristige Neugestaltung der Euro-Finanzen. Hier werden die Staaten etwas mehr Kompetenzen an gemeinsame Institutionen abtreten und die “Hülle” Gemeinschaftswährung mit mehr politischem “Inhalt” füllen müssen: in Sachen Reporting, Anleihe-Emissionen (Euro-Bonds), Wirtschaftspolitik…

Denn ein politischer Krach wie der Austritt aus dem Euro wird mit allen Mitteln verhindert werden. Und wenn Hans-Werner Sinn doch Recht haben soll mit seinem “Entweder-Oder”, dann scheint mir die Route vorgezeichnet: Geld schenken.

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2 Kommentare bis jetzt ↓

  • Griechenland-Wetten • Börsennotizbuch // 4. Mrz, 2010

    [...] ich es richtig interpretiere, sieht auch egghat Spielraum zwischen “Werft sie raus” und “Helfen ohne Ende”: “Die Griechen haben ein sehr ineffizientes Steuersystem. Allein eine Reduzierung der [...]

  • Torsten von finanzkraft.de // 5. Mrz, 2010

    Würde Griechenland aus der EU rausgeworfen oder vom Euro ausgeschlossen, hätten wir doch einen ganz grundsätzlichen Konflikt im politischen Sinne: ist nicht die europäische Einigung insgesamt Leitgedanke der EU bzw. des Euro? Klar, kurzfristig geht es hier um wirtschaftliche Interessen. Aber visionär steecken da doch ganz andere Zielrichtungen hinter: Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte ein Europa der Völkerverständigung mit stabilen Nationen erschaffen werden, auch um zukünftige Kriege zu vermeiden.

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