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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Die grünsten “green shoots” sind die gestiegenen Börsen

25. Mai, 2009 · 3 Kommentare

Look Back

Die beeindruckende Börsenrally, die Anfang März begann, ist immer noch nicht zu Ende, auch wenn die großen Indizes im Westen langsam auf Widerstände zu stoßen scheinen. Oder irre ich mich?

Wenn man sich die Charts anschaut, so hat sich an der Wall Street etwas wie ein kleines Plateau (S&P 500, Dow Jones) gebildet, aber in Europa halten sich sowohl der deutsche Dax als auch der Eurostoxx 50 immer noch in einem “intakten, aufwärts gerichteten Trendkanal”.

Indes haussieren die asiatischen Börsen regelrecht (mit Ausnahme des japanischen NIKKEI, der zwar steigt, aber nicht so fulminant). Die Aktien in China, Indien, Malaysia, Taiwan und in anderen aufstrebenden Ländern der Region sind seit Anfang des Jahres bereits um bis zu 40 Prozent (teilweise sogar mehr) gestiegen. (Die Wahlen in Indien haben letzte Woche gewiss gute Unterstützung geleistet, aber nur der indische Sensex 30 verdankt eine zweistellige Prozentzahl der Performance dem Anstieg von letzter Woche, genauer: +14,1%).

Der alte Börsenspruch “Sell in May and stay away” war bis hierher kein guter Ratschlag. Der Mai war schon recht positiv, und – wer weiß – vielleicht stehen die Chancen für eine “Sommerrally” gar nicht so schlecht — bevor alle in die Ferien fahren und die Börsenaktivität (wie üblich) im Juli / August abflaut?…

Diese robuste Performance findet nach wie vor in einem an sich ungünstigen Nachrichtenumfeld statt.

Denn auch die News der letzten Woche können nur mit viel Wohlwollen als gemischt bezeichnet werden. Eigentlich ist es wie gewohnt: Die harten Fakten sind negativ, die etwaigen positiven Anzeichen kommen von Indikationen für eine “Verlangsamung des Absturz-Tempo” und/oder von Stimmungsumfragen.

Nichtsdestotrotz: Die typische Wende nach einem Ausverkauf sieht prinzipiell genauso aus. Das heißt natürlich nicht, dass es sich hier unbedingt um eine Wende handelt, aber die Zweifel an der Nachhaltigkeit damit zu begründen, dass die “qualitativ schlechteren” Aktien (und Märkte?, vgl. David Rosenberg in den Linktipps) viel stärker steigen als die etablierten, oder dass die Realwirtschaft noch keine faktische Besserung gezeigt hat, ist nicht “richtig” (vgl. Zuerst wird sich die Börse erholen, und dann werden die Probleme schwinden).

Man kann sehr wohl Zweifel haben, aber die Begründung muss anders lauten. Vor allem müssen die Konjunkturzweifel in diesem Kontext deutlich weiter gehen als der momentane Konsens. Die Börse weiß es nicht, aber sie spekuliert auf eine baldige Wende bzw. auf einen nahen Boden in der Realwirtschaft (und — in unsrer Situation wichtig — auch bei den Banken). Die Börse meint nicht, dass der Boden bereits erreicht ist, sondern dass es in den nächsten Monaten soweit sein kann/wird.

Das ist eine wichtige Differenzierung, die ich häufig bei den Kommentatoren vermisse. Man darf sich nicht wundern, dass die Kurse noch während der Rezession steigen. Und man soll nicht – noch nicht – nach einer Bestätigung aus der “realen Wirtschaft” suchen. Grundsätzlich muss man mit der Wendung “reale Wirtschaft” vorsichtig umgehen. Dort ist nämlich nicht so viel wirklich “real” wie man vermutet. Selbst die “gegenständlichsten” Produktionen, Waren und Prozesse haben abstrakte Komponenten, wenn es um deren Bewertung, Finanzierung, ja sogar Notwendigkeit geht.

Und umgekehrt: Die Börse, die in vielerlei Hinsicht abstrakt und von der “realen” Wirtschaft entfernt scheint, kann auch von sich aus harte Fakten schaffen. So sind die gestiegenen Börsen die grünsten “green shoots” soweit. Und das ist auch nicht zu unterschätzen.

Kategorien: Frontpage · Gesamtmarkt

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