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Börsennotizbuch

Ein seriöses, aber lockeres Gespräch über die Börse
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Roland Leuschel und der Börsencrash von 1987

4. Juli, 2007 · 6 Kommentare

Vor einiger Zeit habe ich einen Beitrag über Roland Leuschel geschrieben, in dem ich – milde gesagt – seine Prognose- und Analyse-Qualitäten angezweifelt habe. Hintergrund war und ist, dass Herr Leuschel mit einigen Artikeln erneut in den Medien Crash-Warnungen ausspricht (z.B. “Crash-Prophet warnt vor tiefem Fall” neulich bei der Welt oder etwas früher dieses Jahr “Stimmung erinnert an 1987 und 2000″ bei der Süddeutschen Zeitung).

Weiterer Hintergrund ist es, dass Roland Leuschel damals den Börsencrash von 1987 richtig vorausgesagt haben soll.

Und hierzu wollte ich noch ein paar Worte loswerden.

Was ich also noch anmerken wollte, ist eigentlich, dass unter Umständen das richtige Voraussagen des Oktober-Crashs in 1987 ziemlich egal ist (wie gesagt: unter Umständen, also wohl nicht für den, der nahe am Hoch in engen Long-Positionen, gehebelt oder auf Kredit eingestiegen ist).

Für einen mittel- bis langfristigen Investor war die (zugegeben – richtige) Voraussage von keinem besonderem Nutzen. Nur etwa 12 Monate danach waren die Kurse auf dem Niveau, auf dem theoretisch Verkäufe getätigt werden sollten, 24 Monate später – neue ATHs. Selbstverständlich hätte man auch dicke gewinnen können, aber ich bezweifle, dass Herr Leuschel drei Tage nach dem Crash zum Kaufen gerufen hat (die Kurse erreichten den Tiefpunkt und waren nie wieder billiger zu haben) – wohl eher, dass er nun das totale “Abschmieren” der US-Börse und der US-Wirtschaft in Aussicht gestellt hat…

Im nachhinein ist leicht Reden, aber die Wahrheit und die bessere Analyse war wohl eher, dass sich die Börse in einem starken Aufwärtstrend befindet, dass mächtige fundamentale Faktoren die Weltwirtschaft und die Kurse nach oben treiben und dass – ja! – 1987 die Entwicklung schon etwas zu heiß gelaufen ist, so dass man mit Käufen und Risiko behutsam umgehen soll (wohl hier und da was verkaufen), aber dass die Aktienanlage, insgesamt und bei einem längeren Anlagehorizont, sehr sinnvoll erscheint.

Und selbst wenn wir soweit gehen, eine ähnliche Lage wie 1987 festzustellen, würde ich immer noch die obigen Ãœberlegungen anführen. Ich glaube zwar nicht, dass der Bogen in der Art überspannt ist, dass wir einen Crash von 20 Prozent und mehr befürchten sollen, aber auch im Fall der Fälle, könnte Roland Leuschel auf die gleiche Weise richtig und dann doch falsch liegen – nämlich für die Investoren, die das Risiko in ihrem Aktien-Portfolio maßvoll halten und längerfristig denken…

Eins ist aber klar – die Vergangenheit ist leichter zu deuten als die Zukunft…

Kategorien: Analysen · Frontpage · Gesamtmarkt

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6 Kommentare bis jetzt ↓

  • egghat // 4. Jul, 2007

    Kommt der Leuschel noch im Fernsehen? Der konnte immer zu schön Krrrräsh sagen ;-)

    Seine Prognosefähigkeiten sind uaS (unter aller Sau), allerdings muss man auch sagen, dass er konservativ ist. Er hatte immer nur 20 bis 50% Aktien (als er noch bei der Bank war). Und seine Empfehlung in erstklassige Staatsanleihen zu gehen, war damals auch sehr richtig. Und Gold war auch gut. Ich würde mal sagen, dass er eine Rendite erreicht hat, die nahe an die langfristige Aktienrendite kam, aber deutlich weniger Risiko und deutlich mehr Sicherheit hatte. Also soooo schlecht war das nicht. Jetzt, wo er nur noch schreibt, kann man das allerdings kaum noch beurteilen.

    Auf jeden Fall besser als Heiko Thieme, der mit höchstem Risiko miserabelste Renditen eingefahren hat. So schlimm, dass der seinen Fonds dicht machen musste. So endet’s halt mit den Daueroptimisten ;-) ;-)

    Bye egghat

  • Saviano // 4. Jul, 2007

    Wenn das so stimmt (nehme ich an), zeigt es nicht, ob der Dauerpessimist oder der Daueroptimist an sich besser performen. Vielmehr, dass man manchmal trotz richtiger oder falscher Analyse doch gute bzw. miserable Investments machen kann. Leider ist die Börse auch von dieser Seite kompliziert.

    Zum Beispiel sind Leuschels Staatsanleihen (ich unterstelle mal frei “im Sinne eines Crash-Propheten”) nicht deswegen gut gelaufen, weil etwa eine massive Rezession in der Weltwirtschaft ausgebrochen wäre, die Aktien massenweise wertlos geworden etc. pp. – sondern weil dank Prosperität und Stabilität die Inflation über mehrere Jahre stark zurückgegangen ist…

    Und Thiemes Misserfolge sind wohl nicht darauf zurückzuführen, dass er mit einem globalen Wachstum, steigenden Börsen o.ä. gerechnet hat (denn es ist ja tatsächlich so passiert), sondern eventuell auf schlechte Aktienwahl, Portfoliomanagement oder Gott weiß welche anderen Faktoren.

    Im Prinzip hatten die Daueroptimisten in der Börsengeschichte bis jetzt eher die besseren Voraussetzungen, erfolgreich zu werden. Bloß halten – und gut war’s … irgendwann! Die entstandene Rendite ist sicher nicht spektakulär und nicht viel über den langfristigen Staatsanleihen, ist aber trotzdem mit das Beste, was auf solch passive Weise zu erwirtschaften wäre.

  • Ich bin wieder da! • Börsennotizbuch // 30. Okt, 2007

    [...] Zu einer heftigeren Korrektur, gar Crash, wovor uns Roland Leuschel unermüdlich vorbereitet (neulich bei der Welt: Dax und Dow werden sich halbieren), ist es natürlich nie zu spät, aber ich werde eine solche Entwicklung genau so kritisch und offen kommentieren wie das Eintreffen günstigerer Szenarios (die ich für viel wahrscheinlicher halte). [...]

  • Burkhard Kirsch // 21. Feb, 2009

    Leuschel hat doch eine super Prognose hingelegt. Der DAX hat sich halbiert – von 8000 auf 4000…und jetzt prognostiziert er eine nochmalige Halbierung, also 2000 Punkte – und er wird wohl wieder recht haben!

  • Saviano // 23. Feb, 2009

    Und ich prognostiziere eine Verdopplung des Dax — und ich werde auch recht behalten. Und zwar: immer wieder!

    Der Kern des Beitrags lag darin, dass man mit einer “Dauerprognose” an der Börse zwangläufig Recht bekommen wird (solange diese hauptsächlich auf relativer Basis gegeben wird). Leuschel sagte damals, im Jahre 2003, bei Stand 2.000 Punkten noch mal eine Halbierung auf 1.000 voraus, und so immer wieder bis zum Allzeithoch bei über 8.000. Jetzt hat er aber Recht!

  • Leuschels Crash-Warnungen: “Das Timing ist natürlich immer ein Pro­blem”.  • Börsennotizbuch // 4. Feb, 2010

    [...] Roland Leuschel und der Börsencrash von 1987. [...]

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