Lange Zeit ist für mich Roland Leuschel vom “Radarschirm” verschwunden gewesen. Früher schrieb er etwas häufiger Kolumnen, die ich vor allem bei boerse.de lesen konnte. Und immer pessimistisch. Noch 2003 wurde bei jedem Schritt aufwärts, ein baldiges Ende des so genannten “Bear-Market-Rally” angekündigt; dramatische Prophezeiungen wurden gemacht, die den Dax (wenn ich nicht irre) auf neue Tiefs drücken sollten (also unter 2200) und so weiter. Zahlen über Zahlen und Beispiele über Beispiele wie die Märkte zusammenbrechen werden und dass “so was nicht lange andauern kann”.
Dann wurde es stiller. Ich denke, 2005 und 2006 habe ich nichts mehr von Leuschel gehört. Zu stark die Märkte, und allen Gefahren zum Trotz stiegen sie immer weiter.
Jetzt meldet sich der Herr wieder: Die „goldenen Zeiten“ haben gerade erst begonnen…. Mit “goldenen Zeiten” ist natürlich der Goldpreis gemeint, nicht die einmalige Wachstumsstory, die die Welt schreibt und wahrscheinlich noch eine Weile schreiben wird. Der Ton ist etwas milder, trotzdem, wir lesen:
In diesem Sinne glaube ich, das Jahr 2007 wird ein sehr turbulentes und schwieriges an den Finanzmärkten und ich werde das Gefühl nicht los, unser abgeflossenes Jahr 2006 ähnelt dem Jahr 1929, als ebenfalls eine grenzenlose Euphorie die Aktienmärkte erfasste, bis dann im Oktober 1929 der größte Aktiencrash schlagartig die Welt veränderte, eine Welt, die den 30er Jahren in die größte Wirtschaftsdepression aller Zeiten mündete. Aus Vorsicht empfehle ich Ihnen nach wie vor, 15% ihres Vermögens in physischem Gold zu halten, nur solide Aktien-Substanzwerte und den Rest in Money Market Funds, die ihren Schwerpunkt im Euro haben und nicht im Dollar.
Also, so alt ist Roland Leuschel auch wieder nicht, dass er die Stimmung von 1929 wirklich vergleichen kann. Er muss es aus den Büchern wissen. Ich weiß es auch nicht, aber ich kenne zumindest die Stimmung 1999-2000, und die heutige ist definitiv meilenweit davon entfernt.
Ich will jetzt nicht einfach so reden: jeder kann irren, und Herr Leuschel wird sicherlich auch auf eine langjährige Erfahrung an der Börse hinweisen können. Das zählt zweifellos, und ist immer noch besser von einem erfahrenen Börsianer eine Meinung zu hören als von einem 25-jährigen Trader. In der Tat ist die “komfortable” Position unter den Analysten, ein gemäßigtes Wachstum sowohl in der Wirtschaft als auch an der Börse zu prognostizieren. In der Tat häuft sich hier etwas zu viel Konsens an.
Aber die Katastrophengeschichten sollte man nicht glauben. Und auch nicht die “billigen Beispiele” wie “seit 5 Jahren hat sich der Goldpreis von rund 200$ die Feinunze auf über 600$ entwickelt, und diese Entwicklung könnte weiterhin anhalten, wobei ich nicht überrascht wäre, wenn in ein paar Jahren der Goldpreis auf über 6.000$ steigen wird”. In 5 Jahren schnitt der Dax auch nicht schlechter ab…
[Nachtrag]
Ist das nicht schön, ich lese bei yeald.de gerade noch folgendes von Bernd Niquet (Jahresausblick 2007). Nicht der Artikel konkret, sondern die Passagen zu Leuschels Ansichten in 1996, will ich jetzt hervorheben:
Ich erinnere mich daran, als ich im Jahr 1996 mein erstes Buch, “Der Crash der Theorien”, geschrieben habe. Das war in einem Jahr, in dem man sich noch nicht vorstellen konnte, was an den Märkten alles möglich ist. Es war aber das Jahr, in dem Alan Greenspan das berühmte Wort von der “Irrational Exuberance” in den Mund nahm. Damals habe ich das optimistische Szenario von Heiko Thieme und dem pessimistischen von Roland Leuschel gegenübergestellt.
[..]
Interessant sind die damaligen Argumente Leuschels: (1) Eine Börsenkapitalisierung über allen historischen Verhältnissen. (2) Eine Dividendenrendite so niedrig wie zuletzt im Jahr 1929. (3) Eine Einkommensverteilung, deren Ungleichheit der Situation kurz vor dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts entspricht.
Berufspessimismus? Wahrscheinlich war Gold auch damals sein Tipp. Und wenn man konsequent auf die eine Richtung tippt, wird schon eine Prognose irgendwann gelingen. Aber dann doch besser auf Wachstum und steigende Kurse setzten. Das gelingt häufiger…
2 Kommentare bis jetzt ↓
Roland Leuschel und der Börsencrash von 1987 • Börsennotizbuch // 4. Jul, 2007
[...] Vor einiger Zeit habe ich einen Beitrag über Roland Leuschel geschrieben, in dem ich – milde gesagt – seine Prognose- und Analyse-Qualitäten angezweifelt habe. Hintergrund war und ist, dass Herr Leuschel mit einigen Artikeln erneut in den Medien Crash-Warnungen ausspricht (z.B. “Crash-Prophet warnt vor tiefem Fall” neulich bei der Welt oder etwas früher dieses Jahr “Stimmung erinnert an 1987 und 2000″ bei der Süddeutschen Zeitung). [...]
Leuschels Crash-Warnungen: “Das Timing ist natürlich immer ein Problem”. • Börsennotizbuch // 4. Feb, 2010
[...] Leuschel wieder da und wieder pessimistisch. [...]
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